# taz.de -- taz.lab 2017 – Die drei Fragen (VII): Fremdsein im eigenen Land? | |
> Amna Franzke und Samba Gueye wollen am taz.lab am 29. April über | |
> Rassismus sprechen. Wir stellen die taz-Redakteure im Interview vor. | |
taz: Können nur Menschen, die von Rassismus betroffen sind, darüber | |
sprechen? | |
[1][Amna Franzke]: Nein, das wollen sie auch nicht immer. Aber in der | |
Debatte fehlt es an Sensibilität. Deswegen ist es wichtig, die betroffenen | |
Menschen zum Sprechen zu bringen und ihnen zuzuhören. Diese Stimmen müssen | |
gestärkt werden. | |
[2][Samba Gueye]: Ich will mich nicht als reines Opfer sehen, aber ich habe | |
mehr rassistische Erfahrungen gemacht als viele andere. Das zwingt mich zu | |
reflektieren. | |
## Was verstehen jene nicht, die nicht von Rassismus betroffen sind? | |
Gueye: Dieses Fremdsein im eigenen Land, das ist schwer nachzuvollziehen, | |
wenn man das nicht erlebt hat. Menschen, die hier aufgewachsen sind und | |
optisch nicht aus dem Muster fallen, bekommen von außen die Bestätigung: | |
„Du bist Deutscher.“ Diese Bestätigung bekommen Menschen, denen man den | |
Migrationshintergrund ansieht, nicht. Man wird fremd gemacht. Wenn man mit | |
einem POC spricht und sie spricht gutes Deutsch, dann wird das als | |
selbstverständlich angenommen. Sieht man diese Person im Zug, dann ist sie | |
fremd. Das tut weh und prägt sich ein. | |
Franzke: Das sind oft auch nur so kleine Situationen. Wie oft bin ich schon | |
auf einer Party hier in Berlin auf Englisch angesprochen worden, von | |
Leuten, die mit allen in der Küche Deutsch sprechen. Es kommt auf meine | |
Tagesform an, wie ich dann reagiere: Manchmal ignoriere ich das, manchmal | |
gebe ich mir einen Ruck und sag was dazu. Man muss sich dann immer darauf | |
gefasst machen, dass die Leute das nicht verstehen und sich empören, dass | |
ich das thematisiere, nach dem Motto: „Wie kannst du so etwas sagen? Ich | |
bin doch kein Rassist“. | |
## Was ist für euch eine offene Gesellschaft? | |
Franzke: Eine offene Gesellschaft ist nicht eine ohne Rassismus, aber eine, | |
in der kompetent über Rassismus geredet werden kann. In der vermittelt | |
wird: „Du bist hier richtig.“ Und in der es eine Kultur gibt, die auch | |
Selbstkritik und Selbstreflexion fördert und die Menschen ermutigt, sich | |
auch zu entschuldigen. | |
Gueye: Meiner Meinung nach, ist das eine Gesellschaft, die akzeptiert, dass | |
es keine stagnierenden Kulturen, sondern immer Entwicklungen gibt. Dass das | |
als normal angesehen wird und man sich nicht ständig auf veraltete | |
Traditionen zurückbesinnt und damit den Weg zum Neuen versperrt. | |
Das Interview führte [3][LAILA OUDRAY], Reporterin von taz.meinland. | |
6 Apr 2017 | |
## LINKS | |
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[2] /Samba-Gueye/!a38133/ | |
[3] http://https://www.taz.de/Laila-Oudray/!a16257/ | |
## AUTOREN | |
Laila Oudray | |
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