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# taz.de -- Flüchtlinge: Schokolade und Schreie
> Protest sorgt für Abbruch einer Kreuzberger BVV-Sitzung. Flüchtlinge
> besetzen DGB-Haus.
Bild: Flüchtlinge vor dem Rathaus Kreuzberg.
36 mündliche Anfragen zur Gerhart-Hauptmann-Schule stehen am Mittwochabend
auf der Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in
Friedrichshain-Kreuzberg. Beantwortet werden allerdings nicht einmal die
ersten zehn.
Denn die Sitzung wird nach zwei Stunden abgebrochen, nachdem sich ein
Aktivist geweigert hatte, den Saal zu verlassen. Es ist von Anfangan eine
Sitzung mit Unterhaltungswert. Sie startet später, weil eine Gruppe
Schulkinder und ihre Eltern zunächst ein Topfdeckelkonzert zum Besten
geben. Protestiert wird gegen Kürzungen des Schulhelfer-Etats, das Konzert
wird aber nach einer Weile beendet. Still wird es trotzdem nicht, immer
wieder rufen AktivistInnen von den Zuschauerrängen herunter. Die
Tagesordnung bietet Protestpotenzial: Neben der Zukunft der
Gerhart-Hauptmann-Schule stehen auch der dortige Polizeieinsatz, die
Räumung der Cuvry-Brache und der Umgang des Bezirks mit obdachlosen Roma
auf dem Programm.
Als Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) ans Mikrofon tritt, kennen einige
Aktivisten kein Halten mehr. BVV-Vorsteherin Kristine Jaath verweist den
Lautesten schließlich des Saales – der geht aber nicht. Es folgt ein eher
halbherziger Versuch der Security, den jungen Mann hinauszubefördern. Als
das nicht gelingt, herrscht Ratlosigkeit. Also Pause.
Ein CDU-Verordneter verteilt Schokolade, aber nur an die CDU. Dazu
Gitarrengeklimper: Eine Gruppe AktivistInnen singt ein Lied über die
Cuvry-Brache. Der Text ist kämpferisch, die Performance eher lieb, „die
könnten auch bei den Grünen sein“, sagt einer. Nach einer halben Stunde
geht es weiter, aber nur kurz: Jaath fordert den Aktivisten noch einmal auf
zu gehen, der will immer noch nicht, die Sitzung wird abgebrochen. Später
heißt es, die CDU- und SPD-Fraktion sowie Teile der Grünen hätten die
Polizei rufen wollen, Jaath habe dies jedoch abgelehnt.
Bezüglich der Pläne für die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule bleiben also
viele Fragen offen. Klar ist: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales ist
sehr interessiert daran, dort ein Flüchtlingsheim einzurichten. „Schon in
zwei Wochen könnte es dafür grünes Licht geben“, sagt Panhoff. Der Bezirk
hält weiterhin an der Bezeichnung „Internationales Flüchtlingszentrum“
fest, wobei nicht klar ist, was das konkret heißt. Bekannt ist bisher nur,
dass es „Räume für Projekte“ geben soll – und dass die momentanen
BewohnerInnen werden ausziehen müssen.
Die Sitzung ist abgebrochen, der Protest geht weiter: Am
Donnerstagnachmittag besetzt eine Gruppe von gut 20 Flüchtlingen und zehn
UnterstützerInnen das DGB-Haus am Wittenbergplatz. DGB-Vorsitzende Dorothee
Zinke schenkt Tee aus und diskutiert mit den BesetzerInnen. Es ist zu
großen Teilen dieselbe Gruppe, die im Juli den Fernsehturm am
Alexanderplatz besetzt hatte, einige von ihnen waren auch schon beim
Hungerstreik am Brandenburger Tor im letzten Herbst dabei. „Ich werde
herausfinden, ob und wie wir diesen Menschen helfen können“, sagt Zinke,
die den AktivistInnen zusichert, nicht die Polizei zu rufen.
„Wir hoffen auf Unterstützung der Gewerkschaften und auf Gespräche mit
Regierungsvertretern“, sagt einer der Aktivisten. Zu Redaktionsschluss
dauerten die Gespräche noch an.
25 Sep 2014
## AUTOREN
Malene Gürgen
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