# taz.de -- Schüler*innenstreiks fürs Klima: Für eine lebenswerte Zukunft | |
> Tausende Schüler*innen gehen europaweit für das Klima auf die Straße. Was | |
> sie dazu bewegt, erzählt Jonas Kampus auf dem taz lab. | |
Bild: Ihre Zukunft steht auf dem Spiel: Schüler*innen streiken in Zürich | |
Interview: [1][NORA STRASSMANN] | |
taz: Jonas, am 14. Dezember gab es den ersten Klimastreik in Zürich. Du | |
warst von Anfang an mit dabei. Warum? | |
Jonas Kampus: Mir geht es ums pure Überleben, ehrlich gesagt. Es geht | |
tatsächlich um unsere Zukunft. Um die Existenz der Menschheit. Es betrifft | |
Millionen Menschen, die vom Tode bedroht sind oder ihr Zuhause verlieren. | |
Uns geht es stark um diese Menschen, die jetzt keine Stimme haben. | |
## Du denkst aber auch an deine ganz persönliche Existenz? | |
Ja, ich frage mich schon, [2][wie wir auf diesem Planeten weiterleben | |
wollen], wenn es so weiter geht. Und was das für mich persönlich bedeutet. | |
Ich sehe es auch als große Chance. | |
## Wie meinst du das? | |
Ich sehe die Möglichkeit, eine Gesellschaft zu schaffen, die mehr auf | |
Kooperation, Freiheit, Gleichheit und Solidarität beruht. Die Klimakrise | |
ist durch bestehende Machtverhältnisse entstanden. Wenn man die Klimakrise | |
wirklich lösen will, muss man auch diese Machtsysteme abschaffen. Ich sehe | |
die Klimakrise als Symptom eines Systems, das über seine Grenzen hinaus | |
diese Welt ausbeutet. | |
## Wie habt ihr euch für die erste Demonstration organisiert? | |
Die erste Demo war ganz spontan und ging von einer Privatschule aus. Ich | |
war gar nicht dabei. Und da haben wir uns gedacht: „Hey, wir müssen das | |
größer machen!“ Und am 21. Dezember waren in vier Schweizer Städten | |
insgesamt mehr als 4.000 Leute auf der Straße. Kurz darauf in Bern auf | |
einem nationalen Treffen haben wir dann sieben Stunden lang durchgeplant. | |
Alles basisdemokratisch und konsensorientiert. Es ist uns sehr wichtig, | |
keine Hierarchien entstehen zu lassen. In der Woche vom 18. Januar sind mit | |
Deutschland und Belgien insgesamt [3][über 60.000 Schüler*innen auf die | |
Straße gegangen]. | |
## Habt ihr euch abgesprochen mit den Leuten in Belgien und Deutschland? | |
Nein, das war zufällig. Aber wir sind rege in Kontakt über Soziale Medien. | |
## Du redest von Demonstrationen. Meistens liest man aber über | |
Schüler*innenstreiks. Streikt ihr überhaupt? | |
Schüler*innen können nicht streiken. Das ist ein etwas unglücklicher | |
Begriff, weil Schüler*innen keine Lohnarbeit niederlegen können. Wir gehen | |
einfach zur Demo anstatt zur Schule. | |
## Wie erlebst du die Streiks an deiner eigenen Schule? | |
Es gibt einige, die sich nicht dafür interessieren. Aber gerade in meiner | |
Klasse sind es sehr viele, die auch richtig mitorganisieren. Es ist toll zu | |
sehen, was da entsteht. | |
## Welche realpolitischen Erfolge erhoffst eu dir von euren Protesten? | |
Schwer zu sagen. Ich hoffe erst mal auf kleine Änderungen in der | |
Realpolitik. Unser Ziel ist, dass die Klimakrise gestoppt wird und die | |
Treibhausgasemissionen gegen null gehen. Wir werden so lange weiter | |
machen, bis wir wieder eine lebenswerte Zukunft haben. Von der Schweizer | |
Realpolitik der kommenden Monate erhoffe ich mir nicht viel. Der Präsident | |
der größten Schweizer Partei ist Präsident von Swissoil. Das sagt, glaube | |
ich, alles. | |
## Ist das dein erstes politisches Engagement? | |
Nein, ich war schon immer politisch interessiert. Zum ersten Mal engagiert | |
habe ich mich vor drei Jahren bei den Zürcher Bildungsprotesten von | |
Schüler*innen gegen den massiven Sozialabbau. Außerdem habe ich ein Konzert | |
organisiert aus Solidarität mit Chemnitz. Und seit diesem Sommer bin ich | |
bei den JungSozialist*innen. | |
## Wie schätzt du eure Bewegung längerfristig ein? | |
Das kann man noch nicht sagen. Ich gebe gerade meine ganze Freizeit dafür | |
auf, was völlig okay ist, weil es um meine Zukunft geht. Aber es wird sich | |
noch zeigen, wie standhaft wir sind. | |
## Wieso seid ihr nicht auf eine Zusammenarbeit mit der institutionellen | |
Politik aus? | |
Ich glaube, das ist etwas falsch interpretiert worden. Beispielsweise | |
suchen Leute der Bewegung, die auch in der JuSo sind, gerade das Gespräch | |
mit der Sozialen Partei, um in der Stadt Zürich den Klimanotstand | |
auszurufen. | |
## Aber ihr wollt nicht als Bewegung Eingang finden in eine Partei? | |
Nein, sicher nicht. Die Parteien haben ja auch in den letzten 30 Jahren | |
existiert. Ich denke es braucht etwas Neues. | |
➡ [4][Auf dem taz lab] spricht Jonas Kampus über die Klimaproteste. | |
10 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Nora Strasssmann | |
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