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# taz.de -- Bürgermeisterwahl in Papenburg: Kampf gegen bayerische Verhältnis…
> Nicht zum ersten Mal versucht Nikolaus Schütte zur Wick, die emsländische
> CDU-Herrschaft ins Wanken zu bringen: Er möchte Bürgermeister von
> Papenburg werden.
Bild: Emsländischer Bollerkopp, der es mit der CDU aufnimmt: Nikolaus Schütte…
BREMEN taz | Es ist recht unwahrscheinlich, dass Nikolaus Schütte zur Wick
am 25. Mai Bürgermeister seiner Heimatstadt Papenburg wird, aber eines
steht fest: Seine Kandidatur ist ernst gemeint und nicht nur „Spaß am
Widerstand“, wie es die örtliche Presse behauptet – und sie sorgt für Wind
an der Meyer Werft. Realistischer als bei den Kommunalwahlen vor drei
Jahren sind seine Chancen jedenfalls; damals ist Schütte zur Wick als
grüner Landratskandidat fürs Emsland angetreten.
Die Ergebnisse in seinem Wahlkreis waren mit 30 Prozent damals sehr
respektabel, insgesamt erhielt der glatzköpfige Zwei-Meter-Mann allerdings
nur etwas mehr als elf Prozent – sein CDU-Mitbewerber siegte mit rund 70
Prozent. Trotzdem: Mit viel Beharrlichkeit hat sich Schütte zur Wick im
christdemokratisch-katholischen Landkreis Respekt verschafft: Bei der
letzten Bürgermeisterwahl in seiner Heimatstadt im Jahr 2006 lag er mit 4,5
Prozent der Stimmen noch abgeschlagen hinter seinen Mitbewerbern. Gewonnen
hat Jan-Peter Bechtluft (CDU).
Bechtluft tritt nun erneut an und mit ihm sein Vize Jürgen Broer (SPD), auf
dessen Homepage es auch jetzt, drei Wochen vor der Wahl, noch heißt: „Mein
Programm als Bürgermeister von Papenburg mag noch Lücken aufweisen –
sprechen Sie mit mir, machen Sie Anregungen, ich freue mich auf einen
Dialog. Gerne bin ich bereit, dann mit Ihren Anregungen auch konstruktiv
umzugehen.“ Aber auch ein lückenhaftes Programm sucht man dort vergeblich.
„Bei einer Podiumsdiskussion sagte Broer neulich, es sei sein
Herzenswunsch, Bürgermeister von Papenburg zu werden – Inhalte hatte er
nicht vorzubringen“, sagt Schütte zur Wick. Der Sozialdemokrat kandidiere
in schönster Eintracht mit Bechtluft – nicht gegen ihn: „Broer ist der
ideale Kandidat für die CDU.“ Schütte zur Wick hat das Gefühl, seinen
Mitbewerbern ginge es einzig darum, dass er nicht gewählt würde: „Ein
Wahlerfolg von mir wäre für die beiden das Gleiche als würde in Papenburg
plötzlich die Sonne nicht mehr scheinen.“
Schütte zur Wick hat seine Kandidatur erst eine Woche vor Ende der
Bewerbungsfrist bekannt gegeben, „weil ich keine Kapazitäten und auch keine
Zeit für einen langen Wahlkampf habe – ich mag es eher kurz und knackig“,
sagt er. Seither haut der Grüne stakkatoartig seine Pläne für Papenburg in
die Welt hinaus: Eigene Stadtwerke, Samstagsöffnung des Bürgerbüros,
schnellere Bearbeitung von Bauanträgen, einen eigenen Wirtschaftsförderer
für die Stadt, eigene Stadtwerke, eigenes Fernwärmenetz, bessere
Jugendförderung, schnelleres Internet, Verbesserung der Naturräume,
Einrichtung eines Fachhochschul-Standorts, „und interessanterweise haben
die beiden anderen Kandidaten die eine oder andere Idee von mir bereits
übernommen“, sagt Schütte zur Wick. „Ich habe das Gefühl, die sind jetzt
erst wach geworden.“
Kein Wunder, denn der Riese ist nicht nur optisch auffällig sondern auch
laut, ein emsländischer Bollerkopp, der es in der Vergangenheit als
einziger Kreistags-Abgeordneter mit dem cholerischen Ex-Landrat Hermann
Bröring (CDU) aufnehmen konnte. Seine Art kommt auch bei vielen Emsländern
an, für die Grün gleichbedeutend ist für Gottlosigkeit.
Das mag daran liegen, dass Schütte zur Wick gelernter Landwirt ist und
einst selbst CDU-Mitglied war, ganz weit vorn bei der Jungen Union: „Da war
ich auch schon ziemlich schräg, hab als einziger einen Irokesenschnitt
getragen.“ Zu den Grünen ist er gegangen, weil ihm die emsländische CDU zu
konservativ war: „Das sind bayrische Verhältnisse hier.“ Allerdings: „In
die Kirche geh’ ich sonntags auch – bloß mach ich danach nicht mein Kreuz
bei der CDU.“
Wirklich heikle Themen wie der Standort der Meyer Werft sind für Schütte
zur Wick freilich kein Diskussionsthema, wenngleich ihm bewusst ist, welche
Schäden die Ems durch den Kreuzfahrtschiffbauer bereits erlitten hat: „Die
Werft ist als Wirtschaftsstandort für die gesamte Region unverzichtbar,
aber ich möchte, dass sie sich künftig finanziell beteiligt am Erhalt und
an der Renaturierung der Ems.“ Und er will Druck machen in Sachen
Werkvertragsarbeiter: „Ich erkenne bei der Meyer Werft den Willen zu
positiven Änderungen, aber bis heute gibt es noch keine zertifizierten
Wohnungen für die Leiharbeiter – und daran ist die Stadt Papenburg Schuld“,
sagt er.
Schütte zur Wick, der gerade einen Kino-Wahlwerbespot gedreht hat, will im
Falle seines Wahlsiegs auf monatlich tausend Euro Gehalt verzichten und das
Geld einem Jugendparlament mit Jugendbürgermeister zur Verfügung stellen.
Und: „Ich werde als Bürgermeister meine Parteizugehörigkeit ruhen lassen,
weil ich für alle gleichermaßen offen sein will.“ Ein bisschen Kalkül räu…
er dabei ein: „Es gibt Ratsmitglieder anderer Parteien, von denen ich weiß,
dass sie mich dann auch unterstützen würden.“ Ob das reichen wird, ist
fraglich, das sagt auch der Kandidat selbst: „Aber selbst in Bayern hat die
CSU ja schon einmal ihre absolute Mehrheit verloren.“
9 May 2014
## AUTOREN
Simone Schnase
Simone Schnase
## TAGS
Bürgermeisterwahl
Emsland
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