# taz.de -- taz-Projekt zur Bundestagswahl: Leichte Sprache will gekonnt sein | |
> Dank taz.leicht können jetzt auch Menschen mit Lese- und | |
> Verständnisschwächen am politischen Geschehen teilhaben. | |
Bild: Daumen hoch: das Piktogramm für Texte in leichter Sprache | |
von [1][CHRISTINE STÖCKEL], [2][JULIANE FIEGLER] und [3][BELINDA GRASNICK] | |
Kurze Sätze, kaum Fremdwörter und auch den Genitiv sucht man vergeblich – | |
[4][die Rede ist von taz.leicht]. Seit zwei Monaten gibt es unser | |
Informationsangebot zur Bundestagswahl in Leichter Sprache. Jeden Freitag | |
thematisieren wir hier die großen Parteien, ihre Kandidaten und | |
Wahlprogramme, vom SPD-Steuerkonzept bis zum Phänomen „Merkel“. Warum | |
machen wir das? [5][taz.leicht] soll eine Lücke füllen. Bis vor zwei | |
Monaten gab es keine überregionale deutsche Tageszeitung, die | |
meinungsstarke Politiknachrichten in Leichter Sprache veröffentlicht. | |
Dabei ist die Zielgruppe für Leichte Sprache groß: In Deutschland gibt es | |
mehr als 400.000 Menschen mit Lernschwierigkeiten, 7,5 Millionen | |
Analphabeten und viele Menschen, die gerade Deutsch lernen. Leichte Sprache | |
bereitet Informationen auf und ermöglicht so politische Teilhabe. Zur | |
Bundestagswahl ist das besonders wichtig. Deshalb gibt es taz.leicht ab | |
September einmal wöchentlich auch in der gedruckten taz. | |
Für viele Menschen ist Leichte Sprache noch etwas Unbekanntes. Sie ist eine | |
ganz eigene Sprache mit eigenen Regeln, die in Deutschland seit ungefähr 15 | |
Jahren ständig weiterentwickelt wird. In den letzten beiden Monaten wurden | |
uns viele Fragen zu taz.leicht gestellt. Wie werden die Texte in Leichte | |
Sprache übersetzt? Wie sind die Reaktionen? Wie erreicht taz.leicht seine | |
Zielgruppe? Wir möchten hier einige Antworten geben. | |
## Eine eigene Logik und Struktur | |
Die taz.leicht-Redaktion wählt einmal in der Woche zwei bis drei Texte aus | |
der taz aus. Dabei achten wir darauf, dass die verschiedenen Parteien und | |
Themen in einem ausgewogenen Verhältnis dargestellt werden. Nicht immer ist | |
das leicht. Manchmal wird eine Woche lang vor allem über eine Aussage von | |
Martin Schulz berichtet – doch auch diese Schwerpunkte bilden wir ab, das | |
sind Themen über die „die Leute reden“. Und alle sollten die Chance haben | |
mitzureden. | |
Sobald wir einen Text ausgewählt haben, wird er intensiv gelesen. Die | |
Kernaussagen müssen uns klar sein, bevor wir den Text übersetzen. Dann | |
lösen wir uns erst mal vom Originaltext. Denn unsere leichten Übersetzungen | |
haben eine ganz eigene Logik, Struktur und gehen anders mit Informationen | |
um. Sie müssen Aussagen schnell auf den Punkt bringen und viele | |
Hintergrundinfos liefern. Wichtig ist dabei: Der Originaltext und die | |
Übersetzung sollen nicht miteinander konkurrieren. Die Texte funktionieren | |
verschieden, weil sie andere Zielgruppen haben. | |
Es gibt leicht und schwer zu übersetzende Texte. Oft wählen wir | |
meinungsstarke Kommentare aus, die einen eigenen Stil haben. Ironie, | |
Anspielungen und Vorwissen sind dabei wichtig. In Leichter Sprache | |
funktioniert das nicht immer. Deshalb werden die Übersetzungen von den | |
Autoren der ursprünglichen Texte gegengelesen. Sie sollen sicherstellen: | |
Kommt noch rüber, was ich sagen will? Dann schicken wir die Texte an das | |
Übersetzungsbüro „Capito“. Dort prüfen Menschen mit Lernschwierigkeiten | |
selbst, ob die Texte verständlich sind. | |
## Auf Probleme reagieren | |
Als taz.leicht an den Start ging, haben wir viele Behindertenhilfen, | |
Werkstätten, Aktivisten und Medien angeschrieben. Und wir vermuten: Unser | |
Angebot muss sich noch herumsprechen. Oft sind Menschen mit | |
Lernschwierigkeiten weniger im Netz unterwegs, eine Studie des Lebenshilfe | |
e. V. zeigt, dass vor allem der Fernseher als Informationsquelle dient. | |
Die meisten Reaktionen erreichen uns per Mail. Wir bekommen | |
Verbesserungsvorschläge: Denn manche Wörter sind noch zu schwer, die ändern | |
wir. Anfangs war taz.leicht kaum auf der Startseite von taz.de auffindbar. | |
Auch das haben wir geändert. Häufiger kommen Reaktionen von Angehörigen, | |
die unsere leichten Texte an ihren Verwandten mit Lernschwierigkeiten | |
weitergeben, und sich freuen: „Endlich kann mein Sohn auch die taz lesen!“ | |
Und Lob kommt sogar von Sprachlehrern: „Nun kann ich meine Deutschschüler | |
aus Syrien auf die Themen vorbereiten, die im Zusammenhang mit der | |
Bundestagswahl von Bedeutung sind.“ | |
29 Aug 2017 | |
## LINKS | |
[1] /!s=CHRISTINE+ST%25C3%2596CKEL/ | |
[2] /!s=JULIANE+FIEGLER/ | |
[3] /!s=BELINDA+GRASNICK/ | |
[4] /!5425192/ | |
[5] /leicht/!p5097/ | |
## AUTOREN | |
Christine Stöckel | |
Juliane Fiegler | |
Belinda Grasnick | |
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