# taz.de -- Rechter Aufmarsch in Marzahn: 70 Nazis und keine Gegendemo | |
> Rechte marschieren weiter, erst jetzt wird öffentlich: Das SPD-Kreisbüro | |
> Marzahn wurde mit Buttersäure angegriffen. | |
Bild: Demonstrierende Glatze | |
Die gute Nachricht von den Protesten gegen das geplante Flüchtlingsheim in | |
Marzahn: Auf der so genannten Montagsdemo der rechtsradikalen | |
Bürgerbewegungen aus Marzahn und Hellersdorf erschienen am Montagabend nur | |
70 Teilnehmer. Die schlechte Nachricht: Von einer Gegendemo war an der | |
Landsberger Allee keine Spur. Und eine Handvoll Beobachter aus mehreren | |
Parteien sehen zu. | |
Halb acht, die Rechten, zumeist Männer, viele Glatzen und dunkle Jacken, | |
versammeln sich. Sie sind mit mehreren Megaphonen ausgestattet. Von der | |
Polizei werden sie auf den Gehweg verwiesen, sie stehen dort | |
zusammengedrängt, rauchend, als würden sie auf den Bus warten. Dann | |
marschieren sie los auf der Fahrbahn, Richtung S-Bahnstation | |
Raoul-Wallenberg-Straße. | |
Schräg gegenüber stehen fünf Leute vor dem SPD-Kreisbüro und frieren. Es | |
sind Vertreter der Bezirksparteien, die sich ein Bild von der Lage machen | |
wollen, darunter der Bürogeschäftsführer der SPD, Paul Kneffel, Mütze, | |
schwarzer Schal. Er sei erfreut darüber, dass diesmal nur 70 | |
Montagsdemonstranten gekommen sind, es sei also "richtig, die Rechten mit | |
Nichtbeachtung zu strafen". War diese Nichtbeachtung wirklich eine | |
strategische Reaktion darauf, dass der Protest gegen die geplanten | |
Containerunterkünfte für Flüchtlinge - Anfang Februar hatten die Marzahner | |
Rechten das Ende der Montagsdemos angekündigt - nun doch weitergeht? Bei | |
genaueren Nachfragen aber ist ein anderer Grund für die Enthaltung des | |
Bündnisses für Toleranz herauszuhören: Die Ankündigung der "Bürgerbewegung" | |
am vergangenen Mittwoch sei diesmal zu kurzfristig gewesen, um eine | |
Gegenkundgebung zu organisieren. Zudem seien diese rechten Demonstranten | |
"noch der harte Kern, den kriegste eh nicht mehr von der Straße", sagt | |
Kneffel. In der Tat waren es in den vergangenen Monaten schon deutlich mehr | |
auf den Montagsdemos gegen die Unterkunft, im November sogar 700. | |
Im Gespräch mit Kneffel kommt heraus, dass Unbekannte in der vergangenen | |
Woche vor dem Eingang zum SPD-Büro Buttersäure ausgekippt haben, am | |
helllichten Tag. Kneffel betont, man wisse nicht, wer es war und wollte den | |
Vorfall "nicht an die große Glocke hängen. Es hätte den Verursachern zu | |
große Aufmerksamkeit gegeben." Vermutungen legen nahe, dass der Angriff auf | |
das Konto der Flüchtlingsgegner geht. Die Polizei wisse bescheid, so | |
Kneffel, ebenso die lokale Presse aus dem Bezirk. Warum die nichts darüber | |
geschrieben habe, wisse er nicht. | |
Neben ihm steht Stefan Ziller, Sprecher des Bündnisgrünen-Kreisverbandes | |
Marzahn-Hellersdorf. Er möchte nun vermehrt die "Ressourcen auf die | |
Willkommenskultur" konzentrieren, er sei dankbar für das überparteiliche | |
Bündnis. Und um die künftige Flüchtlingsunterkunft vor Übergriffen zu | |
schützen, ist Ziller sicher, "da braucht's ein Sicherheitskonzept". | |
Am Dienstag haben die Rechten zur 13. Montagsdemo in der kommenden Woche | |
aufgerufen. Und auch die Beobachter des Bündnisses befürworten es, wieder | |
zur Gegenkundgebung aufzurufen. Der gestrige Abend habe gezeigt, sagt | |
Grünen-Sprecher Stefan Ziller am Telefon, dass die "Strategie, Nazis ins | |
Leere laufen zu lassen" nicht aufgehe. Offiziell entschieden ist die | |
Gegenkundgebung bisher aber noch nicht. | |
10 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Krone | |
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