# taz.de -- Arbeitslose sollen keine Kinder kriegen | |
> Familienministerium beziffert Zahl der Familien, die sich mit dem | |
> Elterngeld schlechter stehen werden als bisher mit dem Erziehungsgeld: | |
> 155.000. Pro Jahr. Vor allem ALG-II-Bezieher und Studierende werden zu | |
> den Verlierern gehören | |
VON ULRIKE WINKELMANN | |
Das Familienministerium hat erstmals Zahlen darüber vorgelegt, wie viele | |
Familien zugunsten der Einführung des Elterngeldes auf Unterstützung | |
verzichten müssen: „155.000 Familien mit einem Einkommen unter 30.000 Euro | |
netto erhalten weniger Elterngeld, als ihnen bisher für zwei Jahre | |
Erziehungsgeld zustehen würden. Dies liegt an der Verkürzung des | |
Bezugszeitraumes von 24 auf 12 oder 14 Monate“, erklärte das Haus der | |
Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestern. | |
Dazu nannte das Ministerium die Zahl von 94.000 Empfängern von | |
Arbeitslosengeld II, die künftig statt 24 Monate 300 Euro Erziehungsgeld | |
nur noch 12 Monate 300 Euro Elterngeld-Sockelbetrag erhalten werden und | |
damit glatt die Hälfte ihrer bisherigen Förderung verlieren. Es blieb | |
zunächst unklar, ob die ALG-II-Eltern zu den 155.000 benannten | |
Kleinverdienern dazugerechnet werden müssen – oder Teil dieser Gruppe sind. | |
Die Zahlen, erklärte das Ministerium, beruhten auf den Datensätzen des | |
Fraunhofer-Instituts. Mit diesen Angaben stellte von der Leyen Berichte | |
über ein internes Papier der Uniosnfraktion richtig, wonach bis zu 340.000 | |
arme Familien für das Elterngeld büßen müssten. | |
Das Elterngeld soll schon zum kommenden Jahr eingeführt werden und das | |
bisherige Erziehungsgeld ersetzen. Es soll 67 Prozent vom letzten | |
Nettoeinkommen dessen betragen, der zugunsten der Babybetreuung aussetzt. 2 | |
von insgesamt 14 Monaten sind für den jeweils anderen Elternteil reserviert | |
und heißen deshalb Papa-Monate. Es werden mindestens 300, maximal 1.800 | |
Euro gezahlt. | |
Die Vizechefin des DGB Ursula Engelen-Kefer verlangte nach einem Besuch | |
zusammen mit anderen Spitzengewerkschafterinnen bei Ministerin von der | |
Leyen (CDU) gestern, die „Gerechtigkeitslücke“ im Elterngeld zu schließen. | |
Sie regte auch eine Einkommensgrenze an: Topverdiener bräuchten nicht | |
unbedingt mit dem 1.800-Euro-Höchstsatz des Elterngelds „beschenkt“ zu | |
werden. | |
Der Sprecher des Deutschen Studentenwerks Stefan Grob erklärte der taz, für | |
bis zu 3 Prozent der Studierenden – das sind rund 60.000 Studierende mit | |
Babys – bringe das Elterngeld „gravierende Nachteile“. Das Ziel, mehr | |
Studentinnen zum Kinderkriegen zu bewegen, werde so jedenfalls nicht | |
erreicht. | |
Auch Kostas Petropulos vom Heidelberger Familienbüro erklärte, das | |
Elterngeld mit seinem Anreiz für Gutverdiener bewirke das Gegenteil dessen, | |
was stets verkündet werde: „Das Elterngeld setzt den Anreiz zu möglichst | |
später Schwangerschaft und steht so im kompletten Gegensatz unter anderem | |
zur Forderung des Familienberichts.“ | |
12 May 2006 | |
## AUTOREN | |
ULRIKE WINKELMANN | |
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