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# taz.de -- Bayern Münchens 4:1 gegen Juventus Turin: Schon schwelgen sie wied…
> Der FC Bayern München zerlegt Juventus Turin und zieht ins Achtelfinale
> ein. Was dem ewigen Dreigestirn UliKalleFranz eben noch als grundfalsch
> vorgeworfen wurde, ist mit einem Mal goldrichtig.
Bild: Gleich fünf Bayern-Spieler drängeln um den Ball.
Eckart Paradies war wohl einer der wenigen im Land, die völlig ruhig
blieben, als Jörg Butt quer übers Feld zum Elfmeterpunkt trabte. Sein
ehemaliger Schützling musste lange warten, bis er endlich drankam. Kein
Elferschütze mag das. Doch Butt ist kein gewöhnlicher Elfmeterschütze.
Eckart Paradies weiß das. Niemandem hat Butt so viele Elfer ins Tor gesetzt
wie Paradies, seinem Jugendtrainer beim TSV Großenkneten. Bis es dunkel
war, haben sie immer noch geübt, erzählte der 64-Jährige, mal stand Butt im
Tor, mal schickte er den Trainer rein. Und der Sieger hieß fast immer:
Butt.
So wie in Turin, wo es zunächst düster aussah für den FC Bayern. Doch dann
kam die 29. Minute und der Elfmeter, den Butt vorbei an Welttorhüter Buffon
so kühl ins Netz setzte, wie das wohl nur ein Norddeutscher hinbekommt. Ein
Schuss, der zig Millionen Euro teuer sein und über das Wohl und Wehe manch
eines leitenden Angestellten in der Säbener Straße entscheiden konnte. Butt
schoss trotzdem.
Und alles wurde gut
Dieses unbedingte Vertrauen in die eigene Stärke, das den FC Bayern via
Butts Elfmeter zu einem 4:1 bei Juventus Turin und somit ins Achtelfinale
der Champions League brachte, das war beim deutschen Rekordmeister zuletzt
nicht mehr vorhanden. Wäre das Bild nicht so abgedroschen, müsste man vom
FC Phönix München sprechen. Erst ein paar Tage ist es her, da stand bei den
Bayern alles infrage: Spieler, Trainer, Führungsebene. Genügt der Kader
internationalen Ansprüchen? Wie konnte man überhaupt nur denken, dass
dieser arrogante Holländer nach München passt? Und wer hat das alles
verbrochen? Genau, das ewige Dreigestirn UliKalleFranz. Der FC Bayern
drohte zu implodieren. Von der auf der Jahreshauptversammlung von
Rummenigge angemahnten "Geduld": nichts zu sehen und zu spüren. Sogar die
Semi-Ära Klinsmann erschien plötzlich in milderem Licht. Der schaffte es
wenigstens bis ins Frühjahr.
Der von Loddamaddäus hoch gelobte israelische Meister Maccabi Haifa
schaffte es, in sechs Champions-League-Spielen nur acht Gegentore zu
kassieren - allerdings auch, kein einziges zu erzielen. Wäre ihnen vor zwei
Wochen in München eines gelungen, Louis van Gaal hätte die Nacht von Turin
wohl nicht mehr erlebt. Die Namen der Nachfolger wurden bereits gehandelt,
Bernd Schuster wurde angeblich am Tegernsee gesehen. Es kam anders. Es kam
ein 1:0-Gestöpsel gegen Haifa, dann folgten Siege gegen die Graumäuse
Hannover und Gladbach.
Und dann der Showdown vor unglaublichen 27.044 Zuschauern in Turin. Wie
groß die Anspannung vor der Partie war, sieht man am Tag danach auf der
Homepage des FC Bayern. "JAAAAAAAAAA!" steht da auf der Titelseite. Auch in
Bayerns Landeshauptstadt waren an diesem entscheidenden Abend seltsame
Szenen zu beobachten: Mütter mit Kindern, die zur Anstoßzeit längst ins
Bett gehören, ließen sämtliche Weihnachtsmärkte links und rechts liegen,
zogen stattdessen von Kneipe zu Kneipe, um irgendwo noch ein Plätzchen vor
der Pay-TV-Leinwand zu ergattern. Ein Hauch von Sommermärchen, mitten im
Advent.
Dass er Tore von Butt, Olic, Gomez und Timoschtschuk erleben würde, hätte
wohl kein noch so großer Fan gedacht. Als alles vorbei war, ging das
Schwelgen los. Vorstandschef und Hobbydichter Karl-Heinz Rummenigge
fabulierte im Rausch: "Das ist ein historischer Sieg - eine magische
Nacht!" Käptn Bommel jubelte: "Das war das beste Spiel, seit ich beim FC
Bayern bin. Wir haben bewiesen, dass wir eine richtig gute Truppe sind."
Und Daniel van Buyten meinte: "Wir sind als verschworenes Team aufgetreten.
Wir sind stolz auf unsere Leistung." Das können sie auch. Wohl noch nie ist
eine deutsche Mannschaft so mutig und entschlossen in Italien aufgetreten.
"Experte" Stefan Effenberg meinte gar: "Wenn dann auch noch Ribéry topfit
ist - ja wer soll diese Bayern dann noch aufhalten können?" Van Gaal weiß
es: der VfL Bochum am Samstag zum Beispiel. "Das ist so eine typisch
deutsche Mannschaft, und in Deutschland ist es immer schwer, zu gewinnen."
9 Dec 2009
## AUTOREN
Thomas Becker
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