# taz.de -- Zusammenarbeit mit „Veronica Shiitake”: Auf links gedreht | |
> Die taz kann mehr als Nachrichten auf Altpapier und ultrafairen | |
> Öko-Espresso. Um das zu beweisen, hat die taz mit „Veronica Shiitake” | |
> kooperiert. | |
von [1][ Nicola Schwarzmaier] | |
„Der typische taz-Leser? Ein mittelalter Typ in einem braunen Cord-Jackett“ | |
– so beschrieb jemand vor einem Jahr die Leser*innenschaft dieser | |
linksalternativen Tageszeitung. Wenn es um Design, Mode, Stil und Ästhetik | |
geht, hat die taz nicht unbedingt den besten Ruf. Und ihre Leser*innen | |
offenbar auch nicht. | |
Können wir an diesem Image etwas ändern? Mit einer Prämie, die kühl und | |
elegant, klar und zeitlos ist? | |
An einem kalten Novembertag sitzen Evelyn, Verena und Lars in einem | |
lichtdurchfluteten Atelier in Berlin-Schöneberg und lachen über das Bild | |
des typischen taz-Lesers. Sie sind jung, sie sind Designer*innen, sie leben | |
in Berlin und sie haben sich mit dem taz-Publikum auseinandergesetzt. Und | |
generell mit der linken Szene, mit Theorien, Gedankengängen, Philosophien | |
und dem, was davon in der Realität am Ende übrig bleibt. | |
## Etwas Positives schaffen | |
Sie haben sich zu einem Kollektiv formiert, dass auf den melodischen Namen | |
[2][„Veronica Shiitake”] hört. Seit einem Jahr haben die Drei | |
herumgesponnen, geredet, diskutiert, gelesen, geredet und weiter geredet. | |
Und kamen von der Theorie nicht in die Praxis. Sie wollten etwas Positives | |
schaffen in einem morbiden Modesystem, etwas entwerfen, was sich in | |
Kontexten wiederfindet, was schön und doch auch nicht nur das ist. | |
Ein möglicher Kontext könnte eine tägliche, linksradikale Tageszeitung | |
sein. Die es nicht nur auf Papier, sondern auch frei zugänglich im Netz | |
gibt. Seit 2011 sorgt das freiwillige Bezahlsystem „taz zahl ich“ für | |
Furore. Die taz stellt seit jeher alle ihre Inhalte kostenlos im Internet | |
zur Verfügung, damit jede und jeder, egal wie finanzstark er oder sie sein | |
mag, Zugang zu gegenöffentlichen Meinungen bekommen kann. | |
Anfangs gab es keine Prämie für den Abschluss einer dauerhaften | |
Mitgliedschaft, sollte doch das kostenlose Lesen im Netz Motivation genug | |
sein. 2016 dann entwickelte das Team gemeinsam mit einer Künstlerin den | |
„Katzenbeutel“, einen Turnbeutel aus Stoff, den eine mutige, fordernde, | |
selbstbewusste Katze ziert (Inschrift: „Lieber taz im Netz als Katze im | |
Sack …“). Diesen Beutel gab es nun zwei Jahre lang als Prämie, über 5.500 | |
Exemplare wurden an zahlende taz.de-Leser*innen verschickt. | |
## Was nervt nicht? | |
Zeit, sich nach einer neuen Prämie umzusehen. Und vor allem zu überlegen: | |
Was brauchen Menschen, was nervt nicht, was ist nützlich und kann dennoch | |
stilvoll sein? Ergebnis: Eine Bauchtasche, Gürteltasche, Hip Bag. Kinder | |
können sie tragen, Erwachsene, alte Leute, Frauen, Männer, trans*Personen. | |
Ob S-Bahn-Kontrolleur oder Flohmarktverkäuferin, Punk oder Hipster: Eine | |
solche Tasche ist einfach praktisch. | |
Und wenn sie dann auch noch eine politische Botschaft hat, stylisch und | |
funktional ist – perfekt. | |
Evelyn, Verena und Lars hatten bereits ein Jahr an einem aktivistischen | |
Manifest gearbeitet, sich abstrakt mit Gesellschaftsformen | |
auseinandergesetzt, das konkrete Objekt fehlte jedoch. Und jetzt kam die | |
Anfrage der taz, ob sie sich vorstellen könnten, in einem stark | |
limitierenden finanziellen Rahmen eine Prämie zu entwickeln. | |
## Stoff von Burberry | |
Die Formierungs- und Orientierungsphase, das Mäandern und Fachsimpeln war | |
vorbei. Die Drei kreierten den Namen „Veronica Shiitake” (und sagen über | |
sich selbst: „wir alle sind Veronika!“) und suchten nach einem passenden | |
Material. Und wurden fündig. In einem Restposten-Lager fanden sie einen | |
Stoff, der sich perfekt eignete. Und der sinnbildlich für das steht, was | |
den Dreien wichtig ist. Der Stoff ist außen aus Nylon und innen aus | |
Schurwolle – und stammt vom Luxuslabel Burberry. Aus kapitalistischem | |
Überschuss wird also eine antikapitalistische Gürteltasche. | |
„Veronica Shiitake“ kaufte sämtliche Rollen des schwarzen Stoffes auf, | |
insgesamt 200 Meter Material und begann, einen Prototypen zu nähen. Die | |
herausgekommene Tasche ist flach und damit „zweidimensional wie eine | |
Zeitung“, erklärt Verena. Zudem hat sie zwei Schlaufen, so dass mensch die | |
analoge Zeitung darin transportieren kann. | |
Und sie hat ein taz-Logo, welches gleichzeitig Wäschelabel und Manifest | |
ist. Es geht um Solidarität und darum, dass mensch die Tasche „inside out“ | |
– also auf links – drehen soll, bevor sie gewaschen wird. „Das hat uns gut | |
gefallen, denn ‘auf links drehen‘ ist für uns mehr als nur eine | |
Waschanleitung“, so Evelyn. | |
Die Taschen werden innerhalb Europas unter fairen Arbeitsbedingungen | |
gefertigt, nach Berlin geliefert und dort einzeln von den Designer*innen | |
geprüft. Erst dann gehen sie an die taz und werden dort verschickt. Der | |
Stoff reicht für knapp 2.000 Exemplare. Das sind nicht viele. Lars hat eine | |
Lösung: „Wir könnten aus einem anderen Stoff erneut eine Gürteltasche | |
nähen. Dann gäbe es verschiedene Editionen”. | |
Verena, Evelyn und Lars tragen die Tasche auch selbst. Und werden immer | |
wieder auf sie angesprochen. Evelyn erzählt, dass sie für eine Journalistin | |
gehalten wurde. Oder dass, wenn sie erklärt, die Tasche stamme von der taz, | |
die erstaunte Rückfrage kam: „von der taz? Aber doch nicht von dieser taz, | |
oder?“ | |
Vielleicht gelingt es uns also, mit dieser neuen Prämie das Bild der taz | |
und ihrer Leser*innen ein wenig zu verändern. Denn diese Bauchtasche stammt | |
von der taz, von dieser taz. Und von „Veronica Shiitake”. | |
Werden Sie Teil dieser [3][Jubelbewegung]! | |
13 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Nicola-Schwarzmaier/!a107/ | |
[2] http://veronicashiitake.com/ | |
[3] /taz-zahl-ich/!115932/ | |
## AUTOREN | |
Nicola Schwarzmaier | |
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