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# taz.de -- Aus der Relaunch-Werkstatt (IV): Den Tagesjournalismus stärken
> Ab 2. Oktober erscheint die neue taz. Bis dahin verraten wir schon ein
> paar Dinge: Hintergründe statt Meldungen.
von [1][DOMINIC JOHNSON]
Tagesjournalismus galt zuletzt als Auslaufmodell. Die Leute, hieß es, lesen
nur noch auf dem Smartphone. Online ist schnell und wendig, Print ist
langsam und doof. Auch die taz dachte dies zuweilen, traute sich aber
nicht, das ihren Stammkunden zu sagen. Wenn schon Papier, dachte sie, dann
am ehesten noch am Wochenende, wenn die Leute abschalten.
Diese Zeiten sind vorbei. So gut wie jeder Mensch genießt (oder erleidet)
Zugang zur virtuellen Welt. Die als Neutralität verkleidete Lüge und vor
allem die gezielte Selektion der Informationsflüsse ist dadurch zum
Herrschaftsinstrument geworden. Weltweit werden unliebsame Fakten verzerrt
oder verschwiegen, jeweils im Sinne der jeweiligen Machthaber und
Meinungsmacher. Auch europäische Länder und liberale Gesellschaften sind
vor dieser Verlockung nicht gefeit.
Da sind Medien, die ihrem Publikum das Bedienen des eigenen Verstandes
erleichtern, wichtiger denn je. Gerade in unübersichtlichen Zeiten will man
begreifen, was los ist, um notfalls selbst eingreifen zu können. Dafür ist
die Tageszeitung unverzichtbar, denn sie bietet die nötige Verknüpfung von
Aktualität und Hintergrund.
## Einschalten statt abschalten
Tageszeitung lesen heißt: einschalten statt abschalten. Wochenjournalismus
führt aus den wichtigen Dingen hinaus und erweitert den Horizont.
Tagesjournalismus führt in die wichtigen Dinge hinein und beleuchtet, was
innerhalb des Horizontes liegt. Eine gute Tageszeitung wiederholt weder
papageienhaft Verlautbarungen, noch ist sie ein Nachdruck der
TV-Nachrichten vom Vorabend; sie ist keine beliebige Wundertüte und
betreibt auch nicht plumpe Meinungsmache.
Sie hebt aus dem Rauschen des Nachrichtenflusses das hervor, was dringend
einer vertiefenden Erläuterung bedarf. Sie erklärt die Vorkommnisse der
Welt und ermöglicht es den Menschen, sich davon selbst ein Bild zu machen,
zum Zeitpunkt ihrer Wahl. Sie betreibt Erklärung als Aufklärung, macht
Standpunkte und Zusammenhänge sichtbar.
Die neue taz gibt dem jetzt mehr Raum. Derzeit schneiden wir im Blatt
täglich rund hundert verschiedene Themen an. Aber ein Drittel davon kommt
über drei Sätze in einer Kurznachricht nicht hinaus und ein weiteres
Drittel wird nur an der Oberfläche angerissen. Manche Ecken der Zeitung
ähneln eher einem Sachregister, auf dessen Grundlage man sich den Rest
bitte selbst im Netz zusammensuchen möge.
In Zukunft wird auf den aktuellen Seiten der taz mehr vertieft – und dafür
stärker ausgesiebt. Wir wollen Autoren, die über einzigartige Kenntnisse
und Einblicke verfügen, nicht mehr ständig aus Platzgründen zum Weglassen
der Hälfte ihres Wissens verdonnern, nur damit andere Dinge Raum bekommen,
zu denen wir wenig zu sagen haben. Wir werden Raum bieten, wo wir am besten
sind. Jeden Tag. |
27 Sep 2017
## LINKS
[1] /Dominic-Johnson/!a4/
## AUTOREN
Dominic Johnson
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