# taz.de -- Über die Panter Workshops: Remmidemmi zwischen den Zeilen | |
> Als Till Kellerhoff das Thema seines taz Panter Workshops „Stadt und | |
> Land“ erfuhr, war er erst mal enttäuscht. | |
Bild: TeilnehmerInnen des taz Panter Workshops Nr. 17 | |
von [1][Till Kellerhoff] | |
Journalist werden – nach meiner Vorstellung hieß das am Puls der Zeit zu | |
sein, gesellschaftliche Diskurse mitzugestalten und von Berufswegen zum | |
Besserwissen bestimmt zu sein. Zu Beginn meines Studiums schien das der | |
ideale Beruf für mich. Ein guter Nebeneffekt war zudem, den eigenen Namen | |
regelmäßig in der Zeitung zu lesen. | |
Damals hatte ich bereits einige Artikel für die Regionalzeitung meiner | |
Heimatstadt Coburg geschrieben, mein erster Bericht über das dortige | |
Seniorenfest der Volksmusik war mir besonders in Erinnerung geblieben. Mit | |
meiner Idee vom Journalismus hatte das allerdings weniger zu tun. | |
Die taz repräsentierte da schon eher das Zeitungswesen nach meinen | |
Vorstellungen. Kritisch und meinungsstark, Ungerechtigkeiten anprangernd, | |
den Konflikt nicht scheuend – im Zweifel auch nicht mit den eigenen | |
LeserInnen. Realisiert hatte ich das bereits einige Monate vor meiner | |
[2][Teilnahme am taz Panter Workshop]. Beim [3][taz lab], dem Kongress im | |
Haus der Kulturen der Welt in Berlin, diskutierte der damals noch nicht | |
deutschlandweit bekannte Journalist Deniz Yücel vom Podium aus lautstark | |
mit dem Publikum. Es ging um den Zusammenhang von Sprache und | |
Diskriminierung. Später schrieb Yücel die [4][polemische Kolumne „Liebe | |
N-Wörter, ihr habt 'nen Knall“], die die emotional geführte Kontroverse | |
über „Political Correctness“ in Sprache abbildete. Ich fand die taz jetzt | |
noch sympathischer. | |
## Genauso langweilig wie Urban Gardening | |
Dass meine Teilnahme am Panter Workshop im zweiten Anlauf klappte, freute | |
mich also. Als ich Wochen später das Thema der von uns 20 | |
JournalismusanwärterInnen zu produzierenden Zeitungsseiten erfuhr, war ich | |
erst mal enttäuscht. „Stadt und Land“ – ich fand Dörfer genauso langwei… | |
wie Urban Gardening. | |
Dennoch reiste ich gespannt aus Erfurt, wo ich zu diesem Zeitpunkt | |
Staatswissenschaften studierte, in die Rudi-Dutschke-Straße nach Berlin. | |
Ein herzlicher Empfang der RedakteurInnen und BetreuerInnen gab unserer | |
Gruppe von Anfang an das Gefühl, für ein paar Tage Teil der taz zu sein. | |
Schnell wurden wir ein Redaktionsteam und der Konferenzraum für die | |
nächsten vier Tage ein Zuhause. Besonders wichtig war der Ort rund um die | |
Kaffeemaschine, denn hier entstanden aus vagen Ideen konkrete Konzepte. | |
Bei der Themenwahl und Gestaltung der vier Zeitungsseiten hatten wir freie | |
Hand, wobei uns die RedakteurInnen und LayouterInnen bei der konkreten | |
Umsetzung unserer Ideen unterstützten. | |
## Eine Reportage über Deutschlands erstes „Bierdorf“ | |
Unser vierköpfiges Team entschied sich, eine Reportage über das Q-Dorf zu | |
schreiben, jener Großraumdiskothek in Berlin, die einst als Deutschlands | |
erstes „Bierdorf“ auf sich aufmerksam gemacht hatte. Das etwas andere | |
„Dorf“, das sich schon im Namen der Diskothek ankündigte, schien uns der | |
passende Ort für eine gute Geschichte. | |
In einer Partynacht wollten wir Geschichten über den dörflichen Charme | |
inmitten der Hauptstadt finden, wollten den Mythos des Ortes erspüren, der | |
seine besten Zeiten wohl längst hinter sich hatte und sein Publikum nun mit | |
einer Mischung aus Mainstream-Musik und aufdringlicher Dekoration zu halten | |
versuchte. | |
Bei der Recherche wurde mir schnell klar, dass die Geschichten nicht „auf | |
der Straße“ (und nicht einmal im Q-Dorf) liegen und nur darauf warten, | |
aufgeschrieben zu werden. In die Routine eines Ortes einzutauchen, der für | |
viele Menschen zum alltäglichen Freizeitprogramm gehört, spannende | |
Beobachtungen zu machen, sie in eine lesenswerte Geschichte zu packen, das | |
bedurfte nicht nur eines scharfen Blickes, sondern vor allem ausgeprägter | |
handwerklicher journalistischer Fähigkeiten. | |
Darauf hatte mich meine Berichterstattung über das Coburger Seniorenfest | |
der Volksmusik nicht vorbereitet. | |
Ich tat mich schwer mit der Verdichtung des Erlebten zu einer interessanten | |
Darstellung. Auch steckte uns die vorangegangene Nacht noch in den Knochen. | |
Den ganzen Tag arbeiteten wir angestrengt daran, vier subjektive | |
Erfahrungen zu einem Artikel zusammenzufügen. Beeindruckt war ich von | |
unserer Tutorin, die uns mit vielen klugen Ratschlägen half, aus den vielen | |
einzelnen Gedanken und Passagen einen passablen Artikel unter dem Titel | |
„Remmi Demmi Deluxe“ zu produzieren. | |
Auch wenn wir mit unserer Reportage aus dem Q-Dorf wohl doch nicht am Puls | |
der Zeit waren und auch nicht den gesellschaftlichen Diskurs mitgestaltet | |
haben, die Teilnahme am [5][taz Panter Workshop] hat mich an die | |
Lebenswirklichkeit von JournalistInnen herangeführt. | |
Und meinen eigenen Namen habe ich dann auch noch in der Zeitung gelesen. | |
Dieser Beitrag stammt aus der [6][Publikation 10 Jahre taz Panter | |
Stiftung.] | |
23 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!a9869/ | |
[2] /!116648/ | |
[3] /!p4905/ | |
[4] /!5068913/ | |
[5] /workshop | |
[6] http://download.taz.de/Magazin-10-jahre-stiftung.pdf | |
## AUTOREN | |
Till Kellerhoff | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |