# taz.de -- taz zahl ich Veranstaltung am 14.7.: Reclaim your web! | |
> Die Themen des Abends waren: Hass, Hetze und Big Data. Aber es wurde | |
> nicht nur diskutiert, sondern auch gefeiert. | |
Am 14. Juli 2017 wurde nicht nur das [1][Richtfest des taz-Neubaus] | |
gefeiert, sondern auch die 10.000 Unterstützer*innen von taz zahl ich. Die | |
Veranstaltung startete mit drei spannenden Kurzvorträgen über Fake News, | |
Trolle und Big Data sowie der anschließenden regen Diskussion – die auch | |
den gesamten Abend hätte füllen können. | |
Wer diese kleinen Tech-Talks von der [2][re:publica], [3][Ted] oder | |
beispielsweise den [4][Netzpolitischen Abenden] in der c-base kennt, fühlte | |
sich gleich zu Hause. Stets mit einer Brise Humor werden komplizierte | |
Themen leicht verdaulich und anschaulich dargestellt, sodass alle | |
verstehen, worum es geht. | |
Wir haben den Abend, der von der taz2-Redakteurin [5][Amna Franzke] | |
moderiert wurde, auch aufgezeichnet, [6][hier können die Vorträge und die | |
Diskussion] angehört werden. | |
## Die Gerüchteküche entlarven | |
Zunächst stellte [7][Karolin Schwarz] stellte ihr Projekt hoaxmap.org vor. | |
Das Portal sammelt Falschmeldungen deutschsprachiger Medien und stellt | |
diese auf einer Übersichtskarte dar. Einerseits seien Falschmeldungen | |
mindestens so alt wie der Journalismus selbst, so die Initiatorin, | |
andererseits sei das Jahr 2016 auch das Jahr der Falschmeldungen, | |
insbesondere über Geflüchtete kursierten auffallend viele Unwahrheiten. | |
Auf [8][hoaxmap.org] sind derzeit 476 (Stand 17.07.17) solcher | |
Falschmeldungen gesammelt und verschlagwortet. Schlagworte sind | |
beispielsweise Raub/Diebstahl, Geldleistung/Sachleistung, Körperverletzung | |
oder Sexualisierte Gewalt, aber auch religiöser Fanatismus oder gar | |
Wilderei – wohlgemerkt, es handelt sich stets um (mutmaßlich bewusste) | |
Falschmeldungen. | |
Hoaxmap führt auch den „Pro-Kopf-Gerücht“-Index, der das Verhältnis der | |
Gerüchte zu Einwohner*innen in der jeweiligen Region misst. Hier sind | |
Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt Spitzenreiter, vermutlich auch wegen | |
PEGIDA bzw. der lokalen Ableger. Die Karte speist sich durch ehrenamtliche | |
Arbeit aus der Online-Community. | |
## Trump dank Microtargeting? | |
[9][Ingo Dachwitz], Redakteur bei [10][netzpolitik.org], stellte im | |
Anschluss die Themen Big Data und Targeting vor. Seit den US-Wahlen und dem | |
Sieg Donald Trumps wird darüber öffentlich diskutiert. Auch wenn | |
gleichzeitig kaum jemand weiß, was es damit genau auf sich hat. Auslöser | |
für die aktuelle Debatte war mit Sicherheit der [11][Artikel „Ich habe nur | |
gezeigt, dass es die Bombe gibt”], der kurz gesagt nahelegt, dass Big Data | |
für den Wahlsieg Trumps verantwortlich ist. | |
Dabei ist Big Data zunächst erst einmal ein Analyse-Tool für große | |
Datensätze und wird beispielsweise auch für die Wettervorhersage verwendet. | |
In sozialen Netzwerken stellen nun auch Menschen ihre Daten ganz freiwillig | |
zur Verfügung – und das in immer größeren Mengen. Davon lassen sich dann | |
auch Prognosen ableiten und Rückschlüsse auf Menschen ziehen, auf deren | |
Bildungsstand, Religion, Hobbies oder etwa auch die sexuelle Orientierung. | |
Dies ist die Grundlage des Targetings, also gezielter Ansprache von | |
User*innen. Seit etwa 10 Jahren gibt es im Internet [12][personalisierte | |
Werbung], etwa bei Amazon, Ebay oder Google. Entsprechend unserer | |
Online-Vorlieben und Aktivitäten erhalten wir ganz gezielt darauf | |
abgestimmte Werbung oder personalisierte Nachrichten. Im US-Wahlkampf | |
wurden zum Beispiel gezielt „Dark Ads” geschaltet, die den politischen | |
Gegner der Adressaten diffamieren und für die eigene Seite werben sollten. | |
Entsprechend wertvoll sind diese Userdaten, in den USA hat sich dafür ein | |
großer Mark entwickelt. | |
Auch wenn in Deutschland mit Datensätzen aus sozialen Netzwerken nicht | |
