# taz.de -- Verabschiedung für Kalle Ruch: Vom Birnenbaum und der Zukunft | |
> Zuversichtlich und vielleicht auch etwas gerührt: die Versammlung der | |
> taz-Genoss:innen geleitete taz-Chef Kalle Ruch in den nahenden Ruhestand. | |
Bild: Kalle Ruch bei der Genoversammlung 2019 | |
von [1][JAN FEDDERSEN] | |
Das ist nicht gerade eine erwartbare Geste eines mindestens | |
autoritätsskeptischen taz-Publikums, zumal der vielen Genoss:innen auf | |
ihrer Generalversammlung: dass es aufsteht und einem Mann stehende, | |
herzliche Ovationen spendet. Nun ja, einer musste dies, so sah es aus, | |
aushalten. Und das war Karl-Heinz Ruch, seit ewigen Zeiten, also seit der | |
taz-Geburt Ende der siebziger Jahre, Geschäftsführer dieses Hauses. | |
Manche, so wird hernach kolporiert, wollen einen zarten Schimmer Rührung in | |
seinen Augen gesehen haben. Und das bei diesem, wie einige sagten, Stoiker, | |
dieser coolen Socke, der so gut wie keinen Erregungszustand in der über | |
vierzigjährigen Geschichte der taz mitmachte, schon gar keine politischen. | |
Jonny Eisenberg, in Berlin berühmter Strafverteidiger, ebenfalls | |
taz-Urgestein, hielt die Rede auf den noch aktiven Freund und | |
Geschäftsführer. Seine Ansprache wurde untermalt durch in der Tat sehr | |
jugendliche – wahlweise: posthippieske, punkische oder Sonstwie-Looks – | |
Fotos aus der taz-Geschichte Ruchs. | |
## Schroffe Geschichte | |
Im Kranz, den ihm Eisenberg, aufmerksam beobachtet vom eigens zu Kalle | |
Ruchs Abschiedsgenerationalversammlung der taz gekommenen Christian | |
Ströbele, flocht, schien doch entschieden die teilweise ja auch schroffe | |
Geschichte der taz durch. Wie Kalle & Co. sich dagegen verwahrten, von | |
Medienunternehmen gekauft und vermeintlich gesichert zu werden: Das ist ja | |
bei allen linken Zeitungen und Zeitschriften gerade seit den frühen | |
neunziger Jahren schiefgegangen. | |
Nicht so die taz, so Ruch, sie habe sehr früh, ja, früher als alle anderen | |
auf die Gründung einer Community gesetzt, auf den engen Kontakt zum eigenen | |
Publikum: einst über die Etablierung einer Genossenschaft, mit heute fast | |
20.000 Mitgliedern eine Kraft, die auf Unkaputtbarkeit der taz deutet. | |
Dann, seit einigen Jahren in der Ära des Digitalen, über die Ansprache | |
unserer User:innen und die Entwicklung von taz zahl ich: Die taz, so kann | |
sie cool von sich sagen, braucht keine Zwangspaywall – ihr Journalismus im | |
Netz ist frei zugänglich für alle und kann doch ihren besonderen | |
Journalismus finanzieren. | |
## Neue Projekte im Ruhestand | |
So sagte er, zumal am Abend bei der Party der taz-Genossenschaft im neuen | |
taz Haus, er gucke mit Zufriedenheit, ja, Glück auf das, was er als | |
Geschäftsführer geschaffen hat. Ihm bleiben in seinem kommenden Ruhestand, | |
so sagte er schon neulich einem Medienbranchendienst, zwei Projekte, die er | |
mit zur Welt bringen will – das Queere Kulturhaus – Elberskirchen | |
Hirschfeld sowie ein neues Mietshaus für aktive und ehemalige | |
taz-Angehörige. | |
Mit Andreas Marggraf, dem neuen Geschäftsführer, weiß Ruch seine Nachfolge | |
in der taz bestens besorgt. Kalle Ruch wird sich nach der Weihnachtsfeier | |
der taz im Dezember endgültig ins Brandenburgische zurückziehen, hoch | |
zufrieden mit dem, was war. Und was wird? | |
Einen Birnbaum pflanzen, ganz im Geiste von Ribbeck zu Ribbeck, den bekam | |
er von der taz-Genossenschaft zum Abschied geschenkt. Man kann ja kaum in | |
seinem Gesicht lesen, aber dies war zu sehen: dass er sich darauf freut, | |
genau diesen Baum zu pflanzen. | |
16 Sep 2019 | |
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[1] /!s=&Autor=Jan+Feddersen/ | |
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