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# taz.de -- Mete Eksi starb nach rassistischem Überfall
> ■ Justizverwaltung sieht jedoch im Tod des 19jährigen Türken kein
> ausländerfeindliches Motiv: »Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen«
Berlin. Große Trauer und Ratlosigkeit, aber auch Sorge und Angst sprach aus
den Gesichtern der Mitglieder des Türkischen Elternvereins, als sie gestern
vom Tod des 19jährigen Mete Eksi berichteten. Mete Eksi ist am Mittwoch an
den Folgen der heftigen Schläge gestorben, die ihm von dem 23jährigen
Deutschen Michael Sch. in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober mit einem
Baseballschläger zugefügt worden waren. Danach hatte er drei Wochen im Koma
gelegen.
Für seine Angehörigen und Freunde sowie für den Türkischen Elternverein
steht fest, daß Mete Eksi Opfer eines rassistischen Angriffs geworden ist.
Die Staatsanwaltschaft geht demgegenüber von einer »Auseinandersetzung«
zwischen deutschen und türkischen Jugendlichen aus, wie Justizsprecherin
Fölster auf Nachfrage erklärte. Es gebe keinen Anhaltspunkt für ein
»rassistisches oder politisches Tatmotiv« und auch keine Erkenntnisse
darüber, ob die deutsche Tätergruppe den Skinheads beziehungsweise einer
anderen rechtsradikalen Gruppe nahestehe, hieß es.
Der 23jährige Täter verbüßt zur Zeit eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung.
Als er mit seinen beiden 16 und 21jährigen Brüdern am 25. Oktober am
Adenauerplatz auf Mete und seine vier Freunde traf, hatte er Freigang. Die
drei Brüder wohnen in Wedding und Tiergarten. Metes Freunde gaben bei der
Polizei zu Protokoll, daß die Deutschen die türkische Gruppe zunächst
verbal provoziert hätten, indem sie die türkische Sprache nachäfften. Dann
habe der 23jährige Deutsche mit dem Baseballschläger auf Mete eingeprügelt.
Gegen Michael Sch. wurde jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlags
eingeleitet. Ein Haftbefehl sei nicht erforderlich, weil er ohnehin noch im
Gefängnis sei. Nach Angaben von Justizsprecherin Fölster werde aber auch
gegen Metes vier Freunde wegen des Verdachts der gefährlichen
Körperverletzung ermittelt, weil Michael Sch. von einem der Türken mit
einem Messer in den Oberschenkel gestochen worden sei.
Mete Eksi wurde 1972 in Berlin geboren, besuchte die Fachoberschule für
Wirtschaft und nahm im letzten Jahr die Deutsche Staatsangehörigkeit an.
Sein Vater gehört zu den ersten türkischen Einwanderern. »Berlin war Metes
Heimat«, sagte der Sprecher des Türkischen Elternvereins, Mesut Keskin,
gestern. »Er war ein Heranwachsender von großer Friedfertigkeit.« Mete habe
sich immer sehr für das friedliche Zusammenleben mit den Deutschen
eingesetzt und sogar versucht, mit rechtsradikalen Jugendlichen zu
sprechen. Sein Plan sei es gewesen, ein interkulturelles Jugendfest gegen
Gewalt zu veranstalten. Es sei aber nicht dazu gekommen, weil die Behörde
der Ausländerbeauftragten kein Geld dafür geben wollte.
»Wir sind nicht voller Haß«, sagte Mesut Keskin. »Wir trauern auch um die
Täter, weil auch sie einen Teil ihres Lebens zerstört haben.« Viele seiner
Landsleute und vor allem die türkischen Jugendlichen, so Keskin,
identifizierten sich mit diesem Land. »Vielleicht geht es nicht in die
Politikerköpfe, daß wir nicht mehr auswandern werden. Wir sind schon einmal
eingewandert.« Um so unerträglicher sei »diese Gefahr in der Luft«, die
dazu führe, daß viele seiner Landsleute Angst hätten, abends allein auf die
Straße zu gehen. Metes Onkel, Mehmet Eksi, versagte die Stimme bei den
Worten, Berlin sei für ihn durch Metes Tod »leerer geworden«.
Der Türkische Elternverein ruft zu einem Schweigemarsch für Mete sowie
gegen die Ausländerfeindlichkeit am kommenden Samstag um 13 Uhr auf. Er
soll vom Tatort am Adenauerplatz zum Rathaus Schöneberg führen. Bis dahin
wird am Tatort eine Mahnwache gehalten. »Wir distanzieren uns von jeder
Gewalt«, betonte der Elternverein. Auf die Frage, wie die türkischen
Jugendlichen auf Metes Tod reagierten, sagte der Sprecher Keskin: »Die
Jugendlichen sind sehr betroffen.« Was in ihnen aktuell vorgehe, sei aber
schwer nachzuvollziehen. Das Büro SOS für Rassismus, Bündnis 90/ Grüne, SPD
und PDS reagierten auf Metes Tod mit Bestürzung und riefen mit Ausnahme der
SPD auch zur Beteiligung an dem Trauermarsch und der Mahnwache auf. plu
15 Nov 1991
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plu
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