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# taz.de -- Estela de Carlotto findet ihren Enkel wieder
> ARGENTINIEN Für die Vorsitzende der Großmütter der Plaza de Mayo ist ein
> Traum in Erfüllung gegangen. Nach Jahrzehnten kann sie den in der Haft
> geborenen und verschleppten Enkel in die Arme schließen
AUS BUENOS AIRES JÜRGEN VOGT
Nach 36 Jahren hat die Vorsitzende der Großmütter der Plaza de Mayo in
Argentinien ihren Enkel wiedergefunden. „Ich wollte nicht sterben, ohne ihn
umarmt zu haben“, sagte Estela de Carlotto, 83, als sie am Dienstag die
Nachricht über ihren wiedergefundenen Enkel bekanntgab. „Von diesem Moment
habe ich geträumt“, fügte die überglückliche Großmutter hinzu. Zuvor hat…
eine Richterin den positiven Nachweis eines genetischen DNA-Abgleichs
bestätigt.
Am 24. März 1976 putschten sich in Argentinien die Militärs an die Macht.
Carlottos Tochter Laura war im November 1977 verschleppt worden. Am 26.
Juni 1978 brachte sie im Militärhospital von Buenos Aires einen Jungen zur
Welt, dem sie den Namen Guido gab. Fünf Stunden waren Mutter und Sohn nach
der Geburt zusammen, dann wurden sie getrennt. Am 25. August 1978 übergab
die Polizei Estela de Carlotto die Leiche ihrer Tochter, mit einem
Einschuss im Gesicht. Von dem Baby fehlte jede Spur. Wie argentinische
Medien berichten, handelt es sich bei dem Enkel um einen heute 36-Jährigen
mit dem Namen Ignacio Hurban aus Olavarría in der Provinz Buenos Aires. Die
Zweifel an seiner Identität hatten den Musiker und Direktor einer
Musikschule dazu gebracht, sich im Juli freiwillig einer vergleichenden
DNA-Analyse zu unterziehen.
Die Vereinigung Großmütter der Plaza de Mayo schätzt die Zahl der
verschleppten Babys auf 500. Viele von ihnen wurden zur Adoption
freigegeben. Guido ist der 114. Enkel, den die Großmütter bisher finden
konnten. Die inhaftierten Mütter wurden in der Regel ermordet. Während der
Diktatur wurden rund 30.000 Menschen getötet. Das Schicksal vieler
„Verschwundener“ ist bis heute nicht geklärt.
„Wir Großmütter der Plaza de Mayo empfinden keinen Hass. Wir finden unsere
Enkel und die Justiz richtet“, sagte die 83-jährige Carlotto und verwies
damit auf eines der wichtigsten Gerichtsverfahren, in dem die argentinische
Justiz einen systematischen und geplanten Kindesraub von Babys politischer
Gefangener während der Diktatur bestätigte. Im Juli 2012 wurde der
ehemalige Diktator Jorge Rafael Videla wegen Kindesraub zu 50 Jahren
Gefängnis verurteilt worden. Sechs mitangeklagte ehemalige Militärs
erhielten 10 bis 40 Jahre Haft. In dem Prozess wurden exemplarisch 35 Fälle
von Kindesraub verhandelt.
Von den 35 in der Haft Geborenen konnten 26 ihre wahre Identität
herausfinden. Von den anderen fehlen die Spuren. Die Militärs hätten den
Plan nicht in der Tasche gehabt, als sie sich an die Macht putschten, sagte
Staatsanwalt Martín Niklison. Sie sahen sich ganz einfach mit der Tatsache
konfrontiert, dass unter den entführte Regimegegnern schwangere Frauen
waren. Darauf mussten sie reagieren. Eine Reaktion war der Bau der
Kreissäle in den Lagern, so Niklison.
7 Aug 2014
## AUTOREN
JÜRGEN VOGT
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