# taz.de -- Roboterjournalismus: Wenn Maschinen berichten | |
> Historisch gesehen ist Journalismus seit jeher von Technologie geprägt. | |
> Doch wohin führt uns die algorithmische Textproduktion? | |
Bild: Sind menschliche JournalistInnen bald schon unbrauchbar? | |
Von [1][JOÃO DA MATA] | |
Man stelle sich vor: zwei Autos kollidieren an einem Montagmorgen. Diese | |
Autos, ausgestattet mit moderner Kollisionserkennungstechnologie sowie GPS, | |
senden Informationen über diesen Zusammenstoß an die zuständigen Behörden. | |
Zur gleichen Zeit werden Daten über den Unfall von einem Nachrichtendienst | |
gesammelt, der mithilfe eines Algorithmus die Story als „relevant für den | |
Leser“ bewertet und automatisch einen kurzen Bericht darüber | |
veröffentlicht. | |
Dadurch werden Leser individuell informiert, wie sie auf ihrem Weg zur | |
Arbeit einen Stau vermeiden können. Dieses Beispiel mag weit hergeholt | |
erscheinen, doch angesichts der technologischen Entwicklungen ist dem nicht | |
so. Journalismus hat sich schon immer an technologische Entwicklungen | |
angepasst. Die Frage ist nur: wie wird sich der Roboterjournalismus | |
weiterentwickeln? | |
Automatisch generierte Medieninhalte sind bereits präsent in der | |
Berichterstattung. Textroboter sind Journalisten geworden. Zuletzt erst | |
startete die Redaktion von Stuttgarter Zeitung und Stuttgart Nachrichten | |
einen automatisierten Feinstaubradar: jeden Tag werden automatisch 80 | |
Berichte erstellt. Als Autor wird „Ax“ angegeben, nach der | |
Textautomatisierungssoftware „Ax Semantics“. Der Unterschied zwischen | |
Texten, die von Menschen, und denen, die von Maschinen geschrieben werden, | |
ist für die Leser dabei kaum noch zu erkennen. | |
## Weniger lästige Arbeit | |
Jan Georg Plavec, Multimedia Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung, hat das | |
Projekt von Anfang an geleitet und berichtet: „Der Textroboter führt | |
definitiv nicht zur Reduktion von Kosten, sondern erzeugt sie. Wir bezahlen | |
die Lizenzkosten und müssen die Datenbanken betreiben“, erklärt Plavec. | |
„Unser Ziel ist eigentlich, viel mehr Texte mit der gleichen menschlichen | |
Arbeitskraft zu erzeugen. Die Maschine macht dann eine lästige Arbeit, die | |
für Menschen nicht wirklich befriedigend wäre.“ | |
Ausgangspunkt für Textroboter sind Datenbanken, wie beispielsweise für | |
Sport-, Finanz-, Wetter- oder Verkehrsdaten. Diese Informationen können | |
dann zusammen mit historischen Daten analysiert werden, um zusätzliche | |
Erkenntnisse zu gewinnen, die berichtenswert sind. Sie werden also nach | |
vordefinierten linguistischen und statistischen Regeln zu einem Text | |
verarbeitet. | |
„Häufig füttert man den Algorithmus mit Daten aus nur einer Quelle, die | |
nicht anhand einer anderen Quelle überprüft wird, wie traditionell üblich“, | |
erklärt [2][Julius Reimer], Wissenschaftler am Hans-Bredow-Institut für | |
Medienforschung. „Man muss diskutieren, inwiefern solche journalistischen | |
Qualitätsstandards auch für automatisiert erstellte Beiträge gelten | |
sollen“. | |
## Die Zukunft des Journalismus | |
Dazu muss sich aber noch einiges in den Redaktionen ändern. „In der Zukunft | |
werden wir Programmierer, Datenanalysten und auch andere Berufe | |
zusammenarbeiten sehen, die die Technisierung in den Redaktionen | |
begleiten“, erzählt [3][Saim Alkan], CEO von Ax Semantics. „Aufhalten | |
werden wir diese Technologie nicht mehr. Dazu ist sie schon zu weit | |
fortgeschritten.“ | |
Worüber man allerdings sprechen müsse, so Alkan, wäre, wie man das | |
Berufsfeld in einer automatisierten Welt gestaltet. „Man kann ja nicht | |
ältere Mitarbeiter einfach auf der Strecke lassen, sondern man muss sie | |
mitnehmen“. | |
Angst vor Roboterjournalisten müsse man aber nicht haben, so der Journalist | |
Plavec: „Diese Maschinen können noch nicht selber denken: und selber denken | |
ist eine der wesentlichen Eigenschaften von Journalisten. Solange die | |
Maschine das nicht kann, besteht keine Gefahr“. Doch die Frage, wie sich | |
der Roboterjournalismus weiterentwickeln wird, bleibt noch immer offen. | |
Mehr zur [4][algorithmischen Textproduktion] auf dem taz lab am 21. April | |
um 9.15 Uhr in Zelt 2. | |
9 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!s=&Autor=Joao+da+Mata/ | |
[2] /programm/2018/Arbeit2018/de/speakers/1072.html | |
[3] /programm/2018/Arbeit2018/de/speakers/1071.html | |
[4] /programm/2018/Arbeit2018/de/events/661.html | |
## AUTOREN | |
Joao da Mata | |
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