# taz.de -- Neuer BE-Intendant: Frischzellenkur für Brecht | |
> Wowereits letzte Tat als Kultursenator: Oliver Reese wird neuer Intendant | |
> am Berliner Ensemble. Er beerbt Claus Peymann 2017. | |
Bild: Hat jetzt Vertrag im Brecht-Haus: Oliver Reese | |
Mit seiner Unterschrift für den Neuen exekutierte der Regierende | |
Bürgermeister zugleich den Abschied des Alten. Was mindestens so | |
bemerkenswert ist wie die News. Als am Montag um 10.15 Uhr Klaus Wowereit, | |
wie er sagte, „in meiner vielleicht letzten Amtshandlungen als | |
Kultursenator“, im Roten Rathaus den Vertrag mit Oliver Reese (50) als | |
Nachfolger für Claus Peymann (77) am Berliner Ensemble (BE) ratifizierte, | |
überraschte das einerseits. Denn eine schwergewichtige Personalie für den | |
Posten des Intendanten am BE ist Reese auf den ersten Blick nicht. | |
Andererseits ist es nun amtlich, dass die „Ära Peymann“ am einstigen | |
Brecht-Theater im August 2017 endet. Der „Reißzahn im Arsch der Mächtigen�… | |
wie Peymann sich und seine Arbeit einmal charakterisierte, geht nach fast | |
20 Jahren. Endgültig! Fürchteten doch manche, er könnte am BE nie | |
loslassen. | |
Es steht selbst unter Kritikern des Noch-Kultursenators außer Frage, dass | |
er mit der Neubesetzung von Intendantenposten immer ein gutes Händchen | |
bewiesen hat – siehe Ulrich Khuon, Barrie Kosky oder Shermin Langhoff. | |
Oliver Reese könnte zu einem weiteren – und abschließenden – Glücksgriff | |
von Wowereit als Kulturpolitiker werden. Der derzeitige Intendant des | |
Schauspiels in Frankfurt hat das dortige Haus in den letzten sechs Jahren | |
aus einer „schwierigen Lage heraus wieder nach vorn gebracht“, erinnerte | |
Wowereit. | |
Reese war 2009 vom Deutschen Theater als Nachfolger von Elisabeth Schweeger | |
ans Schauspiel berufen worden. Mit jungem Theater und neuen Autoren stiegen | |
die Zuschauerzahlen an der städtischen Bühne wieder stetig nach oben. 2012 | |
war sein Vertrag am Main verlängert worden; mit einer Ausstiegsklausel ab | |
2017, die er jetzt nutzt. | |
Mehr noch aber ist die Entscheidung für Reese die richtige, weil er die | |
„Neupositionierung des Berliner Ensembles angemessen“ angehen will. | |
„Angemessen“ heißt: nicht radikal, anti-peymann-mäßig, sondern mit einem | |
behutsamen, „auch unterhaltsamen“ Konzept, das „ein offenes, | |
zeitgenössisches Theater zeigen soll“, wie Reese erläuterte, dessen Vertrag | |
zunächst fünf Jahre läuft. | |
„Das BE soll mit mir ein Theater der Gegenwart oder noch konsequenter ein | |
Theater der Autoren werden.“ Auch Filmemacher wie Oskar Roehler oder den | |
Briten Dennis Kelly hat Reese als Stückeschreiber im Auge. Auch | |
international will er nach Autoren Ausschau halten. | |
Man darf gespannt sein, was aus dem BE nach der langen Peymann-Intendanz | |
wird. Gerade probt der Meister Goethes „Faust“. Das ist für viele ein | |
erneutes Beispiel aus dem „Theatermuseum BE“, wie das Haus am | |
Schiffbauerdamm mit seinen konservativen Inszenierungen oder den | |
musicalhaften Robert-Wilson-Spektakeln in den letzten Jahren abgekanzelt | |
wurde. | |
Peymann ließ das kalt, feiert das BE doch nach wie vor Erfolge auf der | |
Bühne und beim Publikum. Das BE ist Kult, eine Marke. Es sei „das Theater | |
der Meister, nicht das der Schüler“, lautete Peymanns Botschaft an die | |
Berliner Theatergemeinde, an das Deutsche Theater und besonders in Richtung | |
Volksbühne und Frank Castorfs wildes Treiben. | |
Peymann hat manchmal anklingen lassen, dass er sich einen politischen Kopf | |
als Nachfolger vorstellt. Ob Oliver Reese dieser Kopf ist, kommentierte | |
Peymann gestern nicht. Denn: Der größte, linke und beste Theaterdirektor | |
ist eh nur einer: C. P. | |
1 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
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