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# taz.de -- „Ein zaghafter Beginn“
> VORTRAG Philosoph Hans-Joachim Lenger spricht über das Teilen – und die
> „kommende Demokratie“
taz: Herr Lenger, warum ist Teilen herrlich?
Hans-Joachim Lenger: Ökonomie beziehungsweise Oikonomia ist zunächst einmal
ein theologischer Begriff, der die Schöpfung, also die Weltwerdung Gottes
betrifft. Nun ist Gott natürlich Inbegriff aller Herrlichkeit – und sie
durchstrahlt auch seine Ökonomie. Das prägt, was wir unter Ökonomie
verstehen, auch wenn wir die theologischen Anklänge darin heute kaum noch
mithören.
Inwiefern?
Der Kapitalismus, so Walter Benjamin, ist selbst eine Religion. Und wenn
man das Thema der Herrlichkeit zusammenführt mit der Souveränität oder
Omnipotenz Gottes und das auf die profane Ökonomie bezieht, dann wird eine
Art Glaubensdiktatur der Ökonomie erkennbar. Sie will alle Bereiche der
Gesellschaft unter sich begreifen. Allerdings steht nicht zu erwarten, dass
diese Diktatur letzthin erfolgreich sein wird.
Was macht sie da so optimistisch?
Der Griff der Finanzmärkte auf das gesellschaftliche Leben in vielen Teilen
der Welt erzeugt nicht Geschlossenheit, sondern lässt die Welt immer
zerrissener werden. In dem, was dem Griff dieser Mächte entgeht, zeichnet
sich die dringenden Notwendigkeit eines anderen Denkens ab – auch eines
politischen.
Was zeichnet diese Demokratie aus?
Sie würde nicht mehr dem Diktat der Alternativlosigkeit gehorchen. Und sie
kündigt sich ja schon an, sie zeigt sich. Denn sie ist unabweisbar, wenn
die katastrophalen Ereignisse in der Welt nicht weiter um sich greifen
sollen.
An welche Katastrophen denken Sie?
Die Tageszeitungen sind voll davon. Der Krieg wurde in Europa wieder zu
einer realen Größe. Der implizite Kollaps der neoliberalen Finanzökonomien
führt heute zu einer Verelendung auch in Europa. Das sind Phänomene, die
wir sonst nur aus der „dritten Welt“ kannten.
Und wo sehen sie konkret die Anzeichen für diese neue Demokratie?
Der Zerfall der herrschenden Ordnungen ist unübersehbar, deshalb ihre
Eskalation der Gewalt. Doch jeder Zerfall setzt Fragmente frei, die sich
anders konstellieren lassen. Vielleicht ist Griechenland da ja nur ein
zaghafter Beginn. Zu hoffen wäre es. Schon einmal, so hörten wir ja zur
Genüge, ging von Griechenland die Demokratie aus.
INTERVIEW: DKU
19 Uhr, HFBK, Lerchenfeld 2, Raum 229,
23 Feb 2015
## AUTOREN
DKU
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