# taz.de -- Ringen um besetzte Schule: Gereiztes Warten auf die Räumung | |
> Während der Bezirk seine Pläne für das Gebäude vorstellt, formiert sich | |
> an der besetzten Hauptmann-Schule Widerstand. | |
Bild: Ruhe vor dem (Polizei-)Sturm. | |
Die Zeichen stehen auf Räumung in der Gerhart-Hauptmann-Schule. Handwerker | |
montieren Platten vor Fenstern und Türen im Erdgeschoss des Gebäudes, bis | |
nur noch der Haupteingang frei ist. Nicht nur die Presse, sondern auch | |
Politikerinnen wie Canan Bayram (Grüne), Mitglied im Abgeordnetenhaus, | |
werden am Montag nicht mehr in die Schule gelassen. Die Unterstützerszene | |
trifft sich am Nachmittag zur „Aktionsplanung“ vor der Schule. Und | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) macht am Vormittag vor | |
Journalisten deutlich, dass sie das Amtshilfeersuchen an die Polizei sehr | |
bald stellen wird, sollten die Flüchtlinge nicht freiwillig gehen. | |
Das scheint alles andere als wahrscheinlich: Laut Herrmann hat bisher | |
keiner der Bewohner signalisiert, den vom Bezirk angebotenen Gutschein für | |
vier Wochen Hostel-Übernachtung annehmen zu wollen. Die Flüchtlinge | |
bekräftigen bei einer Pressekonferenz am Montagnachmittag, dass sie in der | |
Schule bleiben wollen: „Wir leben sowieso immer in Unsicherheit, wir haben | |
keine Angst“, sagt Claude. „Wir sind bereit und wir werden nicht freiwillig | |
gehen.“ | |
Etwa 30 UnterstützerInnen sind am Nachmittag vor dem Gebäude. Die Stimmung | |
ist angespannt und gereizt. „Ich stehe hier seit heute Morgen, es weiß ja | |
niemand, wann es losgeht“, sagt eine Frau. „Diese Ungewissheit ist | |
nervenraubend.“ Ein auf der linken Internetplattform Indymedia am Montag | |
veröffentlichter Text ruft dazu auf, umliegende Straßen und Kreuzungen zu | |
blockieren und mit „kleinen und großen Sabotageaktionen“ die Räumung zu | |
verhindern. | |
Das Warten könnte bald vorbei sein: „Es wird keine künstliche Verzögerung | |
geben“, sagt Herrmann. Sobald sie das Amtshilfeersuchen an die Polizei | |
stellt, sei das weitere Vorgehen nicht mehr unter ihrer Kontrolle. Eine | |
Räumung am Dienstagmorgen ist laut BeobachterInnen wahrscheinlich. | |
Der Bezirk will in dem Gebäude eine reguläre Flüchtlingsunterkunft | |
einrichten, für die Herrmann am Montag erste Pläne vorstellte. Auf 1.260 | |
Quadratmetern sollen Zimmer für insgesamt 150 Menschen geschaffen werden, | |
die in den kleinsten Zimmern zu zweit auf 12 Quadratmetern und in den | |
größten als drei- bis vierköpfige Familie auf 23 Quadratmetern wohnen | |
sollen. | |
Damit erfüllen die Zimmergrößen genau die Vorgaben des Landesamts für | |
Gesundheit und Soziales. Zusätzlich sollen auf rund 500 Quadratmetern, | |
darunter auch der Pavillon vor dem eigentlichen Schulgebäude, Projekträume | |
eingerichtet werden. Das Drogenhilfeprojekt „Fixpunkt“ soll auf 500 | |
Quadratmetern im Erdgeschoss untergebracht werden. Betreiber ist die | |
Diakonie, finanziert wird das Heim über die Tagessätze, die der Träger pro | |
Platz vom Land Berlin erhält. Die Umbauarbeiten sollen laut Herrmann bis | |
Sommer 2016 dauern. | |
Eine Äußerung Herrmanns sorgt derweil auf dem Kurznachrichtendienst Twitter | |
für Spott: „Alle, die sich jetzt solidarisch erklären, kann ich nur | |
auffordern, die Leute aufzunehmen“, hatte Herrmann in einem taz-Interview | |
gesagt. Unter dem Hashtag argumentierenwieherrmann verglich etwa der | |
Piraten-Abgeordnete Simon Kowalewski Herrmanns Vorschlag mit der Bitte an | |
Radfahrer, falsch geparkte Autos doch selbst wegzuräumen. | |
Herrmanns Vorschlag ist auch deswegen schwierig, weil diejenigen, die ihm | |
nachkommen, sich strafbar machen könnten: Wer Flüchtlinge ohne | |
Aufenthaltsrecht unterbringt oder finanziell unterstützt, macht sich in | |
Deutschland der „Beihilfe zu illegalem Aufenthalt“ schuldig. Eine | |
langfristige Lösung für die Menschen in der Hauptmann-Schule ist dieses | |
Modell also nicht. | |
3 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
M. Gürgen | |
L. Meschede | |
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