# taz.de -- Workshop für Lokaljournalist*innen: Wertvolles Networking | |
> „Herausforderung AfD“ unter diesem Titel trafen sich Journalist*innen aus | |
> Lokalredaktionen in der taz. | |
Bild: taz-Reporter Christian Jakob stellt das Kooperationsprojekt „Europe’s… | |
von [1][Jann-Luca Zinser] | |
Unter dem Titel „Herausforderung AfD“ trafen sich am 30. November und 1. | |
Dezember 2018 Journalist*innen aus deutschen Lokalredaktionen vom Nord- bis | |
Südkurier zu einem [2][Workshop der Panter Stiftung] – dem ersten im taz | |
Neubau. Die 17 Teilnehmer*innen wurden aus zahlreichen Bewerbungen | |
sorgfältig ausgewählt und eingeladen, das Wochenende unter Anleitung der | |
Kuratoriumsmitglieder Petra Bornhöft und Andreas Lorenz in Berlin zu | |
verbringen. Sie alle einte die Frage nach dem richtigen Umgang mit der AfD, | |
der im Lokalen oft ein ganz anderer ist als auf bundespolitischer Ebene in | |
Berlin. Dort hätte man auch mit richtigen Rüpeln zu tun, meint Stef Manzini | |
vom Südkurier, deren Einzugsgebiet, der Bodensee, der Wahlkreis von Alice | |
Weidel ist. | |
Um diesen besser begegnen zu können, hat die taz Panter Stiftung ein | |
dichtes Programm erstellt, das alle Fragen vom persönlichen Umgang über | |
Rechtliches und den richtigen Sprachgebrauch bis hin zur Entlarvung von | |
Fake News und richtigem Faktenchecking beantworten sollte. Nach einer | |
großen Vorstellungsrunde und einer Hausführung von Stiftungsvorständin | |
Konny Gellenbeck ging es gleich ins Thema: Die erfahrenen politischen | |
Korrespondentinnen [3][Sabine am Orde (taz)], [4][Maria Fiedler (Der | |
Tagesspiegel)] und [5][Simone Wendler (Lausitzer Rundschau)] gewährten | |
Einblicke in ihre tägliche Arbeit und den Umgang mit der AfD, ergänzten | |
sich dabei mit lokalen und bundespolitischen Erlebnissen. | |
## Keine Interviews bitte | |
Ob es in den jeweiligen Redaktionen Diskussionen oder gar Leitfäden zum | |
Umgang mit der Partei gäbe, wollte Andreas Lorenz wissen. In der taz seien | |
bislang keine Interviews mit AfD-Politiker*innen abgedruckt worden, allein | |
der Autorisierung wegen. Schließlich ist es in Deutschland üblich, dass | |
Interviews mit Politiker*innen vor der Publikation noch von denen geprüft | |
und gegebenenfalls geändert werden. Ansonsten müsse man sich immer fragen, | |
was wirklich berichtenswert wäre und was man vielleicht umkommentiert | |
lassen könne. Beim Tagesspiegel würde der Einzelfall diskutiert, Maria | |
Fiedler erzählte von ihren Interviews mit Weidel, Gauland und Petry. Sie | |
riet den vornehmlich jungen Journalist*innen im Workshop zu größter Akribie | |
bei der Arbeit: „Das Risiko ist groß sich in die Nesseln zu setzen, wenn | |
man nicht bestens vorbereitet ist.“ | |
Dem schließt sich auch am Orde an, sie plädiertde für einen sachlichen Ton, | |
drei wertende Adjektive mehr brächten keinen Mehrwert. „Moralische Empörung | |
sollte keinen Platz haben, das führt nur zu Solidarisierung“, ergänzte | |
Fiedler. Eine Teilnehmerin wollte wissen, wie man sich den persönlichen | |
Umgang mit den Parteispitzen vorstellen müsse. „Fair, aber kein bisschen zu | |
nett“, so die Korrespondentin des Tagesspiegel. Simone Wendler hat im | |
Lokalen ganz andere Sorgen: „Der Rüpelfaktor hat zugenommen.“ Außerdem | |
hätte kaum eine Lokalredaktion das Geld, Redakteur*innen für jede | |
Veranstaltung abzustellen. | |
Den zweiten Tag des Workshops eröffnete der taz-Justitiar, der den | |
Teilnehmer*innen Rede und Antwort zu rechtlichen Fragen – online wie live | |
vor Ort – stand: „Das schöne an der AfD ist ja, dass so neue Parteien immer | |
ein Sammelbecken sind für arme Irre und Glücksritter, die keine Ahnung | |
haben von Parteien- oder Medienrecht.“ Ganz so leicht war es allerdings | |
nicht: Die Rechten wären oft schnell mit Klagen oder Beschwerden beim | |
Presserat, wusste der Anwalt und erklärte die juristischen Kniffe und | |
mögliche Vorgehensweisen. | |
## Was ist ein „Frame“? | |
Am Vormittag gab Marcel Duda vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und | |
Wissenschaftsforschung eine Einführung in die politische Framingforschung. | |
Framing passiere immer, erzählte Duda, und das sei evolutionsbedingt: Die | |
Ressourcen des menschlichen Körpers seien knapp, das Gehirn strebe nach | |
Effizienz, es selektiert und sehe nicht, was es nicht sehen will. Das | |
veranschaulichte er mit einem kleinen Videoexperiment, dessen Conclusio | |
war: Der Mensch strebt einen Zustand an, in dem er sich nicht besonders | |
anstrengen muss. „Framing erleichtert das Denken“, so Marcel Duda. | |
„Je häufiger man die Worte „Lüge“ und „Presse“ zusammen hört, dest… | |
denkt man sie auch zusammen.“, fuhr er fort. Auch ein so alltäglicher | |
Begriff wie „Arbeitgeber“ sei ein Frame, schließlich impliziere er, dass | |
der Arbeitgeber gibt, dabei könnte man ja auch meinen, er nähme die Arbeit | |
der Arbeitnehmer. Gleiches gälte für Erderwärmung und Erderhitzung: warm | |
klingt wohlig, Hitze nicht. | |
Nach dem gemeinsamen Lunch in der neuen taz Kantine ging es weiter mit | |
[6][Jacques Pezet von Correctiv], der den Teilnehmer*innen Handwerkszeug | |
für den Umgang mit Fake News und Verfahren im Faktenchecking mit auf den | |
Weg gab. Er erzählte von Vorwürfen gegen die linke französische Zeitung | |
Libération, dass sie beim Faktenchecking den ehemaligen Präsidenten | |
François Hollande außen vor gelassen hätten. Der habe sich allerdings stets | |
so gewunden ausgedrückt, dass es keine Fakten zu checken gab. Ein ähnliches | |
Phänomen habe er bei Merkel beobachtet. | |
Außerdem empfahl der Franzose, sich eine Liste wichtiger und populärer | |
Blogs anzulegen, die für Fake News bekannt sind, und diese Liste regelmäßig | |
checken. Vor allem Publikationen mit großer Reichweite sollte man prüfen, | |
denn auf diesem Wege würden schließlich die meisten Leute mit | |
Falschinformationen gefüttert. Pezet legte den Teilnehmer*innen die Nutzung | |
des Social Media-Analyse-Tools „Crowdtangle“ ans Herz, mit dem sich die am | |
stärksten diskutierten Geschichten im Netz schnell und souverän finden | |
ließen. Das Tool wurde vor einiger Zeit von Facebook übernommen und erlaubt | |
Trendbeobachtung bei Instagram, Twitter, Reddit und eben Facebook. Mit | |
letzteren hat Pezets aktueller Arbeitgeber [7][correctiv.org] eine | |
Kooperation aufgebaut, um das Factchecking in dem sozialen Netzwerk zu | |
professionalisieren, die er kurz vorstellte: Vor dem Teilen eines von | |
Correctiv als bedenklich eingestuften Inhalts erscheint nun eine Meldung | |
auf Facebook. | |
In der vorletzten Veranstaltung des intensiven Programms erklärte | |
IT-Sicherheitsexperte und Ex-Journalist [8][Hauke Gierow], wie man seine | |
Daten digital am besten schützen könne und beantwortete Fragen zur sicheren | |
Recherche im Netz. Für jede*n verständlich erläuterte er | |
Verschlüsselungsmechanismen und wann sie wie am besten zum Einsatz kämen. | |
Nach einer Feedbackrunde komplettierte dann taz-Reporter [9][Christian | |
Jakob] den zweiten und letzten Tag mit der Vorstellung des | |
Rechercheprojekts [10][„Europs’s Far Right“], das die EU-Wahlen im | |
kommenden Jahr und den Vormarsch der Rechten auf dem Kontinent zum Anlass | |
nimmt, deren Strategien und Netzwerke offenzulegen. | |
Neben der taz sind Medien aus Italien, Frankreich, Österreich, Polen und | |
Ungarn dabei. Dankbar, aber erschöpft zeigten sich die Teilnehmer*innen | |
nach dem letzten Punkt auf der Tagesordnung. Stef Manzini fasste zusammen: | |
„Eine super Sache von der Stiftung. Viel Input, es wurde wirklich viel | |
abgedeckt. Es gab Möglichkeiten zur Vertiefung, man fühlt sich mit den | |
alltäglichen Problemen im Umgang mit der AfD nicht mehr so alleine. Das | |
Networking war wertvoll. Die Wortbeiträge der anderen zeigen doch auch: Das | |
Format trifft!“ Ein Redakteur von der Lahrer Zeitung sagte, er würde sich | |
gerne mit Teilnehmer*innen kommender Workshops vernetzen: Je mehr | |
Austausch, desto besser. Und André Daum von der Frankfurter Rundschau | |
schloss mit: „Ich habe einen vollen Notizblock.“ | |
6 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!a38639/ | |
[2] /Workshop-fuer-LokaljournalistInnen/!166960/ | |
[3] /!a29/ | |
[4] http://www.tagesspiegel.de/fiedler-maria/7443282.html | |
[5] http://www.lr-online.de/suche/simone%20wendler/ | |
[6] http://correctiv.org/correctiv/redaktion/team/jacques-pezet/ | |
[7] http://correctiv.org/ | |
[8] http://www.golem.de/specials/autor-hauke-gierow/ | |
[9] /!a113/ | |
[10] /!t5544159/ | |
## AUTOREN | |
Jann-Luca Zinser | |
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