# taz.de -- Homo-Community in Deutschland: Verzofft statt kämpferisch | |
> Während Deutschlands Homo-Bewegung mit sich selbst beschäftigt ist, | |
> geraten nicht-heterosexuelle Menschenrechte weltweit unter Druck. | |
Bild: Ob barfuß oder in Highheels - auf dem Boden der Realität steht die Homo… | |
Der 17. Juli 2010 war eigentlich ein gewöhnlicher Sommertag in der | |
polnischen Hauptstadt Warschau. Wäre da nicht der „Europride” gewesen, eine | |
gesamteuropäische CSD-Parade die – erstmals in Osteuropa – an diesem Tag | |
durch das Stadtzentrum ziehen wollte und schon in den Wochen zuvor die | |
Gemüter erregte. | |
Warschau war für nicht-heterosexuelle AktivistInnen in den frühen 2000er | |
Jahren ein schwieriges Pflaster. Der erzkonservative Politiker Lech | |
Kaczynski, damaliger Bürgermeister der Stadt, später polnischer Präsident, | |
versuchte mit verwaltungstechnischen Tricks, CSD-Paraden in Warschau zu | |
verhindern. | |
Erst der Europäische Gerichtshof verdeutlichte Kaczynski, wie auch dem noch | |
jungen EU-Mitglied Polen, dass CSD-Paraden selbstverständlich vom | |
Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt sind. Dies hielt Neonazis, | |
Nationalkonservative und kirchlich-orthodoxe Gruppierungen freilich nicht | |
davon ab, gegen nicht-heterosexuelle Menschen anzugehen. | |
Berlin, eine zerstrittene Homo-Metropole | |
Auch die „Europride”-Demonstration konnte nur unter Polizeischutz durch | |
Warschau ziehen. 2015 wird diese Parade in Lettlands Hauptstadt Riga | |
stattfinden. Zwar outete sich der lettische Außenminister Edgars Rinkevics | |
im November 2014 als schwul. | |
Doch ließ sich der lettische Präsident Andris Berzins zugleich in einer | |
Zeitung mit den Worten zitieren, dass Homosexualität bitte nicht beworben | |
und aufgedrängt werden sollte, angelehnt an jene Denkmuster, die in | |
Russland zum berüchtigten Gesetz gegen sogenannte „Homo-Propaganda” | |
führten. | |
In Berlin, Europas großer Homo-Metropole und Fluchtpunkt für viele Menschen | |
aus Russland und Osteuropa, zofften sich 2014 zahllose AktivistInnen der | |
Community um, ja um was eigentlich? | |
Oberflächlich ging es um die Konzeption und Umbenennung einer CSD-Parade; | |
„Stonewall Parade”. Doch neben persönlichen Animositäten, ging es | |
zuallerest um Deutungshoheiten: Wer darf wie und mit welchen Slogans die | |
Berliner Homo-Gemeinde auf der Straße vertreten? | |
Ein alter Streit: Die einen, der bürgerlichen Mitte Zugeneigten, setzten | |
auf Party und massenkompatibles Demospektakel. Die anderen, gefühlt eine | |
Art Pegida auf queer im links-alternativen Spektrum, fochten Grabenkämpfe | |
um die reine Lehre aus. Zum Glück ist Berlin hier ein Sonderfall, | |
allerdings mit tragischer Reichweite. | |
Schließlich ist die Stadt Regierungssitz einer Großen Koalition, die seit | |
Jahren Stillstand verwaltet, wenn es um die Gleichwertigkeit der Rechte von | |
Homos gegenüber Heteros geht. | |
Die Bundesregierung – ein Totalausfall in Homo-Dingen | |
Deutschland, ein Exportweltmeister in Wirtschaftsdingen, schafft es nicht, | |
die grundlegende Wertvorstellung, dass Homo-Rechte eine | |
Selbstverständlichkeit sind, weltweit zu vermitteln. | |
Warum kümmern sich unsere Homo-Gemeinden um Stürme im Wasserglas, statt die | |
Bundesregierung in ihrer innen- wie außenpolitische Tatenlosigkeit zu | |
stellen? | |
[1][Darüber diskutieren wir] mit dem Ressortleiter LGBT von Human Rights | |
Watch, Boris Dittrich, dem innenpolitische Sprecher der Grünen | |
Bundestagsfraktion, Volker Beck. | |
Mit dem Berliner Landesvorsitzende der Linkspartei und Mitbegründer der | |
Initiative Sexuelle Vielfalt, Klaus Lederer und der Geschäftsführerin der | |
LAG Lesben in Nordrhein-Westfalen, Gabriele Bischoff. | |
Sowie dem Bundesvorstand des LSVD, Tobias Zimmermann und dem Mitbegründer | |
des Projekts „ENOUGH IS ENOUGH“, Alfonso Pantisano als Anwalt des | |
Publikums. taz-Redakteur Martin Reichert moderiert die Veranstaltung. | |
[2][MANUEL SCHUBERT ] | |
30 Mar 2015 | |
## LINKS | |
[1] /programm/2015/Gedoens/de/events/209.html | |
[2] /programm/2015/Gedoens/de/speakers/21.html | |
## AUTOREN | |
Manuel Schubert | |
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