# taz.de -- Berliner Mietspiegel mit Fragezeichen: Zu schnell für Mieter | |
> Bausenator Andreas Geisel prognostiziert zehnprozentigen Anstieg der | |
> Durchschnittsmiete. Mieterverein kann das nicht nachvollziehen. | |
Bild: Wohnen wird laut Mietspiegel schneller teuer | |
Der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sorgt mit Aussagen | |
über den für Mai angekündigten neuen Mietspiegel für Ärger beim | |
Mieterverein. Mit über sechs Euro Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter statt | |
zuletzt rund 5,50 Euro und damit gut zehn Prozent mehr bezifferte Geisel | |
den Anstieg gegenüber dem bisherigen Spiegel von 2013. | |
Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild bezweifelt Geisels Prognose. „Ich | |
kann das nicht glauben“, sagte er der taz, er kenne diese Zahlen nicht. | |
Ähnlich zweifelnd äußerte sich der Verband Berlin-Brandenburgischer | |
Wohnungsunternehmen (BBU). | |
Ohne aktuellen Anlass informierte Geisel am Montagabend Journalisten | |
darüber, dass er für den neuen Mietspiegel von einer auf „mehr als sechs | |
Euro“ erhöhten Durchschnittsmiete ausgehe. Geisel ließ dabei offen, wie | |
weit der Wert die 6-Euro-Marke überschreiten wird. | |
Der aktuelle Mietspiegel stammt vom Mai 2013 und hatte damals einen als | |
moderat eingeschätzten Anstieg von rund sechs Prozent gegenüber dem | |
vormaligen Wert von 5,21 Euro festgestellt. Der Mietspiegel wird alle zwei | |
Jahre unter Mitwirkung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und von | |
Vertretern von Mieterverbänden und Wohnungswirtschaft ermittelt. | |
Unabhängig von den von ihm bezweifelten Zahlen kritisiert Mietervereinschef | |
Wild das Vorpreschen Geisels. „Was soll das?“, ärgerte er sich. Der Senat | |
verlange immer von allen am Mietspiegel Beteiligten Stillschweigen, und nun | |
breche es ausgerechnet der zuständige Senator. „Und zwar zu einem | |
Zeitpunkt, der noch viel zu früh ist, um darüber Aussagen treffen zu | |
können“, sagte Wild. Man werde sich erst in den nächsten Tagen zusammen | |
setzen, um die Daten auszuwerten. | |
Man habe die Aussagen des Senator mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, war | |
auch von BBU-Chefin Maren Kern zu hören. „Der Arbeitsgruppe Mietspiegel, | |
der wir als Vertreter der Wohnungswirtschafts angehören, liegen bislang | |
noch keine Zahlen zum künftigen Mietspiegel vor“, sagte sie. Bei den | |
BBU-Mitgliedsunternehmen, die nach Verbandsangaben 40 Prozent der Berliner | |
Mietwohnungen vertreten, fällt die Mietentwicklung nach ihrer Darstellung | |
„weiterhin moderat“ aus. | |
Iris Spranger, Bauexpertin in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion, sieht mit | |
der 6-Euro-Marke „eine Schallmauer durchbrochen“. Erschrocken sei sie | |
angesichts dieser Zahl gewesen, sagte sie. „Das zeigt, wie wichtig es war, | |
dass wir in der Senatsklausur vergangene Woche zur Umwandlungsverordnung | |
gekommen sind.“ Die schränkt die Möglichkeiten, Miethäuser in | |
Eigentumswohnungen umzuwandeln, deutlich ein. | |
Als Reaktion auf den Anstieg drängt Spranger aber auch, mehr landeseigene | |
Grundstücke zum Wohnungsbau abzugeben.Was die rot-schwarze Koalition oft | |
als „neue Liegenschaftspolitik“ feierte, stockte in den vergangenen Jahren | |
wegen Unstimmigkeiten zwischen dem damaligen Stadtentwicklungssenator | |
Michael Müller und dem inzwischen ausgeschiedenen Finanzsenator Ulrich | |
Nußbaum. „Das muss sich sofort verändern“, forderte Spranger. Damit ist s… | |
auf einer Linie mit Geisel: Auch der neue Senator sieht wachsenden Druck, | |
schneller als bisher landeseigene Grundstücke für Wohnungsbau zu verkaufen. | |
Der CDU-Wohnungspolitiker Matthias Brauner nimmt Geisels Ankündigung zum | |
Anlass, eine Ausweitung des Wohnungsbauprogramms zu fordern. Verdopple man | |
den von der Koalition aufgelegten Fonds, würden dadurch 60.000 neue | |
Wohnungen möglich. Für den Grünen-Bauexperte Andreas Otto zeigen Geisels | |
Zahlen, dass die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte | |
Mietpreisbremse „viel zu spät kommt“. | |
13 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
S. Alberti | |
U. Rada | |
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