# taz.de -- Gemeinschaft mit Schwierigkeiten | |
> ■ Kenia, Tansania und Uganda gründen ostafrikanische Union. Probleme gibt | |
> es aber schon bei der Aufhebung der Zollschranken | |
Arusha (taz) – „Die Kenianer kommen.“ Das war in den letzten Tagen das | |
Hauptthema im sonst eher verschlafenen nordtansanischen Städtchen Arusha. | |
Am Dienstag unterschrieben die Präsidenten von Kenia, Tansania und Uganda | |
hier den konstituierenden Vertrag der ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC). | |
Die Tansanier bekamen gleich einen Vorgeschmack, was das für ihr Land | |
bedeuten kann. Vor den Bars drängelten sich die Autos mit kenianischen | |
Regierungskennzeichen, das neue Fahrzeug eines Staatssekretärs landete | |
prompt im Graben, andere drehten noch ein paar Runden durch die Stadt. Was | |
suchen Sie? „Frauen natürlich“, sagte einer der Fahrer. | |
Die Stimmung vor der Unterzeichnung des an jenen der Europäischen | |
Gemeinschaft angelehnten Vertrages zwischen der tansanischen und | |
kenianischen Delegation war bis zuletzt angespannt. Mit ihrer Unterschrift | |
besiegelten die Präsidenten, dass sie in den nächsten ein bis vier Jahren | |
eine Zollunion und einen gemeinsamen Markt schaffen wollen. Perspektivisch | |
streben sie eine gemeinsame Währung und eine Politische Union an. | |
Dass die Zollunion schon am 1. Juli dieses Jahres hatte in Kraft treten | |
sollen, die Verhandlungen aber gescheitert waren, war offiziell kein Thema | |
mehr. Der Vorsitzende der Gemeinschaft, Kenias Präsident Daniel Arap Moi, | |
sagte, der Abschluss des Vertrages sei „ein historisches Ereignis für | |
Ostafrika“. Doch am Rande der Unterzeichnung wurde bekannt, dass seine | |
Regierung bis zuletzt darauf gedrängt hatte, einen festen Zeitpunkt für die | |
Einführung der Zollunion zu benennen. Nun heißt es im Vertrag, sie solle | |
innerhalb von vier Jahren verhandelt und auf einem Gipfel des Staatschefs | |
unterzeichnet werden. | |
Die Gründe dafür scheinen einfach. Das Pro-Kopf-Einkommen in Kenia und | |
Uganda ist fast doppelt so hoch wie in Tansania. Und Tansania gewinnt 30 | |
Prozent seiner Zoll- und Steuereinnahmen durch den Warenimport aus Kenia. | |
Der Präsident des tansanischen Industrieverbandes, Crispin Mwanyika, wurde | |
schon Anfang des Jahres mit der Befürchtung zitiert, Tansania, das | |
bevölkerungsreichste der drei Länder, werde „ein Supermarkt für die | |
Industriegüter aus Kenia und Uganda“. | |
Tansania hat schon im Juni seinen Austritt aus der Regionalorganisation | |
Comesa angekündigt. Sie hatte auf einem Treffen im Vormonat beschlossen, | |
innerhalb von zwei Jahren auf die Zölle zwischen den Mitgliedsländern zu | |
verzichten. Tansania ist im Unterschied zu Kenia und Uganda jedoch Mitglied | |
der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC). | |
Der tansanische Außenminister Jakaya Kikwete spielte am Dienstag die | |
Spannungen herunter. Der taz sagte er: „Wir wollen etwas Dauerhaftes | |
schaffen. Sehen Sie, wie lange es gedauert hat, die Europäische | |
Gemeinschaft zu schaffen: über 40 Jahre.“ Zu den verschiedenen | |
Mitgliedschaften der drei Länder in Comesa und SADC und den | |
Schwierigkeiten, die durch die fortschreitende Integration auftauchen | |
könnten, meinte Kikwete: „Dadurch, dass wir aus der Comesa ausgetreten | |
sind, haben wir einige Länder am Horn von Afrika und Ägypten als bevorzugte | |
Handelspartner verloren. In der EAC sind wir drei Länder, in der SADC sind | |
es dreizehn. Ich bin sicher, dass wir, alle sechzehn, am Ende sowieso | |
zusammen sein werden.“ | |
Konkret wurde in der EAC bisher jedoch wenig erreicht. Der neue | |
ostafrikanische Reisepass berechtigt lediglich zu Reisen in die | |
Mitgliedsländer. Die drei Landeswährungen sind kompatibel, die | |
Freizügigkeit des Arbeitsplatzes und des Wohnsitzes muss jedoch erst noch | |
ausgehandelt werden. | |
Doch bis es zu einem Ergebnis kommt, sind noch eine Reihe Hürden zu | |
überwinden. Experten halten die Korruption in den beiden wichtigsten | |
ostafrikanischen Häfen, Mombasa und Daressalam, und die bürokratischen | |
Hürden, die es Geschäftsleuten erschweren, in allen drei Ländern zu | |
arbeiten, für die Hauptprobleme. Der Integrationsprozess wird außerdem | |
stark vom guten Willen der drei jeweiligen Regierungen abhängen. So können | |
die Tansanier einigermaßen beruhigt sein. Es dürfte wohl noch eine ganze | |
Weile dauern bis „die Kenianer kommen“. Peter Böhm | |
2 Dec 1999 | |
## AUTOREN | |
Peter Böhm | |
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