# taz.de -- ■ Das Portrait: Johann Kresnik | |
Seine Siebensachen hat er bereits gepackt. Der Bremer Choreograph Johann | |
Kresnik will nämlich umziehen. Nach Berlin. In die Hauptstadt. Wenigstens | |
er. | |
Aber wie Kohl gibt's auch Kresnik nicht umsonst. Fünf Millionen muß der | |
Berliner Kultursenator hinlegen, um den gelernten Feinmechaniker, der sich | |
zunächst als Tänzer und ab 1967 als Choreograph um die Erneuerung des | |
deutschen Tanzes verdient gemacht hat, vertraglich zu binden. Das Geld | |
wurde vor allem durch die Schließung der Staatlichen Bühnen Berlin | |
aufgebracht. | |
Dann aber vermasselte Kresnik, der nicht nur für sein politisches | |
Tanztheater, sondern auch für sein linkspolitisches Engagement bekannt ist, | |
seinen Umzug höchstselbst: In einem Interview mit der Boulevard-Gazette | |
B.Z. zeigte er angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen | |
Mißverhältnisse Verständnis für die Häuseranzünder und wurde prompt von d… | |
Berliner CDU-Abgeordneten, die mit Kresniks Theater sowieso nichts anfangen | |
können, mutwillig mißverstanden. Der Innensenator, der offenbar weder | |
Kresniks „Wendewut“ noch „Ulrike Meinhof“ kennt, will nun für einen mit | |
„rechtsradikalen Tendenzen“ seine Unterschrift nicht hergeben. Kresnik | |
solle bleiben, wo er bisher noch ist: in Bremen. | |
Der Daueruntermieter Foto: David Baltzer/Sequenz | |
Einen festen Vertrag wird Johann Kresnik also in Berlin nicht mehr bekommen | |
können, was ihm jetzt die Kulturverwaltung anbietet, ist auf dem Berliner | |
Wohnungsmarkt schon lange gängige Praxis: eine Art Untermietverhältnis. | |
Denn der Kultursenator braucht die Bremer Company um jeden Preis, sonst | |
wäre das Schiller Theater am Ende doch umsonst geschlossen worden. Und so | |
möchte er nun Kresniks Truppe als Dauergastspiel aus seinem Honorartopf | |
finanzieren. Für solche Verträge muß weder Innensenator noch | |
Abgeordnetenhaus befragt werden. | |
Aber weil der Kultursenator kein Geld in seinem Honoraretat hat, wird nun | |
morgen das Berliner Parlament über eine Etataufstockung von fünf Millionen | |
befinden müssen. Geld für Kresniks Umzug, das sich die CDU eben gerne | |
sparen würde. | |
Und auch Kresnik weiß nun nicht mehr, ob er wirklich umziehen will. Wer | |
kündigt auch schon einen sicheren Hauptmietvertrag, um dann als ungeliebter | |
Untermieter Theater zu machen? Klaudia Brunst | |
25 Oct 1993 | |
## AUTOREN | |
klaudia brunst | |
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