# taz.de -- Ausbildung: Selbst gemachter Mindestlohn | |
> Ein Gastronom sucht 30 Nachwuchsköche und -kellner, findet aber keine. | |
> Jetzt lockt er die Jugendlichen mit dem doppelten Gehalt. | |
Bild: Azubis gesucht: Das Hotel Speicher in Schwerin suchte EU-weit und fand di… | |
„Wir sind ein professioneller Betrieb und wir brauchen gute Leute“, sagt | |
Gerd Spitzer, Inhaber der sechs Tauro-Restaurants. „Mit billigen | |
Arbeitskräften oder Aushilfen ist mir nicht geholfen.“ 30 junge Leute sucht | |
er, die eine Ausbildung zum Koch oder zur Restaurantfachkraft machen | |
wollen. Weil sich bisher kaum Bewerber gemeldet haben, hat er den Lohn | |
verdoppelt – von bisher 480 auf 960 Euro brutto. | |
Damit will er auch eine Diskussion anregen: „Die jungen Leute wollen | |
arbeiten, aber sie müssen auch von etwas leben. Die Politiker diskutieren | |
seit Jahren über den Mindestlohn, aber die Auszubildenden haben sie da | |
einfach nicht mitgenommen.“ Da habe er sich gedacht: „Dann mache ich es | |
eben selbst. Und dann gleich richtig. Nicht 100 Euro mehr, sondern das | |
Doppelte.“ | |
Für Auszubildende, fordert Spitzer, müssten deutlich höhere Gehälter | |
gezahlt werden, damit der Beruf auch wieder attraktiv werde; schließlich | |
sei Gastronomie ein Beruf mit Zukunft, mit internationalen Perspektiven. | |
„Ist doch besser, als wenn die jungen Leute studieren und dann Taxi | |
fahren.“ Gerade in Berlin, wo die Touristenzahlen steigen, sei die Branche | |
am Wachsen und brauche dringend Arbeitskräfte. | |
Bei der Konkurrenz ist man indessen skeptisch. Er habe auch schon die ein | |
oder andere Mail bekommen, ob er denn verrückt sei, berichtet Spitzer. | |
Thomas Lengfelder, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Dehoga Berlin, | |
findet es falsch, den Jugendlichen einen Anreiz über Geld zu geben. „Die | |
Jugendlichen müssen doch eher danach entscheiden: Was mache ich nach der | |
Ausbildung, welche Perspektiven habe ich in dem Beruf?“ Derzeit gebe es in | |
vielen Branchen großen Mangel an Auszubildenden, so Lengfelder. Das liege | |
nicht nur am demografischen Wandel, sondern auch daran, dass immer mehr | |
Jugendliche studieren würden. | |
Auch Olaf Möller, Sprecher der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg, glaubt | |
nicht, „dass Jugendliche ihre Ausbildung danach aussuchen, wo ein höheres | |
Gehalt gezahlt wird“. Laut den Zahlen der Arbeitsagentur decken sich | |
Nachfrage und Angebot im Bereich Gastronomieausbildung in etwa: rund 400 | |
Plätzen für die Ausbildung zum Koch stehen etwa ebenso viele | |
Ausbildungswünsche gegenüber. „Die Frage ist natürlich, wo jemand seine | |
Ausbildung machen möchte; da gibt es vom kleinen Restaurant bis zum | |
Hotelkonzern natürlich eine große Breite“, meint Möller. | |
Wie die Versorgung mit Ausbildungsplätzen in diesem Jahr aussehe, könne man | |
derzeit noch nicht sagen Im Mai waren rund 9.000 Jugendliche gemeldet, die | |
einen Ausbildungsplatz suchten, und rund 7.000 freie Ausbildungsplätze. Die | |
Gehälter für Azubis unterscheiden sich teils stark, im Gastronomiebereich | |
liegen sie mit etwa 500 Euro im mittleren Bereich. Auszubildende können, | |
wenn ihre Eltern über zu wenig Geld verfügen, zusätzlich | |
Berufsausbildungshilfe bekommen. | |
Spitzer jedenfalls hat mit seiner Aktion ersten Erfolg gehabt: Schon | |
frühmorgens habe eine Großmutter für ihren Enkel angerufen und kurz darauf | |
ein weiterer Bewerber seine Unterlagen vorbeigebracht. | |
15 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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