# taz.de -- Die Genossenschaftsversammlung 2019: Positiv gestimmte Skeptiker*in… | |
> Die Zukunft der taz wurde bei der Genoversammlung 2019 hart diskutiert. | |
> Das Schicksal der gedruckten Zeitung bewegt die Genoss*innen. | |
Bild: Im Saal war es zu voll: taz-Genoss:innen verfolgen die Versammlung von de… | |
von [1][JANA LAPPER] | |
Der Spagat, den die taz in Zukunft schaffen will, ist nicht einfach | |
hinzubekommen. „Die taz will sich neu erfinden“, sagt die stellvertretende | |
Chefredakteurin Katrin Gottschalk und meint damit die Digitalisierung. | |
„Aber sie will so bleiben, wie sie ist.“ | |
Viele der 19.336 Genoss*innen sind am Samstag, 14. September 2019, in das | |
Haus der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlins Mitte gekommen, um sich zu | |
erkundigen, wie die taz das genau schaffen will. Ein Genosse ist extra um | |
vier Uhr morgens aufgestanden, um mit dem Zug von Köln anzureisen – so wie | |
er nehmen viele den Aufwand auf sich, um der taz beizustehen. Alle passen | |
nicht in den großen Saal, deshalb sitzen Menschen auf der grün gemusterten | |
Treppe im Vorraum und verfolgen die Diskussionen über einen Livestream. | |
Dieses Jahr wollen die Genoss*innen nicht nur Jahresbilanzen hören, zwei | |
Mitglieder für den Aufsichtsrat wählen und Pflaumenkuchen vom Buffet essen. | |
Viele sorgen sich, denn bald soll es keine gedruckte Ausgabe der | |
tageszeitung mehr geben. Die Formel vom „Szenario 2022“, wie sie der | |
scheidende Geschäftsführer Kalle Ruch aufgestellt hat, geistert durch den | |
Raum. | |
Skeptiker*innen im Publikum | |
Viele der Anwesenden hängen an der Printausgabe. Zur Not werde er sich | |
einen DIN-A3-Drucker anschaffen und sich die taz jeden Tag selbst | |
ausdrucken, meldet sich ein Genosse zu Wort. „Aber die Zukunft ist leider | |
digital“, versucht es das frisch gewählte Mitglied des Aufsichtsrates Jens | |
Pohlmann den Anwesenden näherzubringen. Auch wenn er dabei selbst noch | |
etwas skeptisch wirkt. | |
Eines scheint die Skeptiker*innen im Publikum dann doch positiv zu stimmen: | |
die vier motivierten Produktentwickler*innen, die seit einem halben Jahr an | |
der Zukunft der taz arbeiten. Sie stellen den Genoss*innen ihre Ideen vor. | |
Jürn Kruse erzählt von seinen Plänen, online ein Nutzer*innenzentrum mit | |
einer „digitalen Bühne“ einzurichten und das freiwillige Bezahlmodell „t… | |
zahl ich“ zu stärken. | |
Er stelle sich das wie eine Kleinstadt im Netz vor, sagt Kruse, mit einer | |
Bühne, auf der es Livestreams und Diskussionen geben könne und einem | |
Bürgerzentrum für Anliegen der Leser*innen. Jörg Kohn, der die weiterhin | |
gedruckte Wochenend-Ausgabe der taz überarbeitet, schwärmt von einer | |
„meinungsstarken, politischen und modernen Zeitung“. | |
## Das Überleben der taz | |
Und Lena Kaiser hat sogar schon eine Kostprobe der neuen taz App | |
mitgebracht, die die Genoss*innen an diesem Tag ausprobieren können. Die | |
wird es ab März nächsten Jahres zu kaufen geben. Luise Strothmann, die die | |
taz im Netz weiterentwickelt, will künftig noch mehr Menschen damit | |
erreichen. „Wir wollen auf allen Kanälen Streit anzetteln und Verbindungen | |
schaffen.“ Und sie fasst zusammen: „Wir sind zwar klein, aber laut. Von uns | |
hört man.“ Trotz aller Neuerungen bleibt die taz also taz. Ein Genosse | |
meldet sich zu Wort: „Ich habe ein unglaublich großes Vertrauen, dass wir | |
diesen Weg gehen können.“ | |
Letztendlich muss dieser Prozess auch das Überleben der taz sichern. Das | |
ist wichtiger denn je, findet Chefredakteur Georg Löwisch. Nicht nur die | |
taz, auch die Gesellschaft stehe an einem Wendepunkt. Zwei Themen, über die | |
die taz schon lange intensiv berichtet, hebt er hervor: Rechtsextremismus | |
und Klimaerwärmung. | |
Auch andere Medien schreiben heute etwa über das rechte Hannibal-Netzwerk, | |
das die taz durch intensive Recherche aufgedeckt hat. „Wir berichten nicht | |
nur für uns selbst, im kleinen linken Kämmerlein“, sagt Löwisch. „Wir | |
müssen die anderen dazu bringen, auch darüber zu berichten.“ Um die nötige | |
Reichweite zu erzielen, sei es wichtig, taz-Inhalte auf ganz | |
unterschiedlichen Kanälen zu spielen. Er sagt auch, dass man dabei die | |
Arbeitsbelastung der Mitarbeiter*innen im Auge behalten müsse, die schon | |
jetzt oft sehr hoch sei und vergleichsweise niedrig bezahlt werde. | |
## Fünf Phasen einer Liebesbeziehung | |
Während der Diskussionen, wechselnd moderiert von Aufsichtsrätin Stefanie | |
Urbach und Chefredaktionsmitglied Barbara Junge, wird die Luft im Raum | |
manchmal knapp. Manche schlendern dann lieber zwischen den taz-Ständen und | |
plauschen mit Redakteur*innen. Andere setzen sich mit Kaffee und aktueller | |
taz nach draußen in die Spätsommersonne. | |
Gegen Ende greift Chefredaktionsmitglied Gottschalk zum Mikro. Sie | |
vergleicht die Beziehung zur taz mit einer Liebesbeziehung. Die würden | |
immer aus fünf Phasen bestehen – von frisch verliebt bis zu intim-vertraut. | |
In der Letzten stecken wohl die meisten, vermutet sie. „Da gibt es viel | |
Streit, aber am Ende einigt man sich doch immer.“ Und bei all dem habe sie | |
selbst immer wieder Schmetterlinge im Bauch. | |
15 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /!s=&Autor=Jana+Lapper/ | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |