# taz.de -- Blick in die Zukunft: Wir nehmen das in Angriff | |
> Alle lieben ihre Print-taz, aber das Vertrauen in die Kraft zur | |
> Innovation ist groß. Eine Diskussion auf der Genossenschaftsversammlung. | |
Bild: Wird die taz bald nur noch auf dem Smartphone gelesen? | |
von [1][Ulrich Gutmair] | |
In den vergangenen Wochen hatte man es als taz-Redakteurin, als Genosse und | |
Abonnentin nicht leicht. Freunde wie Fremde schauten einen mit traurigen | |
Augen an und drückten ihr Beileid aus. | |
Die taz wird nicht mehr gedruckt? Andere Medien hatten aufgegriffen, was | |
Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch im Mitgliederinfo der taz-Genossenschaft | |
[2][als „Szenario 2022“ beschrieben hatte]: „Das Zeitalter der gedruckten | |
Zeitung ist zu Ende, der Journalismus lebt im Netz weiter. Wir sind sicher, | |
dass wir die Existenz der taz sichern, wenn wir uns bereits jetzt gut | |
darauf vorbereiten, dass der tägliche Druck und Vertrieb der Papier-taz | |
bald nicht mehr möglich sein könnten.“ | |
So war zu erwarten, dass der Tagesordnungspunkt „Vorstellung Szenario 2022 | |
– 20 20 20“, am Samstagnachmittag der kontroverse Höhepunkt [3][der | |
diesjährigen Genossenschaftsversammlung] werden würde. So war’s auch. Die | |
Redakteure Bert Schulz und Sebastian Erb stellten den von einer Gruppe aus | |
RedakteurInnen und VerlagskollegInnen erarbeiteten Innovationsreport vor, | |
der zu dem Schluss kommt: „Wir brauchen Investitionen für die digitale | |
Transformation der taz und bessere Strukturen für guten, aufklärerischen, | |
linken Journalismus.“ | |
## Kurve der Printabos sinkt stetig | |
Dass der Transformationsprozess längst im Gange ist, machten die | |
stellvertretenden Chefredakteurinnen Barbara Junge und Katrin Gottschalk | |
deutlich. „Wir sind längst auf dem Weg, die taz zu verändern“, sagte Jung… | |
Am Ende des Prozesses werde die taz multikanalfreudig, mobil und | |
Community-zentriert sein. | |
Ebendas hatten im vorausgegangenen Diskussionsblock drei JournalistInnen | |
aus den USA, Frankreich und der Schweiz, Monika Bäuerlein (Mother Jones), | |
Donatien Huet (Mediapart) und Miriam Walther Kohn (Die Republik), die mit | |
Schwerpunkt oder ausschließlich online publizieren, als zukunftsweisende | |
Eigenschaft der taz festgehalten: ihre sich unter anderem in der | |
Genossenschaft manifestierende Community. | |
Katrin Gottschalk erklärte, wie die Reichweite der Mobilversion der taz, | |
die es seit einem Jahr gibt, wächst. Sie zeigte, wie Titelseite und | |
Struktur der taz App demnächst aussehen könnten. | |
## „So lange drucken, wie es geht!“ | |
Es folgte Kalle Ruch, der aufzeigte, wie die Abokurve der werktäglich | |
gedruckten Zeitung zwischen 2009 und 2018 sank. Was die Verluste der | |
Print-Abos angeht, steht die taz noch gut da, nämlich hinter der | |
Süddeutschen Zeitung und vor allen anderen Konkurrenten. Für weitaus | |
problematischer hält Ruch die Kostensteigerungen bei den Zustelldiensten, | |
die in nicht ferner Zukunft die direkte Zustellung abseits der Post | |
unmöglich machen werden: „Ein System geht unter, von dem wir abhängig sind, | |
aber nicht abhängig sein wollen.“ | |
In seinem Szenario wird die taz unter der Woche ab 2022 nicht mehr im | |
Print, sondern als E-Paper erscheinen. Das spart Druck- und | |
Vertriebskosten. Der Erlös im Jahr 2022 würde sogar steigen, wenn 20.000 | |
Wochenend-Print-Abos, 20.000 kombinierte Wochenend-E-Paper-Abos und 20.000 | |
Werktags-E-Paper-Abos verkauft würden und sich die Einkünfte durch „[4][taz | |
zahl ich]“ weiter gut entwickelten. Die GenossInnen bedachten Ruchs Vortrag | |
mit Applaus. | |
Dann stellten sich zwei Dutzend GenossInnen vor den Saalmikros an, wobei | |
Frauen, wie bemängelt wurde, deutlich in der Minderzahl waren. Die meisten | |
folgten Ruchs Einschätzung, dass der bevorstehende Kollaps der | |
Zustelldienste ein sehr großes Problem darstellt, einige hielten den | |
Vertrieb per Post für ausreichend: „Lieber spät als gar keine gedruckte | |
taz!“, forderte einer. Ein Genosse aus Friesland verwies auf die | |
Renaissance der Schallplatte und den Trend zum Slow Food: Die Papierzeitung | |
könne sich auch zu einem wertvollen Produkt entwickeln. Später fiel das | |
Wort „Prämienprodukt“. | |
Aus vielen Beiträgen wurde deutlich, wie groß das Vertrauen der GenossInnen | |
in die Innovationskraft der taz ist. Ein Berliner Genosse sprach | |
selbstironisch von der „Generation Voltaren“, tat seine Liebe zur | |
gedruckten taz kund, war aber überzeugt: „Die taz wird im Internet sein, | |
oder sie wird nicht sein!“ „Toll, dass wir das in Angriff nehmen wollen! | |
Ich bin nicht pessimistisch“, sagte ein anderer Genosse. Ein weiterer: | |
„Diesen Schritt zu gehen finde ich gut!“ Klar wurde, was sich wohl die | |
meisten wünschen: „So lange drucken, wie es geht!“ | |
Um die Print-Leser ans neue Format zu gewöhnen, schlug ein Genosse vor, | |
Print-Abonnenten das E-Paper zu schenken, was Kalle Ruch positiv aufnahm. | |
Einen ganz anderen Aspekt beschwor ein Genosse, der von einem Segen für den | |
häuslichen Frieden sprach: Über die Stapel von tazzen, von denen er sich | |
nicht trennen könne, müsse er dann nicht mehr streiten. | |
19 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!a9/ | |
[2] http://blogs.taz.de/hausblog/szenario-2022/ | |
[3] /Bericht-der-Generalversammlung-2018/!167236/ | |
[4] /!p4697/ | |
## AUTOREN | |
Ulrich Gutmair | |
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