# taz.de -- Kampf um Anerkennung: Toleranz im Restpatriarchat | |
> Während Tunesiens alte Eliten auf ihre Chance lauern, kämpfen dort | |
> Minderheiten jenseits geltender Normen islamischer Gesellschaften um | |
> Anerkennung. | |
Bild: So bunt wie hier in Indien könnte es auch bald in Tunesien aussehen. | |
Differenz als Zeichen der Lebendigkeit – darum geht es beim diesjährigen | |
taz.lab. Nirgendwo ist Lebendigkeit mehr gefährdet als in | |
fundamentalistischen Regimen. Zum Beispiel Tunesien: Es hat seinen Diktator | |
davon gejagt und sich in einem zähen Prozess auf einen demokratische Weg | |
begeben. Eine neue Verfassung, eine neue, demokratisch gewählte Regierung. | |
Doch die alten Kräfte lauern. Nicht nur die sich weiter bereichernden | |
patriarchalen Eliten, sondern verstärkt konservative Islamisten, die immer | |
wieder Tradition mit fundamentalistischem Islamverständnis gleichsetzen. | |
Homosexualität ist für sie eine Perversion, auch wenn Tunesien, genau wie | |
das Nachbarland Marokko schon seit Jahrzehnten einen lebendigen, wenn auch | |
klandestinen Schwulentourismus hat. | |
## Die Mauer der Angst | |
Lesben und Schwule sind in den Maghrebstaaten, Algerien, Marokko, aber auch | |
Tunesien von Verfolgung bedroht. Für sie sind ihre Länder alles andere als | |
sichere Herkunftsstaaten. In Tunesien hat sich nun eine Gruppe für die | |
Rechte von Homosexuellen zusammengeschlossen. | |
„Wir müssen die Mauer der Angst überwinden. Wir haben uns versammelt und | |
die Gründung eines Vereins beschlossen. Unser Logo repräsentiert zwei | |
Sufi-Männer und verweist auch auf den muslimischen Hintergrund. Wir leben | |
in einer Gesellschaft, in der die meisten Menschen Muslime sind und wir | |
respektieren das“, sagt Ahmed Ben Amor. | |
Er ist Vorsitzender der tunesischen Lesben-Schwulen-Organisation | |
„[1][Shams]“. Der Organisation werden immer wieder neue formale Hürden | |
aufgebaut. Aber sie ist wegweisend in den Maghrebstaaten. Experten sehen | |
die Entwicklung in Tunesien gerade vor dem Hintergrund der schwierigen | |
Bedingungen in dieser Region positiv. Es wurden große Freiheiten erreicht. | |
Doch durch den Kampf gegen den Terrorismus und die damit verbundene sehr | |
hohe Gewichtung von Stabilität wird zu wenig auf negative Tendenzen | |
geachtet: So agiert in Tunesien der alte, nicht reformierte | |
Sicherheitssektor zunehmend wieder mit Repression, Folter und willkürlichen | |
Übergriffen. Autoritäre Reflexe der politischen Elite nehmen zu. | |
Wie geht es weiter in Tunesien? Darüber diskutieren wir beim taz.lab mit | |
Ahmed Ben Amor aus Tunis und Elisabeth Botsch, Maghrebexpertin der Stiftung | |
Wissenschaft und Politik. | |
[2][EDITH KRESTA], Redakteurin der taz | |
9 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://shams-tunisie.com/ | |
[2] /Edith-Kresta/!a213/ | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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