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# taz.de -- Alleinerziehende: Bittere Bilanz
> Die Arbeitnehmerkammer fordert die Wiederbelebung des „Netzwerks für
> Alleinerziehende“. Die sind bundesweit nirgends so schlecht gestellt wie
> in Bremen.
Bild: Nur in Berlin leben anteilig noch mehr Alleinerziehende als in Bremen.
Die Hälfte aller alleinerziehenden BremerInnen ist auf Grundsicherung, also
Hartz IV, angewiesen, zwei Drittel von ihnen haben keine abgeschlossene
Berufsausbildung. Das ist deutschlandweit die schlechteste Quote. Diese
bittere Bilanz hat die Arbeitnehmerkammer in ihrem neuen Info-Papier
„Kammer Kompakt“ zusammengefasst.
Dabei erscheint die Erwerbstätigen-Quote der Alleinerziehenden, von denen
fast 90 Prozent Frauen sind, mit 65 Prozent auf den ersten Blick recht
hoch: Bei den Bremerinnen liegt sie insgesamt bei nur 42 Prozent. „Aber
viele Alleinerziehende arbeiten in Teilzeit und sind auf aufstockende Hilfe
zum Lebensunterhalt angewiesen“, sagt Ingo Schierenbeck, Geschäftsführer
der Arbeitnehmerkammer. Und: Im Bundesvergleich ist die Erwerbstätigenquote
von alleinerziehenden BremerInnen eine der niedrigsten, ihr Anteil an allen
Bremer Arbeitslosen ist mit elf Prozent der höchste Wert deutschlandweit.
Alleinerziehende sind in Bremen im Schnitt knapp zwei Jahre arbeitslos
gemeldet – auch das ist ein bundesweiter Spitzenwert.
„Dabei handelt es sich bei den Alleinerziehenden nicht um eine Randgruppe“,
sagt Schierenbeck. Ihr Anteil an den Bremer Familien mit Kindern unter 18
Jahren liegt bei 28,7 Prozent. In Zahlen sind das 28.000, davon 3.000
Väter. Nur Berlin hat mit 31,1 Prozent eine höhere Quote. Jede vierte
Bremer Familie mit minderjährigen Kindern ist eine Einelternfamilie – im
Bundesdurchschnitt ist es jede fünfte.
Esther Schröder, Referentin für Gleichstellungspolitik, die das fünfseitige
Papier zum Thema „Alleinerziehende“ erstellt hat, fordert eine
Berufsbildungsoffensive: „Bei Arbeitgebern und auch beim Jobcenter herrscht
das Vorurteil von Alleinerziehenden als überforderte Randgruppe – dabei ist
das Gegenteil der Fall.“ Das zeige deren hohe Erwerbstätigenquote und
Belastbarkeit; Alleinerziehende müssen nicht nur ihren Job, sondern auch
Kinder und Haushalt ohne Unterstützung bewältigen. „Es gibt aber erhebliche
Defizite in der Berufsbildung und Mangel an maßgeschneiderten
Stellenangeboten“, so Schröder. Neben fehlenden
Kinderbetreuungsmöglichkeiten zeige sich das in unflexiblen Arbeitszeiten
und der Weigerung von Unternehmen und Bildungsträgern, Ausbildungen in
Teilzeit anzubieten. „Hier sind auch die Handwerks- und Handelskammern
gefragt“, sagt Schierenbeck.
Sowohl er als auch Esther Schröder fordern die Reaktivierung des
landesweiten „Netzwerks für Alleinerziehende“: „Das ist leider
eingeschlafen, nachdem 2013 die EU-Förderung für das Projekt ausgelaufen
ist“, sagt Schröder. Lediglich in Bremerhaven sei es gelungen, das Netzwerk
weiterzuführen. Dabei habe es Modellprojekte für Teilzeit-Ausbildungen
angestoßen und eine Broschüre zum Thema „Berufsabschluss für
Alleinerziehende“ ausgearbeitet: „Das Netzwerk hat ein Bewusstsein für die
Lebenssituation Alleinerziehender geschaffen“, sagt Schierenbeck. Die
Kammern und die Politik müssten gemeinsam an einen Tisch, „und die
Koordination sollte jemand aus einer senatorischen Behörde übernehmen“.
Nicht ohne Grund hat die Arbeitnehmerkammer gerade jetzt die Bilanz
präsentiert: Am morgigen Dienstag ist bundesweiter „Aktionstag für
Familien“, an dem sich auch das „Bremer Bündnis für Familie“ beteiligt,…
unter der Schirmherrschaft von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Die Grünen)
Unternehmen und Institutionen für ihr familienfreundliches Engagement
auszeichnen wird. „Es scheint aber, als seien hier nicht gerade Familien
mit nur einem Elternteil gemeint“, sagt Schierenbeck – sonst sähe die
Situation Bremer Alleinerziehender wohl besser aus.
11 May 2014
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Alleinerziehende
Teilzeitarbeit
Ausbildung
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