# taz.de -- Amerika streitet um die Zukunft der „Illegals“ | |
> Der richtige Umgang mit den rund 12 Millionen Menschen ohne gültige | |
> Papiere entzweit Demokraten und Republikaner gleichermaßen | |
NEW YORK taz ■ Rund 12 Millionen Menschen ohne gültige Papiere leben | |
derzeit in den USA. Der Streit, wie mit ihnen umzugehen ist, geht quer | |
durch beide großen US-Parteien. So forderte im zurückliegenden | |
Kongresswahlkampf manch demokratischer Kandidat schärfere Maßnahmen gegen | |
Illegale als gemäßigte Konservative. | |
Parlamentarier beider Parteien des Abgeordnetenhauses im Bundesstaat Texas | |
etwa reichten in dieser Woche nicht weniger als neun | |
Gesetzesänderungsanträge ein, mit denen sie Migranten das Leben erschweren | |
wollen. Vom Schulverbot für Kinder von Papierlosen über Deportation bis hin | |
zur Besteuerung des Geldes, das die Migranten nach Hause schicken, ist | |
alles dabei. Nachdem der Bundesstaat Arizona bei einem Referendum | |
anlässlich der Kongresswahlen zudem erfolgreich Englisch als offizielle | |
Sprache in die Staatsverfassung aufnehmen ließ, folgten in dieser Woche | |
Städte in den Staaten Maryland und Nevada. | |
Zwar sagt eine jüngere Harvard-Studie, dass die mit der illegalen | |
Einwanderung einhergehenden wirtschaftlichen Probleme vergleichsweise banal | |
sind. Dennoch wird der Zuwandererstrom über die weitgehend unkontrollierte | |
Grenze der USA nach Mexiko in der Öffentlichkeit mehr und mehr als | |
Bedrohung empfunden. Kritikpunkte sind dabei die Überlastung des | |
Gesundheitssystems, der Schulen und der Grenz- und Polizeibehörden. | |
Obgleich George W. Bush Anfang November das Gesetz zum Bau eines rund 1.000 | |
Kilometer langen Grenzzaunes unterzeichnete, ist der Präsident keineswegs | |
der Wortführer einer restriktiven Migrationspolitik. In einer | |
entscheidenden Rede pries er vielmehr die große Tradition Amerikas, | |
Einwanderer willkommen zu heißen, und unterstrich, dass die USA eine | |
multikulturelle Gesellschaft seien. Er besinnt sich damit auf jene | |
Einwanderungsagenda, der er sich schon in seiner Zeit als Gouverneur des | |
Grenzstaates Texas verpflichtet hatte: ein Gastarbeitergesetz, das den | |
Einwanderern eine begrenzte Aufenthaltszeit ohne Bürgerrechte erlaubt. Die | |
Idee stammt von seinen Unternehmerfreunden in Houston und Dallas, die ihn | |
davon überzeugten, dass billige Arbeitskräfte gut für die USA sind. Und | |
völlig unproblematisch, weil man sie jederzeit wieder vor die Tür setzen | |
kann. | |
50 Millionen Hispanics, die größte Migrantengruppe der USA, machen aber | |
umgekehrt auch die Demokraten nervös. Dabei haben vor allem die Latinos, | |
empört über das konservative Washington, bei den letzten Kongresswahlen | |
mehrheitlich für die Liberalen gestimmt. Wie groß der Wurf für die seit | |
Monaten ausstehende Einwanderungsreform aussehen wird, darüber lässt sich | |
gegenwärtig nur spekulieren. Beobachter gehen davon aus, dass sich der neue | |
Kongress, dessen beide Häuser ab Januar in der Hand der Demokraten sein | |
werden, mit Präsident Bush auf ein Paket wird einigen können. | |
Denkbar wären die Legalisierung der Illegalen, ein Gastarbeiterprogramm und | |
eine deutlich verschärfte Grenzsicherung. Ob der Zaun, ein rund 100 | |
Millionen teures Wahnsinnsprojekt, jemals gebaut wird, daran zweifeln | |
selbst Republikaner. ADRIENNE WOLTERSDORF | |
17 Nov 2006 | |
## AUTOREN | |
ADRIENNE WOLTERSDORF | |
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