# taz.de -- Kampf für Hotel-Angestellte: Mit Postern gegen Lohndumping | |
> Drei Euro die Stunde sind nicht genug: Der Hotel- und Gaststättenverband | |
> Dehoga will Hotel-Zimmermädchen in Hamburg über ihre Rechte aufklären – | |
> mit einer Plakatkampagne. Die ersten 30 von 150 betroffenen Häusern | |
> wollen mitmachen. | |
Bild: Hätte Anspruch auf 9,31 Euro pro Stunde, weiß das aber nicht unbedingt:… | |
HAMBURG taz | Drei Euro Stundenlohn sind für Zimmermädchen keine | |
Seltenheit. In Hamburg will die Hotelbranche ihre Reinigungskräfte jetzt | |
mit Plakaten über faire Arbeitsbedingungen informieren. Die Kampagne ist | |
ein Gemeinschaftsprojekt des Hamburger Hotel- und Gaststättenverbands | |
Dehoga und der Beratungsstelle Arbeit und Leben. 30 von knapp 150 Hotels, | |
die externe Reinigungsfirmen beschäftigen, hängen die Plakate auf. Außerdem | |
wollen sie den Mitarbeitern der Beratungsstelle die Türen öffnen, damit | |
diese direkt mit den Betroffenen sprechen können. | |
Ziel ist es, die Zimmermädchen, die nicht von den Hotels, sondern von | |
externen Reinigungsfirmen beschäftigt werden, über ihre Rechte zu | |
aufzuklären. Denn nicht alle wissen, dass ihnen ein Tariflohn von 9,31 Euro | |
pro Stunde, die Auszahlung als Stundenlohn statt einer Provision für die | |
Anzahl gereinigter Zimmer und eine Vergütung von Überstunden zusteht. | |
So will es das Arbeitsgesetz, die Realität sieht aber häufig anders aus: | |
Zimmermädchen putzen für drei Euro die Stunde, Überstunden werden nicht | |
ausbezahlt und Wartezeit nicht als Arbeitszeit gerechnet. Öffentlich wurden | |
diese Arbeitsverhältnisse 2007 mit dem Fall von Antonia H., die im | |
Hamburger Dorint Hotel für einen durchschnittlichen Bruttolohn von 2,46 | |
Euro gearbeitet hat. | |
Seither scheint sich die Hotelbranche um eine Verbesserung der Zustände zu | |
bemühen: „In den letzten Jahren haben die Hotels systematisch die | |
Abrechnungen der Reinigungsfirmen überprüft“, sagt Niklaus Kaiser von | |
Rosenburg, Vizepräsident des Dehoga. | |
Die Situation habe sich aber verbessert und bei Unregelmäßigkeiten wurden | |
Verträge gekündigt. „Vor allem ist das Bewusstsein seitens der Hotels dafür | |
gewachsen, dass ausgehandelte Konditionen nicht immer eingehalten werden“, | |
sagt von Rosenburg. | |
Nicht ganz so positiv fällt Rüdiger Winters Bilanz aus. Er ist | |
Projektleiter für mobile europäische Arbeiterinnen bei der Beratungsstelle | |
Arbeit und Leben in Hamburg, die die Idee mit den Plakaten ins Leben | |
gerufen hat. „Hotels, die sich tatsächlich um eine Verbesserung der | |
Situation kümmern, sind in der Minderzahl“, sagt Winter. | |
Bei rund 80 Prozent der Häuser sehe er nach wie vor großen Handlungsbedarf. | |
Auch gebe es laut Winter immer wieder Hinweise darauf, dass die | |
Verantwortlichen in den Hotels über die schlechte Bezahlung der externen | |
Reinigungskräfte Bescheid wissen – sich darum aber nicht scheren. | |
Seit die Beratungsstelle Arbeit und Leben 2012 gegründet wurde, haben sich | |
600 Betroffene mit Beschwerden über ihre Arbeitgeber gemeldet. Mit diesem | |
Umfang hat Winter nicht gerechnet. Er nimmt an, dass das nur die Spitze des | |
Eisbergs ist. | |
In der Gebäudereinigungsbranche werden laut der Interessengewerkschaft Bau, | |
Agrar, Umwelt (IG BAU) neben der Baubranche die meisten Verstöße gegen das | |
Arbeitsgesetz registriert. „Die meisten Reinigungskräfte sind Migranten, | |
oft ohne Aufenthaltsbewilligung“, sagt Jörn Förster von der Gewerkschaft. | |
Viele meldeten sich aber nicht, aus Angst, die Stelle zu verlieren. | |
Das Problem gibt es nicht nur in Hamburg. In Niedersachsen sind es die | |
Kurhäuser, in denen Zimmermädchen von Reinigungsfirmen zu einem Hungerlohn | |
putzen. Hier funktioniert die Ausbeutung nach dem Prinzip Leistungsvorgabe: | |
Für die Reinigung eines frei gewordenen Zimmers rechnen die Firmen zwölf | |
Minuten. | |
Danach richtet sich der Lohn, Wartezeiten werden nicht mitgerechnet. „Die | |
Kurhäuser kümmert das nicht“, sagt Andrea Wüstefeld von der IG BAU | |
Niedersachsen. Ihrer Meinung nach müsste das Zollamt strenger | |
kontrollieren. Aber ohne Beweise könne auch das Zollamt nichts machen. „Und | |
die Frauen haben Angst, ihre Stelle zu verlieren, wenn sie ihre Arbeitgeber | |
anzeigen.“ | |
7 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Meret Michel | |
## TAGS | |
Lohndumping | |
Kampagne | |
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