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# taz.de -- Der Minentraum von Erzmogul Modé
> Schützt Deutschlands Militär im Kongo Wirtschaftsinteressen, zum Beispiel
> in der ostkongolesischen Niobium-Mine Lueshe? Falsch: Deutschland
> interessiert sich nicht, nun kommt Russland – trotz Kriegsrisiko. Ein
> Besuch bei Minenchef Modé Makabuza
AUS GOMA DOMINIC JOHNSON
Ein Gerücht geht um im Kongo: Unter dem Deckmantel des Bundeswehreinsatzes
sichere Deutschland Wirtschaftsinteressen. Kongolesische Nationalisten und
auch Deutsche, darunter Politiker von Linkspartei und Grünen, werfen der
Bundesregierung vor, durch Duldung der Ausplünderung des Bergwerkes von
Lueshe im Osten des Kongo neue Rebellen zu unterstützen. Der ARD-„Report
Mainz“ hieb letzte Woche in die gleiche Kerbe.
„Ich betreibe keine Plünderung!“, wehrt sich Minendirektor Modé Makabuza …
ostkongolesischen Goma. Aus seiner Sicht ist alles ganz anders: Die
Deutschen interessieren sich für Lueshe nicht, sondern sie wollen
verkaufen. Die Förderung wird demnächst jedoch wieder aufgenommen – trotz
Krieg.
Makabuza leitet seit 2004 kommissarisch die Bergbaufirma „Somikivu“
(Société Minière du Kivu), ein 1982 gegründetes Joint-Venture zwischen dem
damaligen Zaire und der Nürnberger „Gesellschaft für Elektrometallurgie“
(GfE) zur Ausbeutung der Erzvorkommen von Lueshe tief in den Bergen der
ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu. Lueshe ist weltweit eine der
wichtigsten Förderstätten des Erzes Pyrochlor, aus dem das als
Metallverhärter begehrte Niobium gewonnen wird. Nach einer ersten
Schließung der Mine 1993 wurde der Betrieb 2000 mitten im Kongo-Krieg unter
Leitung des deutschen Somikivu-Geschäftsführers Karl-Heinz Albers wieder
aufgenommen. Anfang 2004 trat Albers überschuldet ab und überließ die
Somikivu-Leitung seinen Gläubigern, von denen Makabuza einer der größten
ist. Seitdem liegt die Mine still. Kongos Regierung will sie reaktivieren
und bestätigte Makabuza als Direktor eines „Krisenkomitees“ für Somikivus
Rettung.
Modé Makabuza ist einer der wichtigsten Geschäftsleute Ostkongos. Sein
Bürogebäude ist das modernste der von Krieg und Vulkanausbruch gebeutelten
Halbmillionenstadt Goma. Nachts brennt dort auf drei Stockwerken Licht,
wenn der Rest der Stadt schon in tiefer Dunkelheit liegt. Dem
ruandischstämmigen Makabuza gehört die Transportfirma „Jambo Safari“ und
die lokale Filiale der kenianischen privaten Sicherheitsfirma „KK
Security“, die über Ruanda nach Ostkongo expandiert ist. Sein Bruder leitet
die lokale Wohltätigkeitsorganisation „Alle für Frieden und Entwicklung“
(TPD), die wegen vermuteten Waffenschmuggels auf der Kongo-Sanktionsliste
des UN-Sicherheitsrats steht. Daher kommt das Misstrauen gegen Makabuza.
Der Kongolese hat große Pläne für Lueshe. „In zwei bis drei Wochen können
wir die Produktion wieder aufnehmen“, freut er sich. Stoffe zur
Erstverarbeitung des Nioberzes, geliefert von der deutschen Chemiefirma
Clariant, seien bereits eingetroffen und reichten für acht Monate. Man
warte nur noch auf eine Steuerbefreiung für Treibstoffe.
Eigentlich gehört die Lueshe-Betreibergesellschaft Somikivu bis heute zu 70
Prozent der deutschen GfE. Die aber zog sich bereits in den 90er-Jahren aus
der Geschäftspolitik zurück, ließ sich per staatlicher Hermesbürgschaft
ihre Investitionskosten erstatten und ist seitdem gegenüber der
Bundesregierung weisungsgebunden. Die wiederum will vor Kongos Wahlen
nichts unternehmen.
So regiert Makabuza allein. Das Problem damit: Lueshe liegt im
Einflussbereich des mächtigsten neuen Rebellenführers im Ostkongo, dem
desertierten ruandischstämmigen General Laurent Nkunda. Dem wird
nachgesagt, nach den Wahlen einen neuen Krieg vorzubereiten. Zur Mutmaßung,
Nkunda könne sich mit dem Wohlwollen Makabuzas aus Lueshe bedienen, ist es
nur ein kleiner Schritt. Makabuza dementiert: Nkundas Truppen hätten im
Februar die Wohnanlagen des Bergwerks verwüstet. Damit bestätigt er aber
auch, dass Nkunda das Gebiet beherrscht.
Das Pyrochlor von Lueshe war während des Kongokrieges eines der wichtigsten
Ausfuhrgüter des Ostkongo. Unter deutscher Leitung exportierte die Somikivu
von 2000 bis 2004 insgesamt 2.953 Tonnen. 2005, als Makabuza die
Lagerbestände aufbrauchte, kamen noch einmal 91 Tonnen dazu. „Wir sind in
der Lage, monatlich 96 Tonnen herzustellen“, erklärt Makabuza. Nun wolle er
auf 240 Tonnen erweitern. Dafür braucht er Kapital. Aus Deutschland kommt
nichts. Nun ist die russische Metallverarbeitungsfirma KZF (Kluchevsky
Ferro Alloy Plant), während des Zweiten Weltkrieges in Swerdlowsk
entstanden, interessiert. Makabuza zeigt den Vorvertrag, den KZF am 14.
Februar mit Kongos Regierung unterschrieb, und freut sich: „Sie wollen die
Fabrik ausbauen und Pyrochlor kaufen.“ Noch vor dem 15. Juli kämen sie nach
Goma zurück.
Aus deutscher Sicht dürfte das kein Problem sein, meint Makabuza. Der
mittlerweile in die Ukraine versetzte Wirtschaftsattaché der deutschen
Botschaft in Kinshasa, Manuel Müller, habe sich im Dezember 2005 persönlich
vom guten Zustand der Anlage in Lueshe überzeugt. „Die Deutschen haben
gesagt: Wenn es Wahlen gibt, wird es eine verantwortungsvolle Regierung
geben und dann können sie kommen. Sie sagen auch, dass sie sich vorstellen
können, ihre Anteile zu verkaufen.“
Ganz würde Somikivu im Falle des Verkaufs an die Russen Deutschland nicht
verloren gehen: KZF wickelt ihren Handel über Vertreter in Reutlingen ab.
Ob Russland, das tief in Waffen- und Diamantenhandel im Kongo verstrickt
sein soll, ein besserer Partner ist als Deutschland, ist allerdings
fraglich.
12 Jul 2006
## AUTOREN
DOMINIC JOHNSON
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