| # taz.de -- Asyl: Flucht nach vorn | |
| > Nach dem Toten in der Gerhart-Hauptmann-Schule will das Bezirksamt das | |
| > besetzte Haus schnell leer haben. Wohin die Flüchtlinge sollen, bleibt | |
| > offen. | |
| Bild: Noch im Widerstand, aber Bezirk will Ende des besetzten Schulareals | |
| Alle BewohnerInnen der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule | |
| sollen baldmöglichst aus dem Gebäude ausziehen. Das hat das Bezirksamt | |
| Friedrichshain-Kreuzberg bei einer Sitzung am Sonntagabend beschlossen und | |
| den HausbesetzerInnen am Montagabend mitgeteilt. Anlass für die Sitzung war | |
| der gewaltsame Tod eines 29-jährigen Flüchtlings am Freitag nach einer | |
| Messerstecherei auf dem Schulgelände. | |
| Voraussetzung für die Versorgung mit alternativen Unterbringungsplätzen ist | |
| die vorherige Registrierung jedes Flüchtlings. „Nur wer registriert ist, | |
| wird eine alternative Unterkunft erhalten“, heißt es in dem Schreiben des | |
| Bezirksamtes an die Hausbewohner. Dies hatten viele der Flüchtlinge in der | |
| seit Dezember 2012 besetzten Schule bislang abgelehnt. Das Haus soll danach | |
| wie geplant zu einem Flüchtlingszentrum umgebaut werden, in dem neben | |
| Beratungsangeboten auch Wohnmöglichkeiten für maximal 70 Flüchtlinge mit | |
| ungeklärtem Status bestehen. | |
| An der Planung des Flüchtlingszentrums soll laut Bezirk eine „Delegation | |
| der Flüchtlinge (maximal zehn Personen) im Rahmen einer Arbeitsgruppe | |
| ’Gestaltung des zukünftigen Wohnraums‘“ beteiligt werden. Zudem soll in | |
| einem zuvor umgebauten, der Schule vorgelagerten Pavillon eine „Baugruppe“ | |
| von maximal 35 Personen während der Umbauarbeiten im Haupthaus verbleiben | |
| können. „Bestenfalls sollten diese Bauhandwerker sein“, schreibt das | |
| Bezirksamt. Für ebenfalls in der Schule lebende Romafamilien sucht der | |
| Bezirk derzeit nach Wohnungen. | |
| Wohin und wann die Umzüge stattfinden werden, schreibt das Amt nicht. Der | |
| Bezirk warte dazu auf ein entsprechendes Angebot von Gesundheitssenator | |
| Mario Czaja (CDU), heißt es dazu nur. Auch, was mit BewohnerInnen passieren | |
| soll, die sich nicht registrieren lassen wollen, geht aus dem Schreiben | |
| nicht hervor. | |
| Ein Unterstützer der Flüchtlinge, der anonym bleiben möchte, empfindet den | |
| daraus resultierenden Zwang zur Registrierung als „sehr problematisch“. Er | |
| sei „ein Versuch des Bezirks, die Bewohner der Schule in zwei Gruppen zu | |
| spalten“. Manche Flüchtlinge hätten schlichtweg Angst vor der Abschiebung, | |
| die ihnen drohen könne, wenn sie sich registrieren ließen. Die Flüchtlinge | |
| mit der Registrierung „unter Druck zu setzen“ und denen, die sich | |
| weigerten, mangelnde Kooperation vorzuwerfen, sei „unerhört“. | |
| Für BewohnerInnen der besetzten Schule, die sich der Registrierung | |
| weiterhin verweigerten, gebe es keine alternative Unterbringung, bestätigt | |
| Sascha Langenbach, Sprecher des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg. Wer | |
| sich nicht registrieren lasse, wähle damit „für sich einen anderen Weg“. | |
| Doch auch für die Flüchtlinge in der Schule, die der Registrierung | |
| zustimmen, gibt es derzeit gar keine Möglichkeit dafür, bestätigt der | |
| Sprecher der zuständigen Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und | |
| Frauen, Mathias Gille. Eine Koordinierungsgruppe aus VertreterInnen der | |
| Senatsverwaltungen für Integration, Gesundheit und Inneres, der kirchlichen | |
| Sozialwerke und des Bezirks arbeite derzeit noch an der Entwicklung eines | |
| praktikablen Registrierungsverfahrens. | |
| Ende vergangener Woche hatte Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) in einem | |
| Zeitungsinterview eine alternative Unterbringungsmöglichkeit in Aussicht | |
| gestellt, sobald Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) die Registrierung | |
| der Flüchtlinge abgeschlossen hätte. Kolat wiederum hatte einen Tag später | |
| verkündet, man werde erst dann auf die Flüchtlinge zugehen, wenn Czaja eine | |
| geeignete Unterkunft bereitstellen würde. | |
| Einen Widerspruch sieht Kolats Sprecher Gille in diesen Äußerungen nicht: | |
| Die Verwaltungen arbeiteten eben „Hand in Hand“, sagte er der taz. | |
| 29 Apr 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| M. Mayr | |
| A. Wierth | |
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