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# taz.de -- Jenseits der Macht
> ■ Helmut Gollwitzer, der widerständige Theologe, wurde gestern in Berlin
> beigesetzt
Berlin (taz) – Gestern wurde Helmut Gollwitzer auf dem Annen-Friedhof in
Berlin-Dahlem beerdigt. Sein Grab liegt nur weniger Meter von dem Rudi
Dutschkes entfernt.
Die Trauerfeier für den Ahnvater der bundesdeutschen Protestbewegung hatte
in der Kirche in Berlin-Dahlem eine Gemeinde zusammengeführt, wie sie im
Rahmen der FU kaum noch zusammenkommt. Da trafen sich Gefährten aus den
bewegten sechziger und siebziger Jahren der Universität, Politprominenz,
aber vor allem auch junge Leute. Für sie war Gollwitzer weniger der
Theologe, der Professor oder der linke Christ – für sie war er vor allem
eins: Vorbild. Eines der raren Vorbilder, die diese Gesellschaft noch
anzubieten hatte.
In seiner Abschiedsrede erinnerte Friedrich-Wilhelm Marquardt, ein Freund
des Verstorbenen, an den Menschen Gollwitzer – und machte gleichzeitig
klar, was die Faszination dieses Mannes weit über seinen Familien- und
Freundeskreis hinaus ausmachte: seine Aufrichtigkeit. Gollwitzer gehörte zu
den wenigen Pfarrern, die es wagten, 1938 nach der sogenannten
„Kristallnacht“ in eben der Kirche, neben der er nun begraben liegt, gegen
die Pogrome Stellung zu nehmen.
Gollwitzer wurde in der Bekennenden Kirche geprägt, und aus dieser
Erfahrung heraus stellte er sich – wieder in Dahlem, diesmal am Pult der
Universität – erneut gegen das politische Establishment. Gollwitzer war
kein 68er, aber er war, zumindest in Berlin, einer ihrer kompetentesten
Gesprächspartner. Obwohl er nie ein hohes politisches Amt hatte, wie sein
Freund Heinrich Albertz, und nie ein hohes kirchliches Amt bekleidete, wie
sein Freund Bischof Kurt Scharf, war er einer der wichtigsten politischen
Figuren Berlins – gerade jenseits der Macht. Jürgen Gottschlich
30 Oct 1993
## AUTOREN
jürgen gottschlich
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