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# taz.de -- Streit zwischen Polizei und Jugendnotdienst: Zwischen den Stühlen
> Ein minderjähriger Flüchtling bleibt stundenlang auf dem Polizeirevier,
> weil der Jugendnotdienst ihn nicht abholt.
HAMBURG taz | Die Polizeigewerkschaft nennt den Vorfall einen
Offenbarungseid für die Jugendhilfe, die Sozialbehörde spricht von
Wahlkampfgerassel auf dem Rücken des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND):
Am vergangenen Sonntag hat die Polizei in Eimsbüttel gegen drei Uhr in der
Früh einen minderjährigen unbegleiteten Flüchtling bei dem Versuch
aufgegriffen, ein Auto aufzubrechen. Sie nahmen Jusuf mit auf die Wache.
Dort blieb er bis zum Abend, statt in die Obhut des KJND übergeben zu
werden.
„Die Mitarbeiter des KJND wollten den Jungen nicht abholen“, sagt Joachim
Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).
Jusuf ist nach eigenen Angaben Marokkaner und kam als junger unbegleiteter
Flüchtling über Spanien nach Hamburg. Er gab bei seiner Einreise an, elf
Jahre alt zu sein, der Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) schätzte ihn auf
zwölf und laut Sozialbehörde ließe sich aus seiner Lebensgeschichte auch
ableiten, dass er wohl eher 14 Jahre alt sei. Seit Januar ist der Junge in
der Aufnahmeeinrichtung Feuerbergstraße untergebracht, wohin er am Sonntag
wieder sollte.
Jusuf randalierte im Polizeiwagen und in der Wache, wollte sein Handy
zurück, das die Polizisten ihm abgenommen hatten und war laut Lenders nicht
kooperativ. Der benachrichtigte ambulante Notdienst in der Feuerbergstraße
sagte, es könne nur ein Mitarbeiter kommen, um den Jungen abzuholen und das
sei zu gefährlich. „Natürlich ist er ein Problemfall, aber die Lösung kann
ja nicht sein, einfach nichts zu tun“, sagt Lenders.
Die Polizei habe weder die Möglichkeit, Minderjährige adäquat
unterzubringen noch sie angemessen zu betreuen. „Niemand bei uns hat eine
sozialpädagogische Ausbildung, dafür ist doch der Notdienst da“, sagt
Lenders. Am Ende dauerte es bis 20 Uhr am Sonntagabend, ehe Jusuf dann doch
im Polizeiwagen in die Feuerbergstraße gefahren wurde. „Hier wurde die
Fürsorgepflicht für Kinder ohne Eltern auf die Polizei abgewälzt, die liegt
aber bei der Sozialbehörde“, sagt Lenders. Es handele sich hier zwar seines
Wissens nach um einen Einzelfall, der zeige aber doch, dass es in der
Notfallversorgung ein Problem gebe.
Diesen Vorwurf weist Behördensprecher Marcel Schweitzer zurück. „Wir
arbeiten mit den Polizeikommissariaten rund um die Feuerbergstraße gut
zusammen und die Kollegen haben auch kein Problem damit, Jugendliche
abzuholen oder herzubringen.“ Warum sollte das nicht auch mit anderen
Kommissariaten gehen? Die Vereinbarung zwischen KJND und Polizei sehe zwar
eigentlich vor, dass der Notdienst die Kinder abhole, aber im Notfall werde
es auch anders geregelt. Hier werde ein Einzelfall fürchterlich
aufgeblasen.
„Der KJND ist hoffnungslos überlastet und die Sozialbehörde ist
verpflichtet, mehr Mitarbeiter einzustellen“, sagt Christiane Blömeke,
jugendpolitische Sprecherin der Grünen. Dieses Thema sei im Jugendausschuss
schon oft angesprochen worden, aber Senator Detlef Scheele (SPD) sei
nachlässig gewesen und habe auch angesichts der steigenden
Flüchtlingszahlen keine Notwendigkeit gesehen, das Personal aufzustocken.
„Wenn nun nicht genug Personal da ist, um einen Jugendlichen von der
Polizei abzuholen, belegt das den Notstand“, sagt sie und den müsse die
Behörde abstellen.
21 Jan 2015
## AUTOREN
Ilka Kreutzträger
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