# taz.de -- Der Kosmonaut | |
> PORTRÄT Ralf Beil ist der neue Chef des Kunstmuseums Wolfsburg. Er | |
> schätzt die Freiheit einer Arbeit jenseits von Markt und Quote und ein | |
> Museum als Möglichkeitsraum. Dabei sieht sich selbst als | |
> Ausstellungsmacher mit Leib und Seele | |
Seit dem ersten Februar hat das Kunstmuseum Wolfsburg einen neuen Direktor, | |
den promovierten Kunsthistoriker Ralf Beil. Er wurde im Juli letzten Jahres | |
als Nachfolger von Markus Brüderlin berufen, der im März unerwartet | |
verstarb. | |
Und da sich Beil bereits in seiner Dissertation mit dem Thema | |
„Künstlerküche. Lebensmittel als Kunstmaterial“ befasst hatte, wurde er am | |
ersten Arbeitstag von seinem neuen Team mit einem gemeinsamen Mittagessen | |
empfangen. Er konnte sich so allen – vom Ausstellungsbüro bis hin zur | |
Museumstechnik – vorstellen. Danach hat er sein Büro bezogen, Computer | |
sowie iPhone eingerichtet – und erste Entscheidungen getroffen. | |
An selbstsicherem Schwung scheint des dem 1965 im japanischen Kobe | |
Geborenen nicht zu fehlen. Beil steht nun in der Folge von Gijs van Tuyl, | |
der das Haus vom 1992 bis 2005 leitete und Markus Brüderlin. „Für mich geht | |
es im Kunstmuseum Wolfsburg um die Zündung einer dritten Raketenstufe: Gijs | |
van Tuyl hat die Rakete Kunstmuseum ebenso souverän wie bravourös | |
gestartet. Markus Brüderlin hat sie dann in einer zweiten Zündungsstufe mit | |
seinen hochkarätigen Themenausstellungen auf eine stabile Umlaufbahn | |
gebracht. Und nun ist es an mir, mit unseren Besuchern in noch unbekannte | |
Welten durchzustarten“, sagte Beil. | |
Beil schätzt die Freiheit einer Arbeit jenseits von Markt und Quote und | |
sieht ein Museum als Möglichkeitsraum. Das Wolfsburger Haus wird nicht | |
primär an seinen Besucherzahlen gemessen, auch wenn die sich sehr gut sehen | |
lassen können, sondern an der Kreativkraft seiner ungewöhnlichen | |
Ausstellungsprojekte. „Das reizt mich naturgemäß als Ausstellungsmacher mit | |
Leib und Seele“, sagt er. | |
An seiner vorherigen Wirkungsstätte, dem Institut Mathildenhöhe in | |
Darmstadt, sorgte Beil für Aufsehen, untern anderem mit einer Sichtung des | |
Expressionismus als Gesamtkunstwerk in Literatur, Musik, Architektur, Film, | |
bildender wie darstellender Kunst. „Ich konnte den Ort mit | |
Welterbe-Potenzial wieder auf die Kunstlandkarte Deutschlands setzen.“ Nach | |
dem strengen Brüderlin’schen Suchprogramm zur der Moderne im 21. | |
Jahrhundert dürfen in Wolfsburg opulente und zugleich programmatische | |
Ausstellungen erwartet werden. „Es geht mir jenseits der Moderne um | |
Welterkenntnis durch Kunst und Kultur im weitesten Sinn“, sagt Beil. | |
Auch für den etwas ins Hintertreffen geratenen Sammlungsauftrag des | |
Kunstmuseums hat Beil ein Konzept parat: „Durch die bestenfalls in diesem | |
Jahr beginnende Sammlungsoffensive wird die bislang schon hochkarätige | |
Sammlung politischer, weiblicher und globaler werden.“ | |
Beil ist verheiratet und hat zwei Töchter. Sobald etwas Passendes für seine | |
Familie gefunden ist, wird sie in die Region ziehen. Fürs erste reicht Beil | |
die Einzimmerwohnung in Wolfsburg. BETTINA MARIA BROSOWSKY | |
17 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
BETTINA MARIA BROSOWSKY | |
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