# taz.de -- Kita: Mit der Stechuhr | |
> Der Senat überprüft, ob Eltern die ihnen bewilligten Betreuungszeiten | |
> ausschöpfen. Kitas fürchten Mittelkürzungen. | |
Bild: Wachsen und gedeihen: Kitakinder mit Tomatenpflanzen | |
Nutzen die Berliner Kita-Eltern die Kita-Betreuungszeiten, die ihnen vom | |
Jugendamt bewilligt werden – oder holen sie ihre Kinder nicht doch früher | |
ab? Noch gut eine Woche lang lässt der Berliner Senat 329 der insgesamt | |
2.200 Berliner Kitas kontrollieren. Geprüft werden soll, wie viele Stunden | |
die Kinder täglich in ihrer Kindertagestätte verbringen. | |
Hinter der dreiwöchigen Kontrollaktion steckt eine simple Kostenfrage. Denn | |
davon, wie viele Kinder eine Kita täglich wie lange betreut, hängt nicht | |
nur der Personalschlüssel, sondern auch die Höhe der Bezuschussung aus | |
Landesmitteln ab. Sollte sich also herausstellen, dass Kinder weniger Zeit | |
in der Kita verbringen, als der Senat tatsächlich für sie bezahlt, könnte | |
es passieren, dass den Kindertagesstätten Personal und Geld gestrichen | |
werden. | |
1,3 Milliarden Euro gibt der Senat jährlich für die Berliner | |
Kindertagesstätte aus. Rund 300 Millionen Euro mehr als noch vor vier | |
Jahren. Der Grund für die steigenden Kosten ist der Beschluss des damaligen | |
rot-roten Senats, die Kita-Gebühren für Kinder ab dem dritten Lebensjahr | |
abzuschaffen. Mehr Eltern sollten so animiert werden, ihre Kinder in einer | |
Kita betreuen zu lassen. | |
## „Valide Datenbasis“ | |
Mit der Einführung der Beitragsfreiheit war der Senat allerdings auch | |
gezwungen, sich ein neues Finanzierungsmodell für die Kindertagestätten zu | |
überlegen: Waren die Gebühren früher nach Einkommen gestaffelt, bezahlen | |
Eltern heute nur noch eine monatliche Pauschale von 23 Euro während der | |
letzten drei Kita-Jahre. Der Rest der Kosten wird aus Landesmitteln | |
bezuschusst. Wie hoch die Zuschüsse sind, die Kitas dabei vom Senat für | |
Personal- und Sachkosten erhalten, richtet sich nach den Altersgruppen der | |
Kinder und dem gesamten Betreuungsumfang einer Kita. | |
Wollen Eltern ihre drei- bis fünfjährigen Kinder in einer Kindertagestätte | |
betreuen lassen, müssen sie beim zuständigen Jugendamt angeben, wie lange | |
und warum die Betreuung gebraucht wird. Dabei regeln Arbeits- und | |
Anfahrtszeiten, wie lange ein Kind das Recht auf Betreuung hat. Möglich | |
sind fünf, sieben, neun oder – in Ausnahmefällen – auch mehr Stunden. Sind | |
alle Angaben gemacht, erhalten die Eltern einen sogenannten Kita-Gutschein, | |
der sie berechtigt, ihre Kinder in einer Einrichtung betreuen zu lassen. | |
Ob die bewilligten Zeiten auch eingehalten werden – das zu kontrollieren | |
liegt bisher nicht in der Hand des Senats. Aus der Senatsverwaltung für | |
Bildung, Jugend und Wissenschaft heißt es daher: „Ziel der Untersuchung ist | |
die Gewinnung einer repräsentativen und validen Datenbasis.“ An jeweils | |
drei Wochentagen sollen die Kita-Mitarbeiter die auf dem Papier angegebenen | |
Betreuungszeiten mit der tatsächlichen Anwesenheit der Kinder vergleichen. | |
Darüber hinaus soll in 90 der repräsentativ ausgewählten Kindertagestätten | |
eine „stichprobenmäßige Kontrollzählung“ stattfinden. Angst um die Daten | |
ihrer Kinder müssten sich die betroffenen Eltern aber nicht machen, | |
versichert ein Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und | |
Wissenschaft: Der Datenschutz habe oberste Priorität. | |
Es sei geplant, die Ergebnisse gemeinsam mit der Liga der Spitzenverbände | |
der freien Wohlfahrtspflege (LIGA) und dem Dachverband der Berliner Kinder- | |
und Schülerläden (DaKS e.V.) zu besprechen. Welche Auswirkungen die Studie | |
letztendlich für Kinder, Eltern und Kitas haben werde, könne man noch nicht | |
sagen, heißt es aus der Senatsverwaltung. Man sei sich aber durchaus | |
darüber im Klaren, dass für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine | |
„gewisse Flexibilität“ notwendig sei – und dass Eltern ihre Kinder nicht… | |
jedem Tag der Woche zur gleichen Uhrzeit abholen könnten. | |
Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschusses Berliner | |
Kindertagesstätten (LEAK Berlin), hofft, dass der Senat auch nach der | |
Auswertung der Untersuchung an dieser Haltung festhält. Sollten sich die | |
Betreuungszeiten verkürzen, würde „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf | |
ad absurdum geführt – und das will kein Politiker riskieren“. | |
Am Freitag endet die Überprüfungsaktion des Senats. Dann wird man bald | |
sehen, ob Heise recht behält. | |
30 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Gesa Steeger | |
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