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# taz.de -- Lebensschützer, AfD und Abtreibung: Sorge um den Backlash
> Wie umgehen mit Radikalen, die das Recht sexueller Selbstbestimmung
> bekämpfen? Die taz diskutierte.
Bild: Drei der vier DiskutantInnen – Anja Kofbinger, Stefan Nachtwey, Katrin …
BERLIN taz | Welche Verbindung gibt es zwischen AfD und fundamentalen
Abtreibungsgegner_innen? Und: Wie kann eine feministische Haltung zur
Pränataldiagnostik aussehen? Diese beiden Fragen sorgten am ohnehin schon
aufgeheizten Spätsommerabend im taz Café für Reibung auf dem Podium.
Die taz hatte im Rahmen der Veranstaltungsreihe „[1][taz.meinland – taz on
Tour für eine offene Gesellschaft]“ eingeladen. Durch den Mittwochabend
moderierte die stellvertretende taz-Chefredakteurin Katrin Gottschalk.
Anlassgebend: der „Marsch für das Leben“ am kommenden Samstag. Die
fundamentalen „Lebensschützer_innen“, wie sie sich nennen, werden durch
Berlin laufen und ein Verbot für Abtreibung fordern.
## AfD wird keinen Einfluss haben
Im vergangenen Jahr führte die AfD-Politikerin Beatrix von Storch den
Protestlauf der rund 5000 Abtreibungsgegner_innen an. Die AfD wird mit
hoher Wahrscheinlichkeit in das Berliner Abgeordnetenhaus ziehen. Wird sie
die Arbeit der Frauen- und Gleichstellungspolitik erschweren?
„Nein“, beruhigte die Grünenpolitikerin [2][Anja Kofbinger] auf dem Podium
und lehnte sich zurück. „Ich erwarte gar nichts von der AfD, was das
angeht“. Nichts von deren antifeministischen Forderungen lasse sich in
konkrete Antragsarbeit der Opposition übertragen. Auch an den Finanzen für
den Bereich könne die AfD ohne Regierungsbeteiligung nichts ändern, ist
sich die stellvertretende Fraktionsvorsitzende sicher. Die Gäste nicken.
Anders sahen das Stefan Nachtwey, Leiter des [3][Familienplanungszentrums
FPZ-BALANCE], und die Autorin [4][Kirsten Achtelik]. Nachtwey warnt davor,
die AfD könne auch in der Opposition Steine in den Weg legen.
Einrichtungen wie das Familienplanungszentrum seien abhängig von
Fördergeldern, über die auch die Opposition mitbestimmen könne. Achtelik
spricht von einem grundsätzlichen Umkippen der gesellschaftlichen Stimmung,
welches vom Erfolg der AfD befördert wird: „Verharmlosen sollte man sie auf
keinen Fall.“
Größere Kontroversen gab es bei der Frage, ob sich Feministinnen zu
Präimplantations- (PID) und Pränataldiagnostik (PND) positionieren sollen.
Achtelik hat ein Buch mit dem Titel „Selbstbestimmte Norm“ geschrieben,
warnt vor Selektion und stellt in Frage, ob Feministinnen tatsächlich jede
Abtreibung verteidigen sollten.
Etwa die eines behinderten Kindes. Im Publikum provozierte sie
Kopfschütteln mit ihren Aussagen. „Bald müssen sich Frauen mit behinderten
Kindern verteidigen: Warum hast du nicht abgetrieben?“, sagt Achtelik.
Zu Gegenprotesten am Samstag rufen das [5][Bündnis für sexuelle
Selbstbestimmung] und das [6][„What the fuck“-Bündnis] auf. Während
Achtelik das „What the fuck“-Bündnis dafür lobt, dass es sich im Internet
klar dazu äußert, wünscht sie sich vom Bündnis für sexuelle
Selbstbestimmung eine Positionierung: „Es muss mehr Reflexion stattfinden.“
## Warnung vor Spaltung
Die hingegen verteidigten sich. „Wir bestehen aus rund 40 Organisationen.
Darunter Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände“, erklärt Nachtwey. Eine
Einigung bei dieser schwierigen Frage sei unrealistisch. Zudem könne man
technischen Fortschritt nicht aufhalten.
Besonders widersinnig empfindet Nachtwey, dass die AfD sich einerseits als
lebensbejahend dem behinderten Kind gegenüber gibt, auf der anderen Seite
aber Gelder für Inklusion und sozialer Absicherung streichen will.
Kofbinger warnt vor einer Spaltung bei den Befürwortern der sexuellen
Selbstbestimmung. Der gemeinsame Gegner sei die AfD und der rechte Flügel
der CDU/CSU. Im Vordergrund stehe die Selbstbestimmung der Frau über ihren
Körper und damit die endgültige Abschaffung des §218.
Anschließend hatten die Gäste die Möglichkeit, sich an der Diskussion zu
beteiligen. Für Erstaunen sorgte die PND-Kritikerin und Traumatherapeutin
Marita Klippel-Heidekrüger: „Ich oute mich mal.“
Ihre These aus beruflicher Erfahrung: PND sorge dafür, dass die Bindung
zwischen Mutter und Kind im Mutterleib erst verzögert starte. Erst nachdem
die Mutter wisse, alle Tests seien in Ordnung, könne sie eine Bindung zum
Kind im Bauch aufbauen. Persönlichkeitsstörungen und Probleme der eigenen
Körperwahrnehmung seien die Folge.
Bei den Gästen kam die Veranstaltung gut an. Silke Stöckle, ebenfalls
Mitglied des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung, sieht trotz
Kontroverse genug Einigkeit, um den Fundamentalisten_innen am Samstag
entgegentreten zu können.
[7][TIMO LEHMANN], Mitarbeiter der taz
15 Sep 2016
## LINKS
[1] /!p5029/
[2] http://www.facebook.com/anjakofbinger
[3] http://www.fpz-berlin.de/
[4] http://www.facebook.com/kirsten.achtelik
[5] http://www.sexuelle-selbstbestimmung.de/4683/aktionstag-2016/
[6] http://https://whatthefuck.noblogs.org/aufruf2016/
[7] /!s=&Autor=timo+lehmann/
## AUTOREN
Timo Lehmann
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