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# taz.de -- Namibia im Unabhängigkeitsfieber
> Im Südwesten Afrikas schlägt die Geburtsstunde einer neuen Nation  ■ …
> Windhoek Peter Dietrich
Namibias Hauptstadt Windhoek in der ansonsten das Leben eher beschaulich
als hektisch abläuft, ist seit Tagen schon vom Unabhängigkeitsfieber
erfaßt. Auf der Magistrale, die noch immer Kaiserstraße heißt, bald aber in
Independence Avenue umgenannt wird, stößt man an jeder Ecke auf
ausländische TV -Kamerateams. Etwa 3.000 Journalisten aus aller Welt werden
über das Ereignis berichten. Die ersten prominenten Gäste
UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar und USA -Außenminister James
Baker - sind bereits eingetroffen, erwartet werden offizielle Delegationen
aus 147 Ländern. Die DDR-Regierungsdelegation steht unter Leitung des
Staatssekretärs im Außenministerium, Dr. Werner Fleck.
Im Straßenbild dominiert in den Auslagen der Geschäfte, auf T-Shirts oder
auf Autoaufklebern die neue Landesfahne in den Farben rot-grün-blau-weiß
mit einer stilisierten Sonne im linken oberen Eck. Schon auf dem vor den
Toren Windhoeks gelegenen Flughafen „springt“ dem Ankommenden ein riesiges
Plakat ins Auge: „Willkommen im unabhängigen Namibia“. Damit wird
vorweggenommen, was am Mittwoch um 00.00 Uhr Wirklichkeit wird, wenn die
südafrikanische Fahne eingeholt, die Flagge des neuen Namibia gehißt und
der designierte Staatspräsident Sam Nujoma vom UNO-Generalsekretär
vereidigt wird.
Für die Geburtsstunde des neuen Staates im Südwesten Afrikas ist alles
vorbereitet. Nur eine eigene Nationalhymne ist nicht rechtzeitig fertig
geworden. Dafür erklingt bei den nächtlichen Feierlichkeiten im Windhoeker
Sport-Stadion vorerst das im gesamten südlichen Afrika gebräuchliche Lied
„Nkosi Sikele i Afrika“ (Gott schütze Afrika). Der künftige Präsident Sam
Nujoma betonte vor kurzem, die mehrere Tage andauernden Feiern zur
Unabhängigkeit, für die Generationen von Namibiern gekämpft hätten, seien
kein Vorrecht für eine politische Partei, sondern Sache aller Bürger des
Landes. Es sei jetzt die Zeit gekommen, die Übel der Vergangenheit zu
vergessen und alle Anstrengungen zu vereinen, um Frieden und nationale
Versöhnung zu fördern.
Das bereits im Frühjahr einstimmig angenommene Grundgesetz, das mit der
Proklamierung der Republik Namibia in Kraft tritt, ist am Wochenende vom
Staatspräsidenten und allen 72 Mitgliedern der Verfassungsgebenden
Versammlung unterschrieben worden.
Ausländischen Investoren soll es erlaubt sein, im Rahmen eines Code tätig
zu werden, der vom Parlament, das am Mittwoch aus der bisherigen
Verfassungsgebenden Versammlung hervorgeht, noch zu verabschieden sein
wird.
Während Gäste aus allen Erdteilen eintreffen, haben die ersten
UNTAG-Einheiten, die den Übergang zur Unabhängigkeit beaufsichtigt hatten,
das Land bereits verlassen. Bis zum 9. April soll die Rückführung der
UNO-Kräfte beendet sein. Nur das etwa 800 Mann starke kenianische
Kontingent wird noch einige Zeit in Namibia bleiben, um bei der Ausbildung
von Armee und Polizei Unterstützung zu geben. Auch für die australischen
UNO-Soldaten bleibt noch eine Aufgabe: Sie sind im Norden dabei, die
Minenfelder, die eine große Gefahr für das Leben der Menschen darstellen,
unschädlich zu machen.
21 Mar 1990
## AUTOREN
windhoek peter dietrich
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