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# taz.de -- Tetris immer noch angesagt: Vom KGB zum Smartphone-User
> 1984 von russischen Forschern erfunden, startete das Computer-Puzzle
> Tetris seinen Siegeszug durch die Daddelgemeinde. Gerade wurde der
> 100millionste Download auf ein Handy vermeldet.
Bild: Machte angeblich auch KGB-Mitgliedern Spaß: Tetris.
Die Geschichte von Tetris klingt wie ein High-Tech-Märchen aus uralten
Tagen - vor allem ist sie aber lang: Das Puzzlespiel entstand bereits 1984,
im tiefsten Kalten Krieg. Forscher in einem Computerzentrum der Akademie
der Wissenschaften in Moskau hatten in ihrer Freizeit ein Geduldsbrettspiel
für Kinder für den Bildschirm nachprogrammiert. Kopien davon schickten sie
per Briefpost und Diskette an befreundete Kollegen. Wenige Monate später
hatte sich die Klötzchen-Software, die auf Erstspieler ein erstaunliches
Suchtpotenzial ausübte, in halb Osteuropa verbreitet, Rechner für Rechner
gab es mehr "Süchtige".
Wenig später wurden auch Geschäftsleute aus dem Westen, die in der
Sowjetunion nach neuen Ideen suchten, auf Tetris aufmerksam. Es entspann
sich eine Art Wirtschaftskrieg zwischen mehreren Software-Verlegern - sogar
der KGB spielte nach heutigem Erkenntnisstand mit. Dem Erfolg des Puzzlers
tat dies keinen Abbruch. Ab 1986 verbreitete er sich rasant auf Videospiel-
und Computerplattformen von Atari bis ZX Spectrum und machte Nintendos
Hosentaschenspiel Gameboy ab 1989 zum Superhit. Alexei Leonidowitsch
Paschitnow, Hauptentwickler des Spiels, wanderte in die USA aus und wurde
selbst zum IT-Star.
Noch erstaunlicher als die spannende Entstehungsgeschichte ist allerdings,
dass der Erfolg von Tetris noch immer anhält. Auch heute, 25 Jahre nach der
Entwicklung der ersten Version, gibt es keine Spiele- oder
Computerplattform, für die es nicht eine eigene Variante des
Klötzchen-Games gäbe. Laut der Gamer-Ausgabe des Guinness-Buchs der Rekorde
ist Tetris mit insgesamt 55 solcher Portierungen, wie man die Übertragung
von Programmcode auf eine neue Plattform nennt, das am weitesten
verbreitete Computerspiel der Welt.
Seit 2001 ist Tetris auch für Mobiltelefone zu haben - anfangs noch in
einer sehr einfachen Version, die an das Original erinnerte;. Heute lässt
es seine altertümliche Herkunft mit aufgemotzter Grafik und hippem
Soundtrack auf Smartphones, wie dem iPhone oder Blackberry, vergessen.
Und jetzt, rund 26 Jahre nach seiner Erfindung, konnte EA Mobile,
Spezialist für mobile Spiele und Inhaber einer offiziellen Tetris-Lizenz
von Paschitnow und der US-Firma Blue Planet Software, einen Rekord
vermelden: 100 Millionen bezahlte Tetris-Downloads, knapp fünf Dollar pro
Stück verlangt EA dafür, gab es inzwischen allein auf Mobiltelefone.
Für Paschitnow, der immer an einen Erfolg glaubte - wenn er auch nach
eigenen Aussagen anfangs nie an die Finanzen dachte - ist diese
Langlebigkeit nur teilweise eine Überraschung. "Natürlich glaube ich, dass
Tetris ein gutes Spiel ist und habe stets erwartet, dass es aus diesem
Grund eine längere Lebensdauer hat. Die Plattformen verändern sich, aber
nicht das menschliche Gehirn. Dass es jedoch so lange überleben würde,
wundert und erfreut mich dann wirklich doch., sagte er der Zeitung USA
Today.
Wie viel Geld Tetris seit 1986 insgesamt einbrachte, weiß man bis heute
nicht genau. Die Milliarden-Dollar-Marke dürfte aber längst geknackt sein.
Experten vergleichen Tetris mit dem Top-Film aller Zeiten, James Camerons
"Titanic". Paschitnow selbst sah davon anfangs übrigens wenig, weil der
Sowjetunion seine Arbeit und sein geistiges Eigentum gehörten. Erst zehn
Jahre nach seiner Erfindung wurden ihm die entsprechenden Rechte
zugesprochen. In den USA arbeitete er zunächst bei Microsoft und versuchte,
den Tetris-Erfolg zu wiederholen. Wirklich gelungen ist ihm das nicht, auch
wenn er unter anderem eine erfolgreiche 3D-Version des Spiels für die
damals aufkommenden PCs entwickelte. Heute sieht er sich vor allem als
Bewahrer der Tetris-Tradition. Wenn es nach EA Mobile geht, wird
Paschitnows geistiges Eigentum noch viele weitere Jahre ausgebeutet. So
wird es ganz sicher eine Tetris-Version etwa für Apples neuen
Tablet-Rechner geben, der noch gar nicht offiziell angekündigt wurde.
22 Jan 2010
## AUTOREN
Ben Schwan
## TAGS
Kolumne Postprolet
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