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# taz.de -- Wohnen: Berlin ist nicht ganz dicht
> In der Stadt gibt es immer noch Flächen für 220.000 neue Wohnungen. Zum
> Vergleich: Auf dem Tempelhofer Feld sollten nur 4.700 entstehen.
Bild: Hier ist noch was frei
Bis zum 25. Mai 2014 hatte man in Berlin das Gefühl, nur mit der geplanten
Randbebauung auf dem Tempelhofer Feld wäre der Wohnungsmangel in der Stadt
in den Griff zu kriegen. Der Senat hatte einen „Masterplan“ für die 4.700
neuen Wohnungen auf dem ehemaligen Flughafenareal vorgelegt, und
Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) wurde nicht müde zu betonen,
dass der Masterplan „das richtige Instrument ist“, der Wohnungsknappheit
und Gentrifizierung in Berlin zu begegnen.
Seit dem Volksentscheid vom 25. Mai ist das Tempelhofer Feld als Fläche für
zukünftigen Wohnungsbau Geschichte. Dass dies einen „Stillstand“ beim
Wohnungsneubau zur Folge hat, wie manche behaupten, ist schon darum
abwegig, weil doch kräftig in diesen Sektor investiert wird: 16.000
Baugenehmigungen in Berlin, lautet die Prognose für das laufende Jahr 2014.
Zudem gibt es in der Stadt genügend Bauland und „Flächenreserven für bis zu
20.000 Wohnungen etwa auf umgewandelten Gewerbe-, Bahn- oder
Kasernenflächen“, wie Senatsbaudirektorin Regula Lüscher bereits vor dem
Streit ums Tempelhofer Feld eingeräumt hat.
## 25 große Neubaugebiete
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Die entscheidende Rolle aber wird in den kommenden 10 bis 15 Jahren der
„Stadtentwicklungsplan Wohnen“ (Step Wohnen) der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung spielen. Auf der Grundlage, dass die Stadt bis 2030 einen
Zuwachs von 254.000 Neuberlinern erwartet, haben die Bauverwaltung, die
Bezirke sowie die Verbände der Wohnungswirtschaft und der Mieterverein seit
zwei Jahren an der Aufstellung des neuen Stadtentwicklungsplans gearbeitet
und diesen jetzt aktualisiert.
Insgesamt [1][25 große Neubaugebiete] (Karte als PDF) für 220.000 neue
Wohnungen listet der neue Step Wohnen für „kurz- und mittelfristige“
Wohnungsbauprojekte auf; darunter die umfangreichsten in Spandau, Mitte,
Steglitz-Zehlendorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg und Pankow.
Hinzu kommen einige Dutzend kleinere Flächen. Unumstritten ist der Plan
nicht. Kritiker wie Reiner Wild vom Mieterverein meinen, dass das
Instrument allein nicht ausreicht, bezahlbares Wohnen in der Innenstadt zu
garantieren.
Der Senat drückt aber auf die Tube: „Der Step Wohnen ist im Senat
beschlossen worden und wird derzeit vom Rat der Bürgermeister geprüft“,
sagt Daniela Augenstein, Sprecherin des Bausenators, zur taz. Noch vor der
Sommerpause soll die Vorlage für Berlins Wohnungspotenziale verabschiedet
werden. 11.000 bis 13.000 neue Wohnungen jährlich sollen hochgezogen
werden.
Dass der Step Wohnen in der Debatte um das Tempelhofer Feld quasi
unterging, war politisches Kalkül des Senats. Umso mehr setzen nun
Verbände, Bezirke, Parteien und selbst die Bauverwaltung mit ihrem neuen
Aktionsfeld „Bündnis für den Wohnungsbau“ auf dieses Konzept. Der Bund
Deutscher Architekten (BDA) etwa betont, dass die Flächenpotenziale im Step
Wohnen viel „geeigneter sind für eine zeitnahe Bebauung“ als Tempelhof.
Denn viele Standorte für die 220.000 Wohneinheiten „liegen in bestehenden
Stadtquartieren und sind infrastrukturell erschlossen“.
Auch Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) hat im Zusammenhang mit dem
Step Wohnen angemerkt, dass im Bezirk – auf Brachen, in Baulücken, am Alex,
in der Luisenstadt, auf der Fischerinsel – „kurzfristig“ eine
Nachverdichtung in Dimensionen um die 16.000 Wohnungen stattfinden könnte.
Berlin hat Platz, die Stadt ist Fläche, nicht Höhe und Dichte, es existiert
viel freier Raum. Beim Stadtentwicklungsplan Wohnen fällt auf, dass nicht
nur auf kleineren Flächen verdichtet, sondern wie beim Tempelhofer Feld
großflächig geklotzt werden könnte: An der Oberspree (4.400 Wohnungen), an
der Lehrter Straße (3.000), in Alt-Lichtenberg (2.400), im Bereich zwischen
Dahmestadt und Treptow-Köpenick (6.900), in Buch (3.200), in Lichterfelde
Süd (2.700) oder in der Wasserstadt Spandau (2.700) befinden sich große
Flächenreserven. Die historische Mitte Berlins am Alexanderplatz (2.500),
am Gleisdreieck (2.400) und in der Luisenstadt (2.000) bieten zentrale
Gebiete zur Stadtentwicklung.
Gute, zum Teil teure Lagen finden sich in an der Rummelsburger Bucht (700),
in Charlottenburg (800), in Johannisthal (1.800), in Dahlem (500) oder am
Mauerpark (950).
Womit wir bei der Bodenpolitik und dem Geld wären: Private Bauträger
bestimmten in den vergangenen 20 Jahren die Leitbilder und Preise des
Wohnungsbaus in Berlin – übrigens nach dem Willen der jeweiligen
SPD-Bausenatoren. Der Ankauf von Grundstücken, der Bau teurer Townhouses
waren die Regel.
Meinten es das Land Berlin und der Liegenschaftsfonds ernst mit der
Ankündigung, dass die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften oder
Genossenschaften wieder selbst Bauherren von bezahlbarem Wohnraum werden
sollten, müsste die Liegenschaftspolitik sich neu justieren. Ein Umdenken
beim Wohnungsbau fordert Antje Kapek, grüne Fraktionschefin: „Die Stadt
braucht keine überteuerten Privatprojekte, sondern eine soziale
Wohnungspolitik.“
Mit dem Step Wohnen hätte Berlin die Chance dazu: Über die Hälfte der
Step-Flächen befindet sich in öffentlicher Hand. Dies böte die Gelegenheit,
die Flächen an die landeseigenen Gesellschaften zu übertragen, schnell
Baurecht zu schaffen und Genehmigungen zu erteilen. Und über die wichtigste
Frage, „Wie wollen wir wohnen?“, könnte in Architekturwettbewerben und
Partizipationsverfahren öffentlich gestritten werden. Was für eine
Perspektive!
11 Jun 2014
## LINKS
[1] http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtentwicklungsplanung/de/wo…
## AUTOREN
Rolf Lautenschläger
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