# taz.de -- Datenschutz in der EU: Das Private bleibt politisch | |
> Das Sammeln und Auswerten unserer Daten beeinflusst unsere zukünftigen | |
> Lebenschancen, sagt Ingo Dachwitz von netzpolitik.org. Ein Gespräch über | |
> das Geschäft mit Daten. | |
Bild: Facebook und anderen Techunternehmen sammeln fleißig die Daten ihrer Kun… | |
Interview: [1][VINCENT BRUCKMANN] | |
## taz: Herr Dachwitz, wie steht es um unsere Daten? Muss man sich Sorgen | |
machen? | |
Ingo Dachwitz: In den letzten 10 bis 15 Jahren sind personenbezogene Daten | |
zu einer Ware geworden, zu einem Rohstoff, mit dem Verhalten vorhergesagt | |
werden soll. Sind die Daten geschützt? Jein, es gibt die | |
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), aber der Run auf die personenbezogenen | |
Daten hält an. | |
## Viele haben von der DSGVO gehört, nur wenige wissen, was dahintersteckt. | |
Was bringt sie den EU-Bürger*innen? | |
Die DSGVO ist eine Verordnung der EU, die seit 2018 EU-weit den Umgang und | |
die Regeln mit personenbezogenen Daten festlegt. Die DSGVO verspricht den | |
Nutzern, mehr Kontrolle über ihre Daten zu gewinnen. | |
## Erfüllt sie dieses Versprechen? | |
Es ist zumindest ein erster Schritt. Vorher hatten die zuständigen | |
Aufsichtsbehörden beispielsweise kaum Sanktionsmittel in der Hand, sodass | |
Datenschutz bis dahin immer ein zahnloser Tiger war. Das ändert sich mit | |
der DSGVO grundlegend. | |
## Warum brauchen wir den Datenschutz überhaupt? | |
Wir verstehen langsam, was es bedeutet, dass immer mehr unseres Verhaltens | |
in Datenform vorliegt und verarbeitet werden kann. Mit diesen Daten können | |
Verhaltensprognosen gemacht werden. Das ist die Basis dieser | |
Datenwirtschaft. Das Prinzip gibt es in der Kreditwirtschaft schon lange | |
und hält Einzug in immer mehr Bereiche. Man berechnet dort, wie groß die | |
Wahrscheinlichkeit ist, dass die Person ihre Kredite nicht zurückbezahlt. | |
Unsere Datenspuren beeinflussen also unsere zukünftigen Lebenschancen. | |
## Wie könnte das aussehen? | |
So, dass ich in mittlerer Zukunft mit Kreditkarte in einer Bar ein | |
alkoholisches Getränk bezahle und diese Daten an meine Krankenkasse | |
weitergeleitet werden, die dann meinen Versicherungstarif anpasst. | |
Wissen ist in unserer datengetriebenen Welt mehr denn je Macht. Beim | |
Datenschutz geht es um einen Machtausgleich zwischen Organisationen, die | |
Daten auswerten wollen, und Individuen, die Datenlieferanten sind und | |
bisher keinen Einfluss auf die Lieferung hatten. | |
## Wie kann man das Machtgefälle verschieben? | |
Nutzer*innen können durch ein Auskunftsrecht überhaupt erst einmal | |
Unternehmen auf die Schliche kommen und nachvollziehen, wer welche Daten | |
speichert. Parallel dazu wird erkannt, dass Datenschutz nicht die alleinige | |
Antwort auf die Abhängigkeit von großen Playern wie Google und Facebook | |
sein kann. Man muss an die Marktmacht der Datenkonzerne anknüpfen. Durch | |
strategische Einkäufe sind sie in immer mehr Bereichen marktbeherrschend. | |
Deshalb ist es wichtig, dass sich auch die Kartellbehörden diese Fälle | |
vornehmen, wie es das Bundeskartellamt gerade bei Facebook getan hat. | |
## Worum ging es dabei? | |
Facebook sammelt nicht nur auf seiner eigenen Plattform Daten. Laut | |
Bundeskartellamt sollen die Nutzer*innen erst einwilligen müssen, bevor | |
ihre Daten zusammengeführt werden. Das ist allerdings ein etwas kritischer | |
Trend: Nutzer*innen sollen zu den Manager*innen ihrer Datenspuren werden. | |
Sie müssen sich also im Detail damit auseinandersetzen, welche Daten | |
fließen, wenn sie auf „Zustimmen“ klicken, und welche Konsequenzen das für | |
die Zukunft hat. Das ist aber häufig schwer abzusehen. Es ist eine | |
wohlmeinende Überforderung des Individuums. | |
19 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Vincent-Bruckmann/!a42475/ | |
## AUTOREN | |
Vincent Bruckmann | |
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