# taz.de -- Anlaufstelle für Illegale: Ver.di berät die Papierlosen | |
> Menschen ohne Papiere, die Ärger mit dem Arbeitgeber haben, können bald | |
> bei Ver.di Hilfe suchen. Die Gewerkschaft weicht ihre bisher ablehnende | |
> Haltung gegenüber "undokumentierter Arbeit" auf. | |
Die Peruanerin Ana S. arbeitete 39 Monate lang zehn Stunden täglich als | |
Haushaltshilfe bei einer reichen Familie in Hamburg. Stundenlohn: knapp 1 | |
Euro. Weil ihre Papiere abgelaufen waren und sie so zu einer | |
"undokumentierten Arbeitskraft" geworden war, schien sie keine | |
Möglichkeiten zu haben, sich gegen die Ausbeuterbezahlung zu wehren. Bis | |
eine Frau sie an die Beratungsstelle der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di | |
"Migration und Arbeit" vermittelte. Dort half man ihr, einen angemessenen | |
Lohn einzuklagen. Unter dem Titel "Mit einem Lächeln auf den Lippen. Eine | |
Hausarbeiterin ohne Papiere zieht vors Arbeitsgericht" hat die Regisseurin | |
Anne Frisius den Kampf von Ana K. zu einem Dokumentarfilm verarbeitet. Am | |
Sonntagabend hatte der Film im Kino Babylon Mitte Premiere. Und auch in der | |
Hauptstadt richtet Ver.di nun eine "Beratungsstelle für undokumentiertes | |
Arbeiten" ein. | |
Bárbara Miranda, die ab 11. März die Ver.di-Beratungsstelle leitet, sagte | |
auf der gut besuchten Veranstaltung, dass es künftig nicht mehr - wie in | |
dem Film - von zufälligen Bekanntschaften abhängen solle, ob Arbeitskräfte | |
ohne Papiere eine Möglichkeit bekommen, ihre Rechte einzuklagen. In Hamburg | |
wurde die bundesweit erste Anlaufstelle dieser Art von den Gewerkschaften | |
am 1. Mai 2008 eingerichtet. Der zuständige Hamburger Ver.di-Sekretär Peter | |
Bremme sieht in dieser Einrichtung auch eine gewerkschaftliche | |
Neuorientierung. Bislang konnten Papierlose von den Arbeitnehmervertretern | |
keine Unterstützung erhoffen, denn den Gewerkschaften galten sie in erster | |
Linie als Schwarzarbeiter und Lohndrücker. So haben noch vor wenigen Jahren | |
die von der Gewerkschaft propagierten "Schwarzarbeitertelefone", mit denen | |
undokumentiert Beschäftigte bei den Behörden gemeldet werden sollten, für | |
heftige Kritik bei antirassistischen Gruppen, aber auch innerhalb der | |
Gewerkschaften geführt. Mit den Beratungsstellen wolle man nun zeigen, dass | |
es auch andere Möglichkeiten gibt, mit undokumentiert Beschäftigten | |
umzugehen, so Bremme. Der in Berlin zuständige Ver.di-Gewerkschaftssekretär | |
Jürgen Stahl erklärt gegenüber der taz, dass es in seiner Gewerkschaft auch | |
weiterhin darüber Diskussionen gab. Grundsätzlich müsse man aber zwischen | |
Beschäftigten unterscheiden, die bewusst illegale Arbeitsverhältnisse | |
eingehen, und denen, die gar keine anderen Möglichkeiten haben. | |
Das Netzwerk respect, in dem sich auch viele undokumentierte | |
Haushaltshelferinnen organisieren, setzt sich seit 2003 dafür ein, dass sie | |
Gewerkschaftsmitglieder werden können. Im Herbst 2008 wurde der "AK | |
undokumentiertes Arbeiten" gegründet, in dem neben Ver.di und respect | |
weitere Antirassismus- und Flüchtlingsgruppen vertreten sind. Mit der | |
Beratungsstelle wolle man einen regelmäßigen Anlaufpunkt für die | |
undokumentierten Arbeitskräfte schaffen, betonte Miranda. "Wir sind keine | |
Opfer, sondern besonders ausgebeutete Arbeitskräfte, die für Rechte | |
kämpfen." Das Interesse bei der Zielgruppe sei vorhanden. Allein in den | |
letzten Monaten seien über persönliche Kontakte rund 60 undokumentiert | |
Beschäftigte bei Ver.di eingetreten. Die Zahl werde sich erhöhen, wenn die | |
regelmäßigen Beratungstermine bekannt werden, hofft Miranda. Schließlich | |
beträgt die Anzahl der undokumentiert Beschäftigten in Berlin nach | |
Schätzungen um die 1.000 Menschen. | |
23 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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