| # taz.de -- Charakterschwäche unter Palmen | |
| > ■ Hawaii Five-0, die mit zwölf Jahren Laufzeit langlebigste | |
| > US-Krimiserie, ab heute auf Pro 7 | |
| 1967 stand es im amerikanischen Fernsehen schlecht um die Cop-Serien. Sie | |
| waren out, und selbst der hartgesottenste Redneck sah lieber „Auf der | |
| Flucht“ oder Geheimagentenserien. Das bereitete dem Autor-Produzenten | |
| Leonard Freeman (1921–1974) schlaflose Nächte, und so war er drei Jahre | |
| lang damit beschäftigt, von Studio zu Studio zu rennen, um sein Konzept | |
| einer neuen Bullen-Serie loszuwerden: der ultimative Kampf zwischen Gut und | |
| Böse am schönsten Ort der USA, ohne melodramatische Elemente, ohne | |
| kumpelhaftes Getue, sondern mit einem Erzengel, der die Gesetze mit der | |
| Wucht eines Religionsstifters durchsetzt. | |
| Schließlich gab ihm CBS 800.000 Dollar für einen Pilot- Film. Freeman holte | |
| sich den New Yorker Schauspieler Jack Lord für die Hauptrolle, und ab | |
| ging's nach Hawaii, um die langlebigste Krimiserie des US-Fernsehens zu | |
| starten: Hawaii Five-0 lief zwölf Jahre lang und brachte es auf 284 Folgen. | |
| Der Freizeitmaler Lord, dessen Bilder in den ständigen Sammlungen des | |
| Museum of Modern Arts und im British Museum verstauben, wurde in den | |
| Staaten mit Hilfe der Serie zu einer Institution. Er genoß seinen Einfluß | |
| und übernahm nach dem Tod von Freeman die Kontrolle und trieb zahlreiche | |
| Produzenten in den Wahnsinn. Als seinem Kollegen Zulu von der US- | |
| Küstenwache eine Ehrenmedaille verliehen werden sollte, verbot der | |
| eifersüchtige Star die Annahme. Zulu stieg daraufhin aus der Serie aus. | |
| Im Mittelpunkt steht mal wieder ein fiktives Sonderkommando; diesmal direkt | |
| dem Gouverneur von Hawaii unterstellt. Chef ist der humorlose Steve | |
| McGarrett (Lord), der kein Privatleben kennt und nur dafür lebt, seine | |
| Inseln von Kriminellen zu säubern. Er dürfte überhaupt einer der | |
| fanatischsten Bullen in der Geschichte der Cop- Serien sein. | |
| McGarretts Assistent ist natürlich ebenfalls Weißer (James McArthur). Um | |
| den hierarchischen Realitäten des fünfzigsten Bundesstaats der USA zu | |
| genügen, dürfen ein Hawaiianer (Zulu) und ein chinesischer Emigrant (Kam | |
| Fong) für sie die Laufarbeit übernehmen. | |
| ## Es gibt kein Bier auf Hawaii... | |
| Die Charakterisierung der Hauptpersonen als Technokraten der Gerechtigkeit | |
| ermöglichte die volle Konzentration auf den exotischen Handlungsort und die | |
| übelsten Verbrechen. Während auf dem Festland Rassenkonflikte, Korruption | |
| und Jugendrevolte tobten, schienen auf Hawaii – dank McGarrett und seinen | |
| tapferen Jungs – paradiesische Zustände zu herrschen. Hier konnte man noch | |
| mal die alte 50er-Ideologie aufwärmen, nach der das Verbrechen keine | |
| sozialen oder politischen Ursachen hat, sondern aus individueller | |
| Charakterschwäche erwächst. Im Gegenzug scheint das von McGarrett | |
| repräsentierte Gesetz weniger auf positivistischen Normen zu beruhen als | |
| vielmehr auf der moralischen Autorität seiner Vertreter. | |
| Die Titelmusik von Morton Stevens schaffte es sogar in die Hitparaden und | |
| avancierte zum Klassiker. Die Logistik für die Serie war in den ersten | |
| Jahren ein Alptraum. Auf Hawaii existierte keine filmtechnische | |
| Infrastruktur, und die Produktion mußte alles aus Los Angeles | |
| herbeischaffen. Als Studio diente ein altes Navy-Lager auf Pearl Harbour, | |
| und von dem wöchentlichen Budget von 300.000 Dollar gingen zehn Prozent für | |
| Transportkosten drauf. Bis Ende der siebziger Jahre hatte die Serie auf den | |
| Inseln ein komplettes Produktionssystem aus dem Boden gestampft und ein | |
| Wochenbudget von einer halben Million Dollar, an dem 150 Arbeitsplätze | |
| hingen. Als die Dreharbeiten 1979 eingestellt wurden, mußte schnellstens | |
| Ersatz her, wollte man die kostbaren Investitionen nicht in den Wind | |
| schreiben. | |
| Und der Ersatz für „Hawaii Five-0“ schrieb ebenfalls Seriengeschichte: | |
| „Magnum PI“ sicherte bis 1988 die Arbeitspätze, und anschließend verlegte | |
| man die Serie „Jake and the Fatman“ von Kalifornien nach Hawaii und ließ | |
| William Conrad trotz schlechter Ratings durchs „Paradies“ watscheln. Martin | |
| Compart | |
| Heute, 23 Uhr, morgen und Do., 23.15 Uhr, Wdh. am jeweils folgenden Morgen, | |
| 4.25 Uhr. | |
| 6 Jul 1993 | |
| ## AUTOREN | |
| martin compart | |
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