# taz.de -- Der Kiez schießt ins Kraut | |
> Auf dem Gelände der ehemaligen Bavaria-Brauerei in St. Pauli stehen die | |
> ersten Neubauten: ein 8-stöckiger Wohnblock und ein 21-stöckiges | |
> Hochhaus, das einen langen Schatten werfen wird | |
von Gernot Knödler | |
Während der Bauphase sah es ein bisschen aus wie die Twin-Towers: das | |
„Atlantic Haus“ auf dem Gelände der ehemaligen Kiez-Brauerei Bavaria. Wo | |
vor fünf Jahren noch Astra gebraut wurde, schossen unübersehbar die beiden | |
schlanken Betonkerne des Hochhauses ins Kraut. Inzwischen ist der Rest des | |
Gebäudes nachgewachsen. Kürzlich wurde der Richtkranz gesetzt – der zweite | |
nach einem Wohnblock der Hansa-Baugenossenschaft. Die beiden im Groben | |
fertig gestellten Gebäudekomplexe vermitteln einen Eindruck davon, wie | |
dicht dieses neue Viertel bebaut wird. | |
Allein drei 21-stöckige Hochhäuser sollen auf das knapp drei Hektar große | |
Areal zwischen Millerntor und Davidstraße gesetzt werden. Das Atlantic-Haus | |
am Millerntor, ein Projekt der Firma Quantum Immobilien und der HSH | |
Nordbank, wird einen Pol des neuen Quartiers zwischen Reeperbahn und Hafen | |
bilden. Beim anderen, Willi Bartels‘ Empire Riverside Hotel an der | |
Davidstraße, wird gerade der Keller gegossen. Neben dem Atlantic-Haus, | |
dort, wo einmal der Astra-Turm stand, soll der dritte Pol hochgezogen | |
werden. Der Astra-Turm hatte eigentlich stehen bleiben sollen. Weil nach | |
den Abriss-Arbeiten auf dem Brauerei-Gelände ein Siel instabil wurde, | |
musste er weichen. | |
Um Bartels‘ Hotelturm und diese beiden Bürohochhäuser gruppieren sich vier | |
bis achtgeschossige Bürogebäude. Dazwischen, im mittleren Teil des | |
Quartiers, werden die Baugenossenschaft Bergedorf Bille und die Hansa | |
Baugenossenschaft Wohnungen bauen. | |
Der weitgehend fertig gestellte Block der Hansa Baugenossenschaft steht an | |
der Bernhard-Nocht-Straße, gegenüber dem Inistut für Tropenmedizin. Zwei | |
achtstöckige Backstein-Riegel parallel zur Straße liegen einander, im | |
Abstand einer guten Straßenbreite, gegenüber. Ein auf der Ostseite | |
vorspringender Flügel macht daraus einen Hof. Zwar werden Sonnenkollektoren | |
auf dem Dach 30 Prozent der Warmwasserversorgung übernehmen, die unteren | |
Stockwerke dürfte bei dieser Enge aber nur selten von der Sonne gewärmt | |
werden. Dass die Gebäuderiegel wie Zinnen gebaut sind, wird daran wenig | |
ändern: An einigen Stellen, sinkt die Gebäudehöhe auf fünf Stockwerke, so | |
dass die Sonne etwas mehr Zeit hat, die dahinter liegenden Wohnungen zu | |
bescheinen. Vom Westen und vom Osten her hat sie dazu kaum Gelegenheit. Auf | |
der einen Seite wird der Block vom Riverside-Hotel überragt, auf der | |
anderen vom Astra-Turm-Ersatz und dem Atlantic-Haus. | |
„Ich war zuerst auch erschrocken“, erinnert sich Jan-Hinrich-Fock, der für | |
die SPD-Bezirksfraktion Mitte in der Jury des Architekturwettbewerbs für | |
das Quartier saß. Bei näherem Hinsehen und ohne Baugerüste und Planen wirke | |
der Bau aber „relativ filigran und durchschaubar“. Zunächst sei ein viel | |
massiverer Bau an dieser Stelle geplant gewesen. | |
Eine gewisse Leichtigkeit ist dem Atlantic-Haus zwar nicht abzusprechen. An | |
den Schmalseiten seines Turmes ist ein stählernes Tragwerk aus übereinander | |
gesetzten X-Chromosomen sichtbar. Durchscheinen kann die Sonne dort aber | |
nicht. | |
Das Brauerei-Gelände war 2001 von der Firma Holsten für 64 Millionen Euro | |
an die Investoren verkauft waren. Für rund 350 Millionen Euro wollen diese | |
110.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche bauen. 35 Prozent davon sollten | |
nach dem einhelligen Wunsch der Bezirksversammlung Mitte für Wohnungen | |
vorgesehen sein. Der Hansa-Block umfasst 120 Wohnungen mit zusammen knapp | |
12.000 Quadratmetern. Sie werden für 9,50 bis 12,50 Euro netto pro | |
Quadratmeter an Genossenschaftsmitglieder vermietet. | |
13 Jun 2006 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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