# taz.de -- Osmanen-Gala in Charlottenburg: Monarchisten unter sich | |
> Eine obskure Gala im Schloss Charlottenburg soll an die | |
> „deutsch-osmanische Freundschaft“ erinnern. Nicht alle finden das so | |
> harmlos. | |
Bild: Janitscharen für Berlin: Auch eine osmanische Militärkapelle soll am So… | |
BERLIN taz | Der Preußenkönig Friedrich der Große und der letzte osmanische | |
Sultan Abdülhamid II. sind sich nie begegnet. Das wäre auch schwierig | |
geworden, es lag ja ein gutes Jahrhundert zwischen ihnen, der | |
Osmanenherrscher starb erst 1918. Derzeit aber grüßen die beiden | |
einträchtig von diversen Plakatwänden in U-Bahnhöfen und an Bushaltestellen | |
der Stadt und werben für einen „Kaiserlich-Osmanischen Gala-Abend“ im | |
Schloss Charlottenburg am kommenden Sonntag. | |
Was man sich darunter vorzustellen hat, wollten die Veranstalter Anfang | |
dieser Woche auf einer Pressekonferenz am Gendarmenmarkt lüften. Aber es | |
blieb ein bisschen mysteriös. Der deutsche Islamkonvertit Gerd Rebler – mit | |
osmanischem Fez auf dem Kopf – erklärte, man wolle nur an die „historische | |
Freundschaft“ zwischen Preußen und dem Osmanenreich erinnern – mit | |
klassischer Musik, dem Auftritt einer Janitscharen-Kapelle in historischen | |
Kostümen, Vorträgen von Historikern und einer musikalisch untermalten | |
Sufi-Zeremonie. | |
Rebler ist Vorsitzender einer Deutsch-Osmanischen Gesellschaft, die sich | |
erst vor einem Vierteljahr in Ludwigshafen gegründet hat. Als Partner | |
konnte sie die Preußische Gesellschaft gewinnen, einen Berliner Verein, der | |
seit 1996 existiert. Dessen Mitglieder werfen sich zu besonderen Anlässen | |
auch gern mal in historische Kostüme und Uniformen aus der Preußenzeit. | |
300 Jahre währten die Beziehungen preußischer Herrscher mit osmanischen | |
Sultanen, der Schulterschluss endete vor fast hundert Jahren mit der | |
gemeinsamen Niederlage im Ersten Weltkrieg. Dass hinter der Absicht, die | |
alte Osmanenherrlichkeit wiederaufleben zu lassen, auch der heimliche | |
Wunsch nach einer Rückkehr zur Monarchie stehen könnte, weisen die | |
Veranstalter jedoch weit von sich. Mit dem Spektakel im Charlottenburger | |
Schloss wolle man sich „nur auf die positiven Seiten dieser Geschichte | |
konzentrieren“, so Rebler. „Wir sind kein politischer Verein“, erklärte | |
auch der Vorsitzende der Preußischen Gesellschaft, Volker Tschapke, der | |
sich gleichwohl die Rückkehr zu ein paar „preußischen Tugenden“ wünscht. | |
Dass es sich bei dem Kostümball im Preußenschloss aber nicht nur um eine | |
rein folkloristische Veranstaltung handelt, machte Ayberk Gökcimen klar. In | |
der Sufi-Kluft muslimischer Mystiker gekleidet, im hellen Gewand und mit | |
schwarzer Filzkappe auf dem Kopf, gab sich Gökcimen als Schüler des | |
zypriotischen Sufi-Scheichs Nazim zu erkennen. | |
## Im Namen des Scheichs | |
Der 92-jährige Scheich Nazim ist das charismatische Oberhaupt des | |
Naksibendi-Ordens, einer der ältesten islamischen Bruderschaften überhaupt, | |
er lebt heute in London. Unverkennbar trauert er dem untergegangenen | |
Osmanischen Reich mit seiner islamisch geprägten Gesellschaftsordnung nach. | |
In der Vergangenheit hat er sich mit der Islamischen Gemeinschaft Milli | |
Görüs verbunden gezeigt. Seine Anhänger, unter denen sich viele deutsche | |
Konvertiten befinden, betreiben hierzulande Zentren in der Eifel, in | |
Freiburg und Neukölln. Sie konzentrieren sich auf religiöse | |
Brauchtumspflege, propagieren religiöse Rituale und Naturmedizin. Kritiker | |
halten sie für eine missionarische Sekte und vergleichen sie mit | |
deutsch-völkischen und rechts-esoterischen Kreisen. | |
Das Berliner Schloss-Event dient dieser Gruppe jetzt nicht zuletzt zur | |
Eigenwerbung. Bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten verweist man | |
an die Agentur, die für die Vermietung der Orangerie zuständig ist. Dort | |
wollte sich gegenüber der taz aber niemand dazu äußern, warum man die | |
Veranstaltung offensichtlich unbedenklich findet. | |
Denn nicht alle finden sie so harmlos. Besonders sauer stößt manchen die | |
Idee der Veranstalter auf, ausgerechnet den letzten Sultan, Abdülhamid II., | |
auf das Plakat zu hieven. In dessen Amtszeit fielen Anfang des 20. | |
Jahrhunderts die berüchtigten Massaker und Deportationen, denen zwischen | |
einer halben und eineinhalb Millionen Armenier zum Opfer gefallen sein | |
sollen. Der Verein Arbeitsgruppe Anerkennung ruft deshalb am Sonntag zu | |
einer Mahnwache vor dem Schloss Charlottenburg auf – zur Erinnerung an den | |
Völkermord und gegen die „Verklärung des feudalen Osmanenstaats“. | |
21 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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