# taz.de -- Zicken, Tunten und Vaterschaft | |
> ■ Aus Comic wurde Realfilm: „Der bewegte Mann“ von Sönke Wortmann ab | |
> heute im Kino | |
Seltsame Knollennasenmänner begannen eines schönen Tages im Jahr 1987 über | |
die Ladentheken seriöser Buchhandlungen zu wandern. Und wenngleich die | |
meisten dieser schwarzweiß-gezeichneten Wesen auch noch schwul waren, ja | |
sogar richtig zickige Tunten waren dabei, rissen sich Männer und noch mehr | |
Frauen ungeachtet ihrer sexuellen Ausrichtungen um Ralf Königs Comic Der | |
bewegte Mann. Der heißt Axel Feldheim und ist nicht nur das Objekt der | |
Begierde dieser libertinen Knollennasen, sondern auch der (Ex-) Freund der | |
ziemlich hysterischen Doro. Die will von ihrem promiskuitiven Axel – „dumm | |
fickt gut“ – nichts mehr wissen, setzt ihn auf die Straße, und Axels | |
Ausflug in den Schwulenalltag beginnt. Im Fortsetzungsband Pretty Baby | |
erlebt Axel nach allerlei hinreißenden Katastrophen schließlich sogar | |
Vaterfreuden, die natürlich nicht ganz ungetrübt sind. | |
Ab heute kommt Axel ins Kino: Ohne phallisch-verwuselte Nase, dafür in | |
Gestalt von Til Schweiger, dem neuen Beau im jungen deutschen Filmgeschäft. | |
Regisseur Sönke Wortmann (Kleine Haie) hatte sich schon vor fünf Jahren die | |
Filmrechte gesichert, fand aber keinen Produzenten, der die Verfilmung der | |
einfachen, lebensnahen Geschichte voller höchst lustiger Dialoge bezahlen | |
mochte. Nun hat sich Wortmann mit Deutschlands Vorzeige-Produzent Bernd | |
Eichinger zusammengetan, der sich – denn was soll bei einer so beliebten | |
Vorlage schon schief gehen? – alsgleich für diese Literaturverfilmung | |
gewinnen ließ. Dagegen, daß seine Figuren nun in den Händen von Heteros das | |
Laufen lernten, hat auch Schwul-Comic-Künstler König nichts einzuwenden: | |
„Das ist kein Comic und kein Ralf-König-Film, das ist ein | |
Sönke-Wortmann-Film.“ Hervorragend besetzt findet er außerdem Axels | |
fürsorglichen Freund, Norbert Brommer, mit Joachim Król (Wir können auch | |
anders) und Waltraud/Walter mit Rufus Beck, der Axel in einer | |
heterosexuellen Männergruppe aufgabelt, die übrigens auch bei Wortmann eine | |
volle Breitseite Lächerlichkeit abkriegt. Axel, in Ralf Königs Comic | |
durchaus hin- und hergerissen ist zwischen Norberts Avancen und Doros | |
Begehrlichkeiten, mutiert bei Wortmann zum überzeugten Hetero. „Damit der | |
Bruch der Welten besser funktioniert, komischer wird“, begründet der | |
Regisseur die Wandlung. Auch das Thema Aids kommt nicht vor, was in einem | |
Film mit lauter Homosexuellen verwundert, aber auch vermeidet, Schwule | |
stets mit der Krankheit in Verbindung zu bringen. Schließlich ist aus dem | |
bewegten Mann eine nette kleine Komödie geworden, die glatt wirkt, aber | |
nicht zu glatt, und die immer noch schrill genug ist, um mal wieder | |
herzlich im Kino zu lachen. jkn | |
Abaton; Hansa-Filmstudio, Bergedorf | |
6 Oct 1994 | |
## AUTOREN | |
jkn | |
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