# taz.de -- Ver.di verschärft den Arbeitskampf | |
> Bundesweit legen 22.000 in Kliniken, Kitas und bei der Müllabfuhr die | |
> Arbeit nieder. Tarifsituation unübersichtlich | |
HANNOVER taz ■ Bundesweit traten gestern rund 22.000 Bedienstete bei | |
Kommunen und Ländern in den Ausstand. Schwerpunkt war weiter | |
Baden-Württemberg, wo 13.000 die Arbeit niederlegten. Aber auch in | |
Niedersachsen waren in über 60 Städten und Gemeinden mehr als 4.000 | |
Angestellte nicht am Arbeitsplatz. In Operationssälen der Medizinischen | |
Hochschule Hannover und drei weiteren Krankenhäuser nahmen Chirurgen das | |
Skalpell nicht in die Hand. Die Angestellten von 45 niedersächsischen | |
Straßen- und Autobahnmeistereien stellten Räum- oder Streudienst ein. In | |
Osnabrück, Wolfsburg und anderen Städten blieben die Müllfahrzeuge in den | |
Depots. | |
Ver.di will den ersten großen Arbeitskampf im öffentlichen Dienst seit 14 | |
Jahren in Wellen weiter ausdehnen. Insgesamt sollen im Laufe dieser Woche | |
40.000 Beschäftigte von Ländern und Kommunen streiken. Mit der letzten | |
großen Tarifauseinandersetzung des Jahres 1992 ist der Arbeitskampf | |
allerdings noch nicht vergleichbar. Seinerzeit führte die Gewerkschaft | |
Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) noch 330.000 Arbeiter und | |
Angestellte in den Ausstand. Auch wenn der öffentliche Dienst das Streiken | |
erst wieder lernen muss, wie es bei den Gewerkschaften heißt – die | |
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di sieht sich für einen langen Arbeitskampf | |
vorbereitet. Genau so unübersichtlich wie die bundesweite Streiklage ist | |
derzeit auch die Tarifsituation. Die Kommunalbeschäftigten in | |
Baden-Württemberg und Niedersachsen streiken gegen die Verlängerung ihrer | |
Wochenarbeitszeit von 38,5 auf Stunden. Sie befürchten, dass mit | |
Verlängerung der Arbeitszeit um vier Prozent, langfristig auch ein | |
Stellenabbau in gleicher Größenordnung einhergeht. Schließlich wollen die | |
Kommunen ihre Personalausgaben kürzen. | |
In den Ländern haben die Beamten und eben auch ein kleiner Teil der | |
Angestellten bereits längere Arbeitszeiten. Die Tarifgemeinschaft hat den | |
im vergangenen Frühjahr ausgehandelten Tarifvertrag für den öffentlichen | |
Dienst nie unterzeichnet und die Bestimmungen des BAT über Arbeitszeit und | |
Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekündigt. Neu eingestellte Landesangestellte | |
müssen daher etwa in Niedersachsen auf die Sonderzahlungen verzichten und | |
auch 40 Stunden die Woche arbeiten. Das Gleiche gilt für Angestellte, die | |
befördert werden wollen. | |
Am kommenden Montag trifft die Tarifgemeinschaft der Länder (TDL) mit dem | |
Ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske zu einem seit langen geplanten | |
Spitzengespräch zusammen, bei dem es erneut um die Übernahme des | |
Tarifvertrages Öffentlicher Dienst durch die Länder geht. Anders als die | |
Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz, die für | |
längere Arbeitszeiten immerhin mehr zahlen wollen, gibt sich der | |
Vorsitzende der Tarifgemeinschaft, der niedersächsische Finanzminister | |
Hartmut Möllring (CDU), weiter unbeugsam. Er will für die Bundesländer | |
einfach eine Öffnungsklausel für längere Arbeitszeiten durchsetzen. JÜRGEN | |
VOGES | |
14 Feb 2006 | |
## AUTOREN | |
JÜRGEN VOGES | |
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