# taz.de -- ■ Ökomobil: Abgasfrei und biologisch abbaubar: Schlägt der �… | |
Suhl (dpa) – Die deutsche Automobilindustrie blickt voll Sorgen auf die | |
nächsten Monate. Aber trotz der Flaute in der Branche erhofft sich das | |
umweltfreundliche Elektroauto „Hotzenblitz“ kräftigen Rückenwind. Erdacht | |
in der Stille des Schwarzwaldes soll noch in diesem Jahr in den Tiefen des | |
Thüringer Waldes der Winzling für den abgasfreien Stadtverkehr an den Start | |
gehen. Bundesweites Kaufinteresse dank wachsenden Umweltbewußtseins sieht | |
man im thüringischen Suhl, wo sechs ehemalige Angestellte vor einem Jahr | |
durch Firmenausgründung den Fortbestand des traditionsreichen | |
Simson-Fahrzeugbaus in schwierigen Zeiten sicherten. | |
Wie die Zwickauer Autobauer beim Plastikbomber „Trabant“ so setzen die | |
Hersteller des „Hotzenblitz“ auf eine Kunststoff-Karosserie – aus | |
Gewichtsgründen. Doch im Gegensatz zur Trabi-Rennpappe, deren Entsorgung | |
trotz Bakterienhilfe und Granulierung immer noch problematisch ist, soll | |
die neue Außenhaut aus biologisch abbaubaren Stoffen gefertigt sein, | |
verspricht „Hotzenblitz“-Erfinder Thomas Albiez. Sein Ziel ist ein bis zum | |
letzten Bestandteil recycelfähiges Fahrzeug. Die gesamte Innenverkleidung | |
zunächst – und warum in einer nächsten Stufe nicht auch Teile der | |
Außenhaut? – wird aus fermentierten Faserstoffen gepreßt. Der | |
papierähnliche Stoff soll später als Viehfutter oder Dünger verwendbar | |
sein. Spinnerei? „Warum? Doch nur eine Frage der Wissenschaft“, hält Albiez | |
dagegen und verweist auf erste Erfahrungen mit dem biologischen | |
Verbundstoff, der erstaunlich vielseitig sei. | |
Auch Bundesumweltminister Klaus Töpfer findet den Gedanken interessant. | |
„Ich habe zum ersten Male gehört, daß für die Innenverkleidung von Autos | |
biologisch abbaubare Stoffe eingesetzt werden sollen: Weizenkleie, | |
Hülsenfrüchte, Kartoffelstärke. Da sehe ich Fördermöglichkeiten“, sagte … | |
bei seiner ersten Bekanntschaft mit den Suhler Autobauern. | |
Der Hotzenblitz wurde ganz auf Elektroantrieb ausgerichtet. „Anders als bei | |
den Autokonzernen, die ihre aktuellen Modelle zumeist nur mit | |
Elektromotoren ausrüsten und festellen: Nicht ökonomisch“, meint Albiez. Er | |
weiß auch, warum: „Weil sie zu schwer sind. Je leichter das Auto, desto | |
geringer der Energiebedarf.“ Mehr als 1.000 Kilogramm wiegt heute ein | |
benzingetriebenes Auto. 650 Kilo bringt der Hotzenblitz auf die Waage. Und | |
Albiez denkt, mit den neuen Materialien das Gewicht noch weiter drücken zu | |
können, ohne daß die Sicherheit darunter leidet. Die Berechnungen dazu | |
laufen und gemeinsam mit der Technischen Universität Ilmenau werden im | |
Frühjahr Crash-Tests gefahren. Albiez ist sicher, eine zukunftsträchtige | |
Alternative für kurze Strecken in den abgasgeschwängerten Innenstädten | |
gefunden zu haben. 200 Kilometer reicht der Energievorrat des nur 2,70 | |
Meter langen Flitzers, der vier Personen Platz bietet. Eine | |
Hochleistungsbatterie österreichischer Bauart ermöglicht dem Elektroauto | |
mit Zwölf-Kilowatt-Motor Tempo 120. „Aber die braucht man ja in der Stadt | |
ohnehin nicht“, meint Albiez und favorisiert eine Variante mit halber | |
Leistung, die immerhin noch 70 Sachen zuläßt. Die Unterhaltskosten liegen | |
nach Angaben des Erfinders bei einem Viertel vergleichbarer Autos mit | |
Benzinmotor. Der Preis von derzeit 60.000 Mark ist auch Albiez zu hoch. Auf | |
weniger als die Hälfte soll er gedrückt werden. Albiez setzt auf Förderung | |
des Kaufs von Elektrofahrzeugen durch die Bundesländer und auf Töpfers | |
Erklärung: „Wer ein Auto fährt, das keine Schadstoffe ausstößt, soll das | |
auch in seinem Portemonnaie spüren. Eine Verordnung dazu ist bereits in | |
Arbeit.“ Frank Pfaff | |
9 Jan 1993 | |
## AUTOREN | |
frank pfaff | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |