# taz.de -- Welthandelsrunde endgültig gescheitert | |
> Die sechs mächtigsten WTO-Mitglieder haben versucht, die festgefahrenen | |
> Gespräche wieder in Gang zu bekommen. Am Ende verkündeten sie die | |
> Aussetzung der Verhandlungen auf unbestimmte Zeit. EU und USA schieben | |
> sich gegenseitig Schuld zu | |
AUS GENF ANDREAS ZUMACH | |
Die im November 2001 in Doha eingeläutete Verhandlungsrunde der | |
Welthandelsorganisation (WTO) ist endgültig gescheitert. Gespräche der | |
Handelsminister der USA, der EU, Japans, Brasiliens, Indiens und | |
Australiens (G 6) endeten in der Nacht zum Montag in Genf ohne Einigung. | |
Das Treffen der sechs Mächte, die zusammen über 75 Prozent des weltweiten | |
Handels betreiben, galt nach vielen gescheiterten Anläufen der letzten | |
Jahre als „letzte Chance“ zur Rettung der Doha-Runde vor den | |
US-Kongresswahlen im November. Denn im Jahr 2007 läuft das | |
Verhandlungsmandat der Bush-Administration aus. Es gilt als ausgeschlossen, | |
dass der neu gewählte Kongress nach diesem Zeitpunkt ein etwaiges | |
Verhandlungsergebnis der Doha-Runde noch absegnen würde. | |
Hauptgrund für das Scheitern ist die Weigerung der USA wie auch der EU, | |
ihre Subventionen für die eigene Landwirtschaft wie die Einfuhrzölle für | |
Agrarprodukte aus Ländern des Südens abzuschaffen oder zumindest deutlich | |
zu reduzieren. Hiervon hatten die Staaten des Südens ihre Bereitschaft zur | |
Senkung ihrer Importzölle für Industrieprodukte aus dem Norden sowie zur | |
Liberalisierung ihres Dienstleistungssektors abhängig gemacht. | |
„Die G-6-Gespräche sind geplatzt. Es ist im Moment noch nicht klar, welche | |
anderen Möglichkeiten als ein Scheitern der Doha-Runde es noch geben | |
könnte.“ Mit diesen Worten verkündete gestern Morgen in Genf als Erster ein | |
westlicher WTO-Diplomat das De-facto-Ende der Doha-Runde. Wenig später | |
erklärte Indiens Handelsminister Kamal Nath vor Journalisten, die | |
Verhandlungen seien „ausgesetzt“, bis zu einer Wiederaufnahme könne es | |
„Jahre dauern“. Es wurde erwartet, dass WTO-Generaldirektor Pascal Lamy als | |
Folge des gescheiterten Treffens offiziell die „Suspendierung“ der nach der | |
Hauptstadt Katars benannten Runde bekannt gibt, dabei aber erstmals kein | |
Datum für eine Wiederaufnahme nennt. | |
EU-Handelskommissar Peter Mandelson schob den USA die „Hauptverantwortung“ | |
für das Scheitern zu. „Was die USA im Moment verlangen, ist für die meisten | |
WTO-Mitglieder, die tatsächlich die Hälfte der Menschheit repräsentieren, | |
inakzeptabel und in Europa nicht umsetzbar“, erklärte Mandelson. Im | |
Unterschied zur EU hätten die USA seit Beginn der Doha-Runde im November | |
2001 „keinen einzigen Dollar ihrer Agrarsubventionen gekürzt“. | |
Von der EU hatten die Länder des Südens zuletzt deutlichere Einschnitte | |
ihrer Einfuhrzölle für Agrarprodukte gefordert. Gegen entsprechende | |
Zugeständnisse Brüssels am WTO-Verhandlungstisch hatte sich vor allem | |
Frankreich gesperrt. | |
Der amerikanische Handelsminister Mike Johanns machte hingegen die EU sowie | |
Indien und Brasilien für das Scheitern der Gespräche verantwortlich. Der | |
Europäischen Union hielt er vor, sich gegen die Öffnung ihres Agrarmarkts | |
zu sperren. Brasilien und Indien warf Johanns vor, die Hindernisse für den | |
Import von Industrieprodukten nicht hinreichend abzubauen. | |
Oxfam und andere Nichtregierungsorganisationen übten scharfe Kritik am | |
Verhalten der Industriestaaten des Nordens. Ihre im November 2001 gemachte | |
Ankündigung einer „Entwicklungsrunde“, von der in erster Linie die ärmeren | |
Staaten des Südens profitieren sollten, habe sich als „Betrug“ erwiesen. | |
Oxfam äußerte die Befürchtung, dass die USA und die EU nach dem Scheitern | |
der multilateralen Verhandlungen unter 149 WTO-Mitgliedsstaaten nun | |
versuchen, ihre Interessen in bilateralen und regionalen Handelsabkommen | |
durchzusetzen. | |
25 Jul 2006 | |
## AUTOREN | |
ANDREAS ZUMACH | |
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