gehandelt werden darf, auch hier werben Parteien Zielgruppen gerichtet, | |
indem sie auf den Datensatz von Facebook zurückgreifen. So fing | |
beispielsweise im Frühjahr die CSU an, online gezielt auf Russisch zu | |
werben, um Russland-Deutsche zu erreichen. Problematisch dabei ist die | |
mangelnde Transparenz und das damit einhergehende Missbrauchspotential. | |
Außerdem verhindert das Targeting den Diskurs mit dem politischen Gegner. | |
Wünschenswert, so Dachwitz, wäre deshalb eine Offenlegung der | |
Werbestrategien der einzelnen Parteien, wie es die Grünen zuletzt umgesetzt | |
haben. Hilfreich ist außerdem der Hashtag [13][#politikads], unter dem | |
User*innen Screenshots von eingespielten Anzeigen und den Erklärungen | |
veröffentlichen, warum sie diese Werbung angezeigt bekommen. | |
## Trolls mit Sachlichtkeit begegnen | |
Kommentare unter Beiträgen großer Medienhäuser bei Facebook haben in den | |
vergangenen Jahren einen schockierenden Wandel erfahren. Sprachliche | |
Tabubrüche, so [14][Hannes Ley] von [15][#ichbinhier], gehören schon längst | |
zum neuen „Internetton” dazu. Da er das nicht länger hinnehmen konnte und | |
wollte, gründete er eine geschlossene Facebook-Gruppe mit dem Titel | |
#ichbinhier. Dort werden Beiträge herausgesucht, die besonders von | |
Fremdenfeindlichkeit, Sexismus, Islamophobie, Medienbashing oder | |
Staatsfeindlichkeit geprägt sind. Diese Kommentare werden durch viele Likes | |
medial verstärkt und bekommen eine große Reichweite. | |
Die Gruppe versucht so den Spieß umzudrehen. Nachdem ein Beitrag | |
herausgesucht wurde, schreibt eine Person aus der Gruppe einen Beitrag mit | |
dem Hashtag „ichbinhier” und begegnet auf sachliche Weise dem | |
vorherrschenden Ton, entkräftet Argumente. Die übrigen User*innen aus der | |
Gruppe überhäufen den Kommentar mit Likes, sodass er in der Folge als | |
Top-Kommentar angezeigt wird. Das Konzept verschafft der Gruppe eine große | |
Reichweite, mittlerweile hat sie schon über 35.000 Mitglieder, die in 80% | |
der Fälle zwischen 25 und 54 Jahren alt sind. | |
Ziel der Gruppe ist keine Positionierung gegen oder für eine bestimmte | |
Partei, sondern eine sachliche und differenzierte Kommunikation, die nicht | |
auf Pöbeln, sondern auf Argumenten basiert. Kürzlich hat die Gruppe damit | |
den [16][Grimme Onlinde Award 2017] gewonnen. | |
## Paywall? Ohne uns! | |
[17][Verena Schneider], Ressortleiterin von taz.de, zog am Ende des Abends | |
ein positives Résumé und verdeutlichte noch einmal, warum die taz-Inhalte | |
online mit einer freiwilligen Bezahlschranke grundsätzlich kostenlos | |
angeboten werden. Vertrauen, Transparenz und der verantwortungsvolle Umgang | |
mit Inhalten der taz spieke eine wichtige Rolle bei der Motivation hinter | |
taz zahl ich. Mitte Juli wurde die [18][10.000 geknackt], das heißt 10.000 | |
Menschen unterstützen die taz im Netz. Darauf wurde am Ende des Abends | |
gebührend angestoßen. | |
HEYE JENSEN | |
18 Jul 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://blogs.taz.de/hausblog/2017/07/14/taz-neubau-richtfest-wo-presse-wirk… | |
[2] https://re-publica.com/en/archive/sessions | |
[3] https://www.ted.com/ | |
[4] https://digitalegesellschaft.de/portfolio-items/netzpolitischer-abend/ | |
[5] /!a34257/ | |
[6] https://www.mixcloud.com/taz_die_tageszeitung/reclaim-your-web-tazzahl-ich-… | |
[7] https://twitter.com/raeuberhose | |
[8] http://hoaxmap.org/ | |
[9] https://twitter.com/roofjoke | |
[10] https://netzpolitik.org/ | |
[11] https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bomb… | |
[12] /!5166405/ | |
[13] https://twitter.com/search?q=%23politikads&src=typd | |
[14] https://twitter.com/createstrategy | |
[15] https://de.wikipedia.org/wiki/Ichbinhier | |
[16] http://www.grimme-online-award.de/2017/preistraeger/ | |
[17] /!a98/ | |
[18] /tazzahl-ich-waechst-weiter/!164648/ | |
